THEMA: Noch ein Selbstfahrer Reisebericht
16 Nov 2010 13:19 #162724
  • Cheesy
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  • Cheesy am 16 Nov 2010 13:19
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So liebe Freunde, hier nun der letzte Teil meines Reiseberichtes mit dem Abstecher nach Südafrika.
Nochmals danke an alle Forum-User für die vielfältige Unterstützung vor der Reise und das Feedback zu diesem Reisebericht.

24.09. - Tag 16 ... Windhoek - Kapstadt

Wir sind ziemlich die ersten im Frühstücksraum, weil wir zeitig am Flughafen sein wollen. Schließlich gibt es ja noch die große Unbekannte der Mietwagenrückgabe. Erfahrungsberichte haben uns bezüglich der Firma Hertz diesbezüglich etwas misstrauisch werden lassen. Ein wenig Wehmut beschleicht uns, als wir die letzten Kilometer zum Airport zurücklegen. Viel zu schnell ist der Aufenthalt hier in Namibia zu Ende gegangen. Das Volltanken des Mietwagens erweist sich als kleine Herausforderung. Am Flughafen gibt es zwar eine Tankstelle, aber die weigert sich Mietautos von Hertz zu betanken, ohne dass ein Angestellter dabei ist. Also müssen wir die Kröte schlucken und den Wagen nicht vollgetankt zurückgeben, Über die Rückgabeabwicklung bei HERTZ können wir uns aber nicht beschweren. Die Mitarbeiterin untersucht das Âuto zwar intensiv und bemängelt etwas den Sand im Inneraum, jedoch geht das ganze recht flott und unbürokratisch über die Bühne. Mühsamer wird dann das Warten auf den Flug nach Kapstadt. Obwohl Windhoek Airport sehr überschaubar ist, lässt sich nur schwer in Erfahrung bringen, wann und wo wir wir nach Capetown einchecken können. Alle Monitore sind schwarz und Air Namibia Personal lässt sich nicht blicken. Schließlich schaffen wir es aber doch problemlos und mit allem Gepäck an Bord zu gelangen. Weit ist die Distanz nach Kapstadt ja nicht, aber da wir noch einen Zwischenstopp in Walvis Bay einlegen, wird es doch Nachmittag, bis wir in der südafrikanischen Metropole eintreffen. Miriam sieht dem Aufenthalt ein wenig skeptisch entgegen. Sie ist generell kein Freund von der Hektik und der Enge von Großstädten und die vielen Warnungen vor der südafrikanischen Kriminalität lassen ihr Unbehagen noch wachsen.
Dafür stellen wir mit großer Freude fest, dass das Wetter am südwestlichen Zipfel Afrikas sich von seiner besten Seite zeigt. Die herausragende glasklare Sicht lässt schon den Anflug auf die wunderbar in die Küstenbergkette eingebettete Stadt zu einem tollen Erlebnis werden. Zu dieser Jahreszeit nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit hier in der Kapregion. Gut gelandet müssen wir uns um eine Transfermöglichkeit in die City kümmern, da wir hier keinen Wagen zu mieten gedenken. Das Nahverkehrsnetz in Kapstadt ist nicht so wirklich perfekt eingerichtet, so dass man unweigerlich in die Fänge der Taxifahrer gerät, die sehr intensiv um die Gunst der potentiellen Kunden buhlen. Zu einem angemessenen Preis werden wir zum Townhouse Hotel chauffiert, das mitten in der Innenstadt, im Regierungsviertel liegt. Das Hochhaus, in dem das Hotel untergebracht ist, macht von außen einen unscheinbaren Eindruck, ist aber innen gepflegt, sauber und gastfreundlich. Aufgrund des ausnehmend schönen wolkenlosen Wetters beschließen wir den Pflichtprogrammpunkt Tafelberg noch an diesem Nachmittag anzugehen. Wieder müssen wir uns ein Taxi kommen lassen, das uns die paar Kilometer zur Talstation der Seilbahn bringt. Die Taxifahrer sind ein buntes Völkchen in Kapstadt. Unser jetziger warnt uns ausdrücklich vor den vielen nicht lizensierten Anbietern und würde am liebsten an der Station auf uns warten. Als wir dies ablehnen beschwört er uns, doch bei der Rückkehr an der Kasse ihn oder einen seiner Kollegen telefonisch zu buchen. Wie wir erfahren ist heute ein lokaler Feiertag. Dies und das tolle Wetter haben eine Vielzahl von Besuchern zur bekanntesten Sehenswürdigkeit Kapstadts gelockt. Zum Glück sind die meisten, jetzt am späten Nachmittag, schon wieder verschwunden und die Schlange am Ticketschalter ist verhältnismäßig kurz. Zugegebenermaßen werden reichlich Passagiere in die Gondel gepfercht, aber da sich die Kabine während der kurzen Fahrt dreht, wird jedem gleichmäßig der traumhafte Ausblick auf die darunterliegende Stadt zuteil. Auf 1100 m Höhe angekommen stellen wir ganz schnell fest, dass wir trotz Pullover deutlich zu leicht angezogen sind. Trotz Sonnenschein hat es nur 8° C und der böige Wind treibt den Fröstelfaktor noch deutlich nach oben. Was einige in ärmellosen Shirts und Mini-Röckchen angetretenen Touristinnen hier oben erdulden müssen, können wir nur erahnen. Für den Ausblick vom Gipfelplateau gibt es eigentlich gar nicht genug Superlative. In alle Himmelsrichtungen genießt man eine traumhafte Sicht auf die überall verteilten Stadtviertel, auf die herrlichen Küstenstreifen, auf den spektakulären Lions Head Gipfel und die zerklüftete Bergkette der Kapregion.


Blick vom Tafelberg auf Capetown mit Lions Head
Man könnte auch wunderbar auf dem Plateau von Seite zu Seite spazieren – wenn es nur nicht so a….kalt wäre. Nach einer knappen Dreiviertelstunde ist unsere Widerstandskraft gebrochen und wir reihen uns wieder in die Warteschlange für die Talfahrt ein. Unten angekommen erweist es sich als echtes Problem, eine Rückfahrgelegenheit in die City zu finden, ohne sich einem der marktschreierischen Anreißer für die unlizensierten Taxis anzuvertrauen. Schließlich kapitulieren wir und quartieren uns im Sammeltaxi von Lenny ein, der selbst unter den unorthodoxen Taxifahrern noch ein besonderes Unikat ist. Er quasselt ohne Unterlass, reißt Witze und stürzt sich nimmermüde auf jeden unschlüssig aussehenden Touri, der des Weges kommt. Auf dem Weg zu Tal sind wir Germans natürlich die bevorzugte Zielscheibe seiner ständigen Clownerien. Preislich ist er dafür noch etwas günstiger als sein lizensierter Kollege von vorhin.
So langsam gilt es, sich fürs Abendessen zu rüsten. An der Rezeption warnt man uns eindringlich davor, bei Dunkelheit durch die Straßen Kapstadts zu laufen. Noch ist es hell, also beschließen wir die unmittelbare Umgebung nach in Frage kommenden Restaurants zu erkunden. Fehlanzeige auf der ganzen Linie – das tagsüber so quirlige Viertel ist jetzt so gegen 18 Uhr nahezu ausgestorben und bietet auch so gut wie keine geeigneten Dinnermöglichkeiten. Ergo kehren wir zurück ins Hotel und genießen die Gastlichkeit des dortigen Restaurants. Während wir durchs Fenster beobachten, wie der zunehmende Wind durch die nächtlichen Straßen peitscht, genießen wir ein leckeres Abendessen, dass gemessen am zivilen Preis sehr üppig ausfällt. Die kapmalayische Küche erwirbt geschmacklich bei uns außerordentliche Sympathien, sorgt aber für einen schlafhinderlichen vollen Magen.

25.09. - Tag 17 ... Kapstadt

Kapstadt im Eiltempo - heißt das Motto des heutigen Tages, denn wir haben nur diesen einzigen Tag, um die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu erkunden und dazu noch das eine oder andere Mitbringsel zu erstehen. Letzteres steht als erstes auf unserem Tagesprogramm, denn der Greenmarket Square ist nur zwei Blocks von unserem Hotel entfernt. Es ist noch recht früh und die Händler sind noch damit beschäftigt, ihre Stände aufzubauen. Zunächst besuchen wir noch schnell einen „normalen Souvenirshop, um ein Gefühl für die Preise zu bekommen. Dann stürzen wir uns in das bunte vielfältige Treiben des knuffligen Souvenirmarktes. Im Gegensatz zu Swakopmund sind die Händler hier bei weitem nicht so aufdringlich. Erst wenn man sich etwas intensiver für eine ihrer Kostbarkeiten interessiert, packen Sie Ihre Verkaufsmaschen aus. Der Tageszeit gemäß wollen Sie uns als „my first customer“ einen speziellen „early morning price“ anbieten. Handeln ist Pflicht und so geben wir unser Bestes, wohlwisssend, dass wir letztlich doch zumeist einen zu teuren Preis abdrücken müssen. Mit einigem Krimskrams bepackt, kehren wir dennoch zufrieden zum Hotel zurück. Nun aber auf zum Sightseeing. Wir haben beschlossen, die Stadt mit einem der je nach Strecke roten oder blauen Doppeldeckerbusse zu durchstreifen. Für einen Pauschalpreis von 120 Rand kann man an den ca 30 Haltestellen nach Belieben zu und aussteigen. Mit dem Ticket erhält man einen Ohrhörer, durch den man sich in zahlreichen Sprachen während der Fahrt die interessanten Orte und Bauwerke erklären lassen kann. Für Speedsightseer wie uns eine optimale Lösung, sieht man mal davon ab, dass trotz des heute wieder perfekten sonnigen Wetters, auf der Openair-Etage des Busses die Ohren ganz schon kalt werden. Nachdem der Bus zunächst nochmals zur Tafelberg-Gondelstation fährt, wo die Schlange heute morgen ungleich länger ist, geht es über einen Pass auf der andern Bergseite hinab nach Camps Bay. Am Fusse des Tafelbergs und der Bergkette der 12 Apostel liegt der malerische Küstenort, dessen Palmenpromenade am weißen Sandstrand besonders beim jungen Publikum sehr beliebt ist. Hier steigen wir aus, schlendern etwas am Strand entlang, schauen den Sonnenhungrigen und Sporttreibenden zu und genießen den Anblick des wunderschönen Strandabschnittes.


Camps Bay

Nachdem wir den allgegenwärtigen fliegenden Händlern entronnen sind, nehmen wir den nächsten Bus und tuckern der Küste entlang, vorbei am neuen WM-Stadion zur Hauptattraktion Capetowns, der Victoria and Alfred Waterfront. Sie ist zweifellos der Besuchermagnet der Stadt mit ihren unzähligen Einkaufsgeschäften, Restaurants, Imbissbuden usw, die wunderbar in die authentische Atmosphäre eines echten Hafens integriert sind. Wenn auch die Touristenströme die Einheimischen weitgehend verdrängt haben und alles auf Kommerz angelegt ist, so fühlen wir uns in diesem Trubel doch wohl, denn es gibt so viel zu sehen und der Ausblick auf die Hafenbecken vor der Traumkulisse des Tafelberges ist eine Sensation.


Waterfront und Tafelberg

Überdies muss man sich hier nicht vor einsamen Ecken und dunkeln Winkeln fürchten, zu lebendig geht es allerorten zu. Nach ausgiebigem Umherstreifen und einer gemütlichen Kaffepause wollen wir uns an einer der Straßenbühnen noch ein wenig musikalische Unterhaltung gönnen. Ein indisch aussehendes Marinemusikkorps beginnt grade mit dem Aufbau für ein Platzkonzert. Sind die Afrikaner schon gemächlich, werden sie von den Indern oder Malayen noch deutlich geschlagen – über eine Stunde später trödelt man immer noch herum und macht keine Anstalten loszulegen. Da unser letzter Bus bald fährt, müssen wir ohne das Konzerterlebnis wieder abziehen. Zurück in der Innenstadt, die wie am Vortag gerade wieder ihr spätnachmittägliches Aussterben erlebt, machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, wo wir eventuell die eine oder andere lokale Spezialität zum Abendessen kosten könnten. Das ganze wird zum Fiasko. Entweder gibt es hier keine für uns passenden Essgelegenheiten oder sie sind gar zu exotisch wie z.B. kurdisch oder afghanisch. Entnervt geben wir die Suche auf und streben wieder in unser Hotelrestaurant, um festzustellen, dass die Menüs genau den gestrigen entsprechen, weil nur alle 2 Tage gewechselt wird. Egal – Miri isst diesmal kapmalayisch und ich gönne mir zum letzten afrikanischen Dinner ein feines Straußensteak. So klingt der Abschlussabend unserer Tour langsam und gemütlich im Townhouse Hotel aus.

26.09. - Tag 18 Kapstadt - Frankfurt

Vermutlich geht es den meisten Reisenden so wie uns, dass man – wenn das Urlaubsende schon unvermeidlich ist – so schnell wie möglich daheim sein möchte. Wie schön wäre jetzt ein zügiger Direktflug von Kapstadt nach Deutschland. Leider aber haben wir noch einen kompletten Reisetag vor uns. Immerhin können wir noch ein ausgiebiges Frühstück genießen, ehe wir am späten Vormittag per Taxi zum Flughafen aufbrechen. Hier überfallen uns auch die ersten und einzigen Regentropfen der gesamten Reise. Petrus hat ein Einsehen und lässt uns den Abschied etwas leichter werden.
Wieder führt uns die Reise mit Air Namibia über Walvis Bay nach Windhoek. In unserer tristen Will-Heim-Stimmung sind wir von einigen deutschen Urlaubern, die am Check-In das Procedere auf unnötige Art und Weise behindern, ziemlich genervt. Ein letztes Mal überfliegen wir die Skelettküste und nach der Zwischenlandung die trockenen namibianischen Weiten. In Windhoek angekommen bekommen wir auch noch einen Abschiedsgruß der afrikanischen Mentalität geliefert. Nachdem es schon sehr mühsam ist herauszufinden durch welche Tür die Transitpassagiere ins Terminal gehen müssen, werden aus unerfindlichen Gründen manche Reisenden dort nicht eingelassen. Das führt zu lautstarken Diskussionen und Unmutsbezeugungen unter den benachteiligten. Wir kommen zwar unbehelligt durch, finden uns aber in einer reichlich überfüllten Abflughalle wieder. Mehrere Flüge sind seit langem überfällig und zahlreiche Reisende scheinen bereits stundenlang hier zu warten. Entsprechend verbraucht ist die Luft hier in dieser Menschenansammlung. Es gelingt mir, die noch vorhandenen Landeswährungen ziemlich komplett umzutauschen und den Rest Kleingeld – natürlich total überteuert – für Snacks und Getränke loszuwerden. Zum Glück geht unser Flug pünktlich und so heben wir kurz nach acht Uhr endgültig vom Schwarzen Kontinent ab. Miriam durchleidet noch eine kleine Kreislaufschwäche während des Fluges, die sich aber zum Glück bis zum Morgen wieder weitgehend legt. Die weitere Heimreise verläuft relativ problemlos, sieht man mal davon ab, dass die Deutsche Bahn ihre übliche Verspätung und Informationsunfähigkeit an den Tag legt. Trotzdem bekommen wir um Haaresbreite noch unseren Anschlusszug und treffen kurz nach Mittag müde aber wohlbehalten daheim ein.

Natürlich darf auch ein kleines Fazit unseres ersten Afrika-Trips nicht fehlen :

Zweifellos ist Namibia eines der faszinierendsten Länder, die wir bisher bereist haben. Ebenso unstrittig ist, dass man in nur zweieinhalb Wochen Urlaub auf einer Haupttouristenroute nur an der Oberfläche des Charakters und der Kultur eines Landes und seiner Völker kratzen kann.
Die Landschaften Namibias haben uns sehr gut gefallen, auch wenn – ganz objektiv und wertfrei betrachtet - abgesehen von den Sossuvlei-Dünen nur wenig dabei war, was wir anderswo nicht schon spektakulärer gesehen hatten. Insofern würden wir aus nachträglicher Sicht den Abstecher zum Fish River Canyon vielleicht zugunsten eines längeren Aufenthaltes im Norden streichen.
Was uns eindeutig am tiefsten beeindruckt und die Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis hat werden lassen, ist das Zusammentreffen mit der grandiosen Tierwelt Afrikas in einigermaßen unverfälschter Atmosphäre. Es waren, so abgelutscht es klingt, eher die Wege, denn die Ziele, die uns Namibia wirklich nähergebracht haben. Es waren einzelne Momente, in denen die Zeit stillzustehen schien, wie z.B. während der wundervollen Sonnenuntergänge, in denen wir das Herz Afrikas schlagen zu hören glaubten.
Dass wir bei aller Bewunderung für dieses Land letztlich doch nicht – wie viele andere in diesem Forum – total vom Afrika-Virus infiziert wurden und schon die nächsten Reisen dorthin ins Auge gefasst haben, mag daran liegen, dass es auch einige Dinge gab, die obschon sie die Reise kaum behinderten, uns an Afrika ein wenig genervt haben. Vielleicht ist bei uns das ultimative Quäntchen Abenteuergeist durch zu viel Zivilisationsstress doch schon zu sehr degeneriert.
Trotzdem werden wir nicht müde von einem supertollen Urlaub in einem supertollen Land zu schwärmen und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es uns – allein schon der Tiererlebnisse wegen – wieder einmal ins südliche Afrika verschlagen wird.

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An dieser Stelle auch nochmals ganz herzlichen Dank an alle Forumsfreunde, die uns bei der Planung der Reise mit nützlichen Informationen und reichlich Vorfreude versorgt haben. Allen, die in naher oder auch fernerer Zukunft Namibia zu ersten oder x-ten Male besuchen werden, wünsche ich ganz viel Spaß und eine tolle Reise :cheer:

Liebe Grüße

Cheesy
Anhang:
Letzte Änderung: 16 Nov 2010 18:04 von Cheesy.
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