Reisebericht als PDF
Ein Zebra in Zambia (Teil 8)
Heute ging es weiter in den Norden zum Mita-See, ein Stausee in der Nähe von Kabwe, dem wir einen Besuch abstatten wollten. Wir fuhren beinahe ohne Fleisch und Kraftstoff los. Kurz nach dem wir auf die Hauptstraße eingebogen waren, wir eine Tankstelle. Schnell von der Beschleunigungsphase in den Anhaltemodus gewechselt und ran an die Zapfe. Die 140 Literchen brauchten dann eine Weile, bis sie den Pegel des Tanks nach oben drückten. Im rechten Winkel meines linken Auges erspähte mein Adlerauge die Letter eines Firmenlogos „ZAMBEEF“. Zambeef, das muss mein Glückstag sein, dachte ich - Sprit und Beef - was für eine unschlagbare Kombination. Jetzt beschäftigte mich eine Frage. Es war Sonntag und Nationalfeiertag, heute, gestern oder morgen, keiner weiß es hier so genau.
Ich konnte keinerlei Bewegung vor der Zambeef-Filiale erkennen und durch meine Erinnerungen an das „offen Montag bis Freitag Schild“ von der Fringilla Farm wurden meine Hoffnungen auch schon gebremst. Wer nichts wagt, der nichts gewinnt, dachte ich und so fuhren wir von der Tanke über die Straße auf den Parkplatz von „Zambeef“. Schwungvoll brachten wir vor dem Geschäft den Wagen zum halten und beobachteten die Umgebung. Da waren Menschen und die gingen durch eine Türe in das Fleischergeschäft. Ich sah schon all diese Filets und Steaks auf meinem Grill brutzeln und mein grinsen wurde sichtlich breiter - Tür aufgestoßen und rein in den Laden. Da stand ich nun vor einem Berg von Fleisch und meine Augen mussten das gesehene zuerst einordnen, wo war welches Stück Fleisch. Ich muss ziemlich komisch auf das Fleisch gestarrt haben, denn alle Anwesenden starrten nun zu mir. Ich betrachtete das Fleisch, dass wirklich erste Güte zu sein schien eine Weile und dachte urplötzlich an das Rindviech, das wir auf dem Weg von Windhoek nach Divundu sahen. Normalerweis erinnere ich mich nicht so genau an eine einzelne Kuh, aber an diese noch sehr genau. Es war wirklich ein schönes Rindviech in den besten Jahren, aber charakterlich nicht wirklich reif. So passierte es, dass dieses suizidgefährdete Tier sich vor einen mächtigen LKW warf. Und genau so sah dieses Fleisch in der Auslage aus, wie von einem LKW überrollte und mit der Kettensäge in 500gr Portionen aufgeteilt. Unmöglich zu erkennen, ob es nun Steak war oder Suppenfleisch. Mir gefror bei diesem Anblick das Blut in den Adern und ich war nahe an einem Kreislaufkollaps ob des gesehenen. Ich denke wieder an das Rindviech vor dem LKW und fühle mit ihm. Mit einer tiefen Leere in mir verließ ich den Fleischerladen und wir zogen unverrichteter Dinge von dannen. Kilometer um Kilometer spulten wir auf der Teerstraße ab, ohne dass sich mein Gemütszustand besserte.
Auch die zwei Boerewürste im Kühler konnten meine Stimmung nicht anheben, erstens weil ich sie nicht besonders mag und zweitens können sie niemals der Ersatz für ein T-Bone Steak sein.
Irgendwann nach Stunden seelischen Leidens meldete die Frauenstimme aus dem GPS „Rechts abbiegen“ und wir bogen in einen unscheinbaren Waldweg ein. Wir fuhren und fuhren durch diesen lichten Wald vorbei an Schildern mit der nichts aussagenden Aufschriften „Dead End Road“ oder „Authorized Personnel Only“. Ich wunderte mich schon ein wenig, dass die Straße kaum befahren und der Baumbestand immer dichter wurde. Hmmm, Straßenunterhalt wird in Sambia wohl nicht Gross geschrieben und umfuhr den Baum, der aus der Fahrbahnmitte gegen den Himmel wuchs. Unser GPS zeigte uns einen Weg an, also musste es auch einer sein. So fuhren wir immer weiter.
Mal einen Baum von meiner Frau zur Seite gelegt - unter meiner fachkundigen Anweisung natürlich - mal einen neuen Weg im Wald angelegt, trotz dieser schlechten Piste und den 3 Stunden Fahrzeit für 10 km ließen wir uns nicht beirren. Wir fuhren diesen Weg weite, trotz angemeldeter Bedenken meiner Frau.
Endlich, da vorne glitzerte Wasser und der Mita-See war zu erkennen. Dieser Anblick ließ mich sogar meine Zukunft als Vegetarier vergessen - einfach wunderschön. Fischerboote fuhren auf dem See und die Fischer warfen ihre Netze aus, ein Anblick wie aus einem Roman. Wir beschlossen, am Strand unser Nachtlager aufzubauen und hier zu verweilen.
Sieht doch wirklich wie eine öffentliche Zufahrt aus, oder?
Sundowner
Motorbootfreunde
Tisch und Stühle raus, Käse und „Smoked Beef“, dessen Anwesenheit im Kühler ich glatt vergessen hatte, auf den Tisch, dazu Essiggurken und ein eiskaltes Radler - die Welt war für mich wieder in Ordnung. Glücklich, wie ich nun war an diesem Nationalfeiertag - oder dem Tag zuvor oder danach, das weiß hier wirklich keiner so genau, konnte ich mich sogar mit einem vegetarischen Abendmahl anfreunden. Den restlichen Nachmittag genossen wir die Ruhe, das glitzern des Sees und schauten den Fischern beim Einholen der Netze zu. Sogar das Zubereiten das Nachtessens bereitete mir Freude, obwohl es vegetarisch war.
Fischer am Mita-See
Pellkartoffeln und Schmelzkäse, den wir aus der Schweiz mitgebrachten hatten, schmeckten so wunderbar an diesem Nationalfeiertag - oder waren es doch der Tag davor oder danach, wir wollten es gar nicht mehr wissen. Pellkartoffeln und Schmelzkäse, nur zur Info, sind kein typisch sambisches Essen, bei uns nennt man das Raclette.
So saßen wir gemütlich bei unserem Abendessen, die Dämmerung setzte ein, und ich beobachtete das schmucke Motorboot, das rechts über den See flitzte. Schön wenn man genug Geld für so ein Hobby und ein Boot hat, dachte es und abrupt änderte das Boot seine Richtung gerade Wegs auf uns zu. Das Raclette intensiv duftet, wusste ich. Dass dieser Geruch so weit auf dem See draußen auch noch wahrzunehmen war, erstaunte mich gewaltig, waren wir doch auf Gäste keineswegs eingerichtet.
Mit einem Schwung strandete das Boot und warf drei Männer aus. Sie sahen schon schick aus, diese drei Männer mit ihren Uniformen, die schnellen Schrittes auf uns zukamen. Ups, dachte ich, die kommen wohl doch nicht wegen des Raclettes. Ich schob mir gerade eine Kartoffel in den Mund, als einer dieser Männer sich vor mir aufbaute und zu mir sprach. „I’m Officer … - das nach dem Officer verstand ich nicht, aber das Officer ließ mich an die Gärtnerei in Namibia denken. Es stellte sich heraus, dass wir auf dem Kraftwerksgelände unsere Bleibe aufgeschlagen hatten und dieses traumhafte Plätzchen keine öffentliche Campsite ist. Ich beteuerte, dass ich keine Hinweise und Schilder gesehen hätte und legte meinen „ich bin doof“ Gesichtsausdruck auf. Ich sah uns schon in Handschellen vor dem Bezirksgericht und in einem Gefängnis, das vegetarisch geführt wird, als mir dieser Officer mit einem breiten Lächeln sagte „No Problem“.
Die Erleichterung war riesengroß und meine Kartoffel rutschte die Kehle hinunter, wo sie zuvor stecken geblieben war. Es stellte sich heraus, dass sie nach illegalen Fischern suchten und unser unbefugter Aufenthalt auf dem Gelände war nicht der Rede wert. Einer nach dem Anderen stellten sie sich nun mit Namen und Rang vor und wir hielten Smalltalk. Sie wunderten sich noch etwas über unser Essen, wo es doch in Sambia so viel Fleisch gibt. Ich erklärte ihnen, dass dies zu Ehren ihres Nationaltages war - dem Tag davor oder danach, was weiß denn ich, wenn es schon die Einheimischen nicht wissen - worauf sie schallend lachten. Eine kurze Weile später - sie tranken noch unsere Willkommens-Cola aus- wünschten sie uns einen angenehmen Aufenthalt, dann verließen sie uns.
Ich zählte nun bei einem Kaffee mit Diesel die Sterne unten links am Himmel. Diese Nacht fielen wir in einen wohligen Schlaf.
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Auch wenn es anders ausehen mag, dieser Herr befüllt meinen
MWagen und nicht meinem Bauch, da hätten 140 Literchen wohl nicht gereicht (LOL)
Fortsetzung folgt…