Aus der Mitte entspringt ein Fluss
Wir könnten ausschlafen an diesem Morgen in der Hakusembe River Lodge, aber das klappt natürlich nicht. Der Afrika-Rhythmus hat uns fest im Griff. Zum Glück, denn die Morgenstimmung ist herrlich.
Die meisten Gäste liegen noch in den Federn, doch im Garten ist schon schwer was los.
Wie auch bei den Nachbarn in Angola. Morgentoilette am Kavango - wir sind so nah und doch so fern. Was für ein anderes Leben. Denken wir, doch was denken sie dort drüben? Beim Blick hinüber zur Lodge, mit all ihrem Komfort, dem gepflegten Rasen und den sonnenbebrillten Touristen, die so wenig passen in dieses Bild? Wir winken, und die Kinder winken zurück. Alles andere werden wir nicht erfahren.
Unser Morgenspaziergang führt uns zur Campsite, ebenfalls wunderschön direkt am Fluss, und schließlich auf einen Steg. Wir setzen uns in die Sonne, entspannt und glücklich, eine Schwalbe umschwirrt uns und tanzt auf dem Geländer. Wir sind fasziniert, und das ist wohl auch Zweck der Übung. Ein Ablenkungsmanöver, denn ein Stockwerk höher wohnt der Rest der Familie. Oops, da wollen wir nicht länger stören!
In einem hohen Baum thronen zwei junge Fleckenuhus (?) und mustern uns mit prüfendem Blick. Wir bleiben lange stehen, sie nicken wieder ein und blinzeln ab und zu, na, sie die da unten noch da? Irgendwann sind wir weg. Das Frühstück ruft.
Nur 275 Kilometer sind es bis zu Drotsky's Cabins in Botswana, unserem nächsten Ziel, dazu überwiegend Teer. Wir haben Zeit und nehmen sie uns auch. Die Gruppen sind längst weg, da drehen wir die nächste Runde im Garten. Der Manager mag unsere Langsamkeit, wir sollen uns Zeit lassen beim Checkout.
Es ist Sonntag, und schließlich rollen wir an vielen festlich gekleideten Kirchgängern vorbei auf der B8 nach Divundu. Dort biegen wir mittags ab in Richtung Botswana, es ist extrem heiß und nicht gerade die ideale Tageszeit für einen Besuch des Mahango Nationalparks. Zeit für eine Pause also beim Popa Falls Resort, wo wir einen kleinen Obolus entrichten und den kurzen Weg bis zu den Stromschnellen laufen.
Die machen zwar keinerlei Eindruck auf uns, doch die Aussicht von der Terrasse ist schön. Ein junges schwarzes Paar aus Rundu bittet uns, ein Foto mit dem Smartphone zu machen und wir kommen ins Gespräch, beide fragen uns nach unseren Eindrücken von Namibia, nach unserem Leben in Deutschland und sind sehr interessiert. Der junge Mann arbeitet im Baugeschäft, erzählt von seinem Alltag, von Korruption und Engpässen, von seinen Ängsten und Hoffnungen, von der anstehenden Wahl und wie er dazu steht. Das ist alles hochspannend und wir vergessen die Zeit.
Am frühen Nachmittag geht es weiter, der Asphalt endet, die Transitstrecke nach Botswana beginnt. Wir fahren nicht direkt geradeaus, sondern wollen den kleinen Umweg über den Mahango machen, der Teil des Bwabwata National Parks ist. Am Eingang zahlen wir dafür ein paar Euro Eintritt und biegen dann links ab in den Park, der sich auf beiden Seiten der Straße erstreckt. Während der andere Weg, der bis zu einem Wasserloch und wieder zurück führt, deutlich länger ist und auch tiefsandig, führt die von uns gewählte Variante über zwölf Kilometer in einem Bogen bis fast zur Grenze zurück auf die Transitstrecke.
Es ist nach wie vor heiß, viele Tiere werden wir wohl nicht sehen, doch wir freuen uns auf einen ersten Eindruck des kleinen Game Reserves, von dem wir viel Gutes gehört haben. Gleich hinter der ersten Kurve begegnet uns eine Pferdeantilope, sie nimmt schnell Reißaus, trotzdem ein schöner Start.
Der Weg führt zur Flusslandschaft des Okavango, bildhübsch und ein toller Kontrast zum staubigen Etosha, aus dem wir gerade kommen.
Schade, dass die Trasse nur allzu selten einen freien Blick auf das Idyll erlaubt. Immer wieder führen Pisten in Richtung des Flusses, doch wir bringen sie nicht in Einklang mit den Schildern, die das Offroadfahren untersagen. Zwei Jeeps fahren sogar direkt an der Riverfront entlang, doch wir lassen es - wenn auch schweren Herzens - und beschränken uns auf die wenigen Gelegenheiten mit Aussicht.
Nur wenige Autos begegnen uns, ein Plus für den Park, der uns mit seiner Savanne, dem Fluss und den knorrigen Bäumen richtig gut gefällt. Bei einem dicken Baobab vertreten wir uns die Beine, was angeblich erlaubt sein soll. Verbrieft ist das glaube ich nicht.
Ist schon ganz schön schön hier.
Schon fast zurück auf der Transitstrecke, turnen direkt neben uns zwei Affen herum. Mit riesigen Segelohren ...
... und dem Schalk im Nacken. Weil ich den einen zwischen den Zweigen kaum erkennen kann, wiege ich beim angestrengten Gucken den Kopf hin und her. Mein Gegenüber äfft mich nach, sprichwörtlich. Als würde ich in einen Spiegel gucken. Ein bisschen treiben wir das Spiel noch weiter, ich wackle mit dem Kopf, das Meerkätzchen auch. Ich fass es nicht.
Beim Mohembo Grenzposten ist nichts los, wir kommen schnell an die Reihe. Alle Papiere stimmen, auch die für den Wagen, ruckzuck sind wir durch, besser geht's nicht.
Am Örtchen Shakawe vorbei sind es nur wenige Kilometer bis zu Drotsky's Cabins. Eine alteingesessene Lodge im Panhandle des Okavango Deltas und Ziel ganzer Angler-Generationen. Blinker, Wobbler und Multirolle - alles böhmische Dörfer für mich, meine bescheidenen Angelkenntnisse fußen allein auf Hollywoods "Aus der Mitte entspringt ein Fluss" mit Brad Pitt als sexy Fliegenfischer. Angeln, schon irgendwie cool, speziell Fliegenfischen, dachte ich damals. Es hat sich wie vieles herausgewachsen.
Die Gegend gilt als Vogelparadies, und deshalb sind wir hier. Wir ziehen in ein rustikales, riesiges Chalet auf Stelzen, der Garten ist wunderbar und voller Tiere: Vögel, Affen und Buschböckchen, die im Schatten unter den Häuschen liegen.
Die Lage am Fluss ist ein Traum, auch wenn leider zuletzt drei Buschfeuer ihre Spuren hinterlassen haben.
Nach der vielen Autofahrerei im Etosha freuen wir uns riesig auf die Bootstrips, die wir in jeder Hinsicht individuell gestalten können. Wir buchen zwei Touren nur für uns, eine über zweieinhalb Stunden kurz nach Sonnenaufgang und eine weitere am Nachmittag über zwei Stunden. Theoretisch könnten wir noch am übernächsten Tag nachlegen, wenn uns danach ist. Oder wenn am nächsten Morgen das Wetter nicht mitspielt. Was gut passieren kann, wie wir bei Tinochikas gesehen haben, die kurz zuvor in der Gegend waren und leider Pech hatten. Wir werden sehen.