Tag 0 – 7. Juli 2019
Es ist früher Nachmittag, die Koffer stehen seit gestern zu Hause bereit – Afrika ist schon sehr nahe, praktisch in Griffweite. Während des Jahres schmökere ich gerne in den Reiseberichten dieses Forums, sehe mir die schönen Bilder an, schwelge in Erinnerungen oder plane eigene, neue Routen. Seelenhygiene… Die letzten Wochen mit Schulschluss waren stressig genug, es tut gut, endlich den Alltag hinter sich lassen zu können. Afrika ruft, ich höre den Ruf und folge.
Es ist überhaupt das erste Mal, dass ich zuhause unsere Koffer fotografiere – im Nachhinein betrachtet mache ich mir durchaus Gedanken darüber… Dazu aber später mehr.
Unsere Tochter, seit wenigen Wochen stolze Besitzerin einer Fahrerlaubnis, bringt uns zum Flughafen Wien-Schwechat, von wo es mit Austrian zunächst nach München und von dort mit South African über Johannesburg nach Windhoek gehen soll. Diese Route ist zwar vielleicht etwas umständlich, aber meine bisherigen Erfahrungen mit Air Namibia waren nicht die besten und aus Österreich gibt es ohnehin keine direkte Verbindung nach Namibia.
Am Flughafen bringen wir rasch den Check-in und die Sicherheitskontrolle hinter uns, wobei diesmal meine gesamte Fotoausrüstung einem Sprengstofftest unterzogen wird – Sicherheit über den Wolken ist ein hohes Gut, deshalb lasse ich die aufwändige Prozedur still über mich ergehen. Leidtragende ist da eher meine Frau, weil sie auf mich warten muss, während ich meine Objektive wieder in die dafür vorgesehenen Fächer des Fotorucksacks schlichte.
Anschließend lassen wir uns gemütlich in der Lounge nieder, essen eine Kleinigkeit und trinken ein erstes Glas Rotwein – Afrika wir kommen.
Unser Flug wird zum Boarding aufgerufen, wir marschieren zum vermeintlichen Abfluggate, wo bereits hektische Betriebsamkeit herrscht. Die Uhr tickt – keine Durchsagen, keine Hinweise, dass eine Flugverspätung möglich sein könnte. Das (ein?) Flugzeug steht angedockt an der Brücke, keine Reaktion seitens des Personals. Die Passagiere haben sich inzwischen pflichtbewusst wie Lemminge hintereinander aufgestellt und halten Boardkarten und Reisepässe in der Hand – allzeit bereit…
Die beiden Angestellten auf der anderen Seite des Tresens beginnen zu telefonieren und tuscheln miteinander – sehr eigenartiges Verhalten, denn Kundeninformation sieht anders aus. Da wir in München einen Aufenthalt von etwas mehr als zwei Stunden haben, mache ich mir noch keine Gedanken, dass etwas nicht funktionieren könnte.
Die Uhr tickt weiter – inzwischen sollten wir bereits etwa zwanzig Minuten in der Luft sein, immer noch keine Informationen. Mir reicht es – ich fordere Infos ein, die anderen Passagiere sind da offenbar geduldiger, wiewohl der Lärmpegel inzwischen angewachsen ist. Mir wird mitgeteilt, dass zeitnah eine allgemeine Information folgen wird – Geduld ist angesagt. Es vergehen weitere Minuten bis sich endlich jemand zu einer Durchsage durchringt: „Aufgrund eines Gewitters ist der Luftraum über München derzeit geschlossen, es werden keine Flüge dorthin abgefertigt“.
Aha – was ist der Plan? Da ich immer noch fast direkt vor dem Tresen stehe, frage ich nach einer Alternative. Der Angestellt der AUA erklärt mir höflich, dass er uns auf den Folgeflug, der Wien in zwei Stunden verlassen wird, umbuchen kann. Ich versuche ihm zu erklären, dass diese Alternative nicht wirklich hilfreich ist, denn dann wäre unser Anschlussflug Richtung Johannesburg zumindest schon über den Alpen… Da es aber dazwischen ohnehin keine Möglichkeit gibt, aus Wien wegzukommen, nehmen wir zähneknirschend den nächsten AUA Flug nach München, wo sich dann das dortige Bodenpersonal um den Weiterflug kümmern wird – Afrika, wir kommen – etwas später.
Wir schlendern die schmalen, endlosen Gänge von Terminal 3 auf und ab und schlagen die Zeit tot. Inzwischen habe ich auch schon eine Mail an Claudia von Casa Piccolo geschrieben, dass die Übernachtung in Windhoek storniert werden kann. Eigentlich eine Zumutung, denke ich mir, aber was soll ich tun?
Der Flug mit der folgenden Maschine nach München, der selbstredend ausgebucht ist, wird von einer (!!) Person abgefertigt, was zur Folge hat, dass er sich um weitere dreißig Minuten verzögert. Der Pilot entschuldigt sich kurz vor Abflug für diesen Lapsus – Personalmangel wird als Grund angeführt. Nicht aufregen – wir sind im Urlaubsmodus… Austrian – the charming way to fly!... Inzwischen hatte ich auch die Wetter app hinsichtlich Flugwetter über München bemüht – es erschien ein Sonnensymbol…
Um 20:28 bewegt sich die Fluggastbrücke vom Airbus weg, in zwei Minuten startet das Boarding in München. Das wird knapp…
Als wir um 21:25 Uhr in München landen, ist der Flughafen bereits ziemlich leer. Das Service-Center im Terminal K ist bereits geschlossen, wir fahren, mit zahlreichen anderen „Gestrandeten“, zu Terminal G weiter, wo uns eine lange Menschenschlange erwartet. Es geht dennoch recht schnell, wir warten nicht allzu lange, obwohl Warten inzwischen ein Spezialgebiet von uns ist. Die freundliche Dame im Lufthansa-Outfit nimmt unsere Dokumente entgegen und lächelt uns an. Wir wären nicht die einzigen – was für eine Wohltat… Sie schlägt uns als Alternative den Direktflug mit Air Namibia von Frankfurt aus vor, das würde die ehestmögliche Flugverbindung darstellen. Nach unserer Einwilligung – zum Diskutieren war ich ohnehin schon zu müde – werden rasch Gutscheine für die Fahrt mit einem Taxi zum Hotel und morgen wieder retour zum Flughafen gedruckt, außerdem ein Übernachtungsvoucher für das Best Western Hotel in Erding inklusive Abendessen und Frühstück. Ohne Gepäck, denn dieses wird durchgecheckt, geht es die wenigen Kilometer zum Hotel, wo wir knapp vor Mitternacht eintreffen.
Nach etwas mehr als 11 Stunden Anreise ab unserer Haustüre sind wir glücklich in München/Erding eingetroffen – wenn wir den Schnitt unserer Reisegeschwindigkeit nicht schleunigst heben, dauert es noch etwas, ehe wir unser geliebtes Afrika erreichen.
Gute Nacht – bis morgen!