THEMA: Noch ein Selbstfahrer Reisebericht
08 Okt 2010 13:54 #158389
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  • Cheesy am 08 Okt 2010 13:54
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Hallo liebe Forumsfreunde,

da ich im Vorfeld unserer Namibia-Reise so viele nützliche Informationen hier im Forum aufsaugen konnte und die Mitglieder mich stets schnell und hilfsbereit mit Tips versorgt haben, möchte ich auch einen kleinen Reisebericht von unserer Seite zum Besten geben ( auch wenn er sich vermutlicht nur wenig von den Erlebnissen vieler Selbstfahrer zuvor) unterscheidet.
Ich poste jetzt einfach mal die ersten paar Tage. Falls das Ganze allgemein als zu langatmig empfunden wird, lasst es mich wissen, dann werde ich den rest prägnanter schildern.

Liebe Grüße

Jürgen

Reisebericht Namibia 2010

09.09.2010 Tag 1 - Frankfurt - Windhoek

Der Tag beginnt – wie sollte es auch anders sein – für meine Frau Miriam und mich mit ein wenig Herzklopfen, denn schließlich bricht man ja nicht jeden Tag zu seiner Hochzeitsreise auf. Und wenn es dann noch auf einen anderen Erdteil, den „schwarzen Kontinent“ Afrika geht, liegt eine besondere Art von Spannung und Vorfreude in der Luft. Da wir bis zum Vorabend beide noch arbeiten mussten, passt es ganz gut, dass der Air Namibia Flug nach Windhoek erst abends in Frankfurt abfliegt. So können wir den Vormittag noch mit Packen und Vorbereiten verbringen. Die Auswahl der Kleidung ist diesmal recht anspruchsvoll, denn die Aussagen betreffs der Temperaturschwankungen in Namibia lassen einem von der Badehose bis zur Daunenjacke alles ins Kalkül ziehen. Ein Schock ereilt mich, weil ich meinen internationalen Führerschein nicht mehr finden kann, Was sagt das Namibia-Forum ? Geteilte Meinung, aber da ich eh keine Zeit mehr habe, müssen wir das Risiko eingehen und ohne ihn fahren.
Gegen Mittag besteigen wir den Zug nach Frankfurt, der uns – oh Wunder – ohne Verspätung zum größten deutschen Flughafen bringt. Der Luxus in der 1.Klasse ( nur 20 € teurer ) lullt mich so ein, dass ich beim Umsteigen das Nackenhörnchen im Abteil vergesse und Miriam in aller Eile nochmal zurückmuss, um es gerade noch vor der Abfahrt wiederzubekommen.
Am Flughafen in Frankfurt haben wir – mit Blindheit geschlagen – zwar leichte Probleme den Check-In-Schalter zu finden, aber dann klappen die Abfertigung, der Security Check und das Boarden perfekt. Aber oh Graus – wir haben im Airbus A 340 einen Looser Platz erwischt. In der 4er-Reihe die beiden mittleren Sitze direkt unter einem bei jeder Bewegung des Flugzeugs klappernden Monitor. Zum Glück gelingt es uns nach dem Start noch auf die einzigen beiden freien nebeneinanderliegenden Plätze umzusiedeln. Als wir uns umsehen, denken wir erstmals an das Hummeldum-Kultbuch und stellen fest, dass der Durchschnittsalter der Passagiere ca 65 Jahre beträgt, die durchschnittliche Haarfarbe zwischen blondgefärbt und silbergrau liegt und die Kleidung vorwiegend aus Zip-up-Wanderhosen und khakifarbene Outdoor-Westen besteht.

10.09. - Tag 2 Windhoek

9 zwar schlafarme aber erträgliche Stunden später landen wir in Windhoek. Dass Air Namibia die schlaftrunkenen Passagiere mit bayrischer Volksmusik aus dem Flugzeug verabschiedet, mutet schon komödiantisch an.
Bald schon erhalten wir erste Einblicke in die afrikanische Mentalität. Die Zollkontrolle erfolgt mit geruhsamer Gelassenheit, was lange Schlangen zur Folge hat. Der Bankomat ist außer Betrieb und der Wechselschalter gibt nicht mehr als einen Mini-Betrag heraus.
Mir graut aufgrund diverser Erfahrungsberichte und des fehlenden internationalen Führerscheins schon ein wenig vor der Mietwagenübernahme bei Hertz. Auch hier geht es schleppend voran, weil der Bedienstete auch gleich noch selber die Autos auftanken muss. Der nationale Scheckkarten-Führerschein wird anstandslos akzeptiert. Statt des von uns gebuchten Daihatsu Terios werden wir gleich um 2 Klassen kostenlos upgegradet auf einen Toyota-Hillux. Ich frohlocke innerlich, aber nur solange bis Miriam die Ausmaße dieses Gerätes sieht und sich kategorisch weigert, mit so einem Ungetüm zu fahren. Da mir auch die Reifen sehr angegriffen erscheinen, wackle ich zurück zum Schalter, wo man mir erklärt, dass leider keine anderen Autos mehr verfügbar sind. Zum Glück ist gerade ein anderes deutsches Pärchen an der Reihe, das mehr Gepäck hat und so können wir das Auto einfach mit denen tauschen. Wir erhalten deren KIA SPORTAGE, der genau die richtige Größe hat und auch sehr gut in Schuss ist.
Etwas vorsichtig ob des ungewohnten Linksverkehrs tasten wir uns die 50 km nach Windhoek hinein. Ohne größere Schwierigkeiten finden wir das SAFARI COURT HOTEL, unser erstes Domizil. Ein relativ großer Kasten, in dem nicht nur massenhaft deutsche Touris sondern auch Teilnehmer einheimicher Businesstagungen zu finden sind. Aber alles sehr sauber und gepflegt mit einer schönen Poolanlage. Ideal um sich vom Flug zu akklimatisieren.
Ein kostenlos Shuttle bringt uns in die Innenstadt und zurück. Wir lernen Windhoek als eine eher beschauliche Metropole kennen, die zwar gute Shopping-Möglichkeiten bietet, aber touristisch nicht viel Sehenswertes zu bieten hat. Wir absolvieren das Pflicht-Programm mit Christuskirche, Reiterstandbild und Tintenpalast, wobei eine Baustelle das Fotografieren ein wenig behindert. Natürlich bummeln wir die Independence Avenue auf und ab, versorgen uns in der Luisenapotheke mit dem Insektenschutz „Perfect Sleep“ ( alles Forum-Tipps) und werden von der freundlichen Apothekerin und ihrem Security-Typ vor diversen Nepper-Tricks und Taschendieben gewarnt. In der Fußgängerzone trinken wir einen Kaffee und werfen einen ersten Blick auf die an zahlreichen Straßenständen angebotene Souvenirvielfalt. Vom Shuttle wieder zurück ins Hotel gebracht, verweilen wir noch ein wenig am Pool und suchen dabei die sonnigen Stellen, denn die Stadt macht ihrem Namen „windige Ecke“ durchaus alle Ehre, so dass es nicht allzu warm ist. Im Hotel gibt es zwei Restaurants und ein Steakhouse ( das allerdings eher ein Burger-House ist). In einem der Restaurants essen wir an einem preisgünstigen Buffet lecker zu abend und gehen früh ins Bett, um für den nächsten Tag gerüstet zu sein.


11.09. - Tag 3 Windhoek - Keetmanshoop

Endlich geht’s los. Ruckzuck sind wir auf der B1, die uns nach Süden führt. Zur Eingewöhnung erst mal ein reiner Asphalt-Abschnitt. Kurz hinter Windhoek die erste Tierbegegnung in Form herumlungernder Paviane. Werden nicht fotografiert, da vermeintlich noch oft zu sehen ( grobe Fehleinschätzung). Die 400 km lange meist schnurgerade Strecke über Rehoboth und Mariental bis Keetmannshoop ist landschaftlich kein Reißer, aber die Vorfreude lässt kaum Langeweile aufkommen. Erstaunlich wie viele Picknickplätze es in Namibia zu geben scheint. In Keetmannshoop wollen wir uns erst mal ein wenig versorgen. Das Städtchen wirkt am Samstag nachmittag ziemlich verödet, abgesehen von einigen herumlungernden Jugendlichen. Der allgegenwärtige Security-Officer am Bankomat kommt mir hier sehr gelegen. Noch schlimmer wird es an der Tankstelle, wo ein gutes Dutzend undefinierbarer Gestalten sich herumtreiben. Wir müssen uns erst daran gewöhnen, dass in Afrika offenbar immer eine Reihe von Leuten herumsteht, die nichts offensichtliches zu tun haben. Im Shop der Tankstelle wird es dann skurril. Der gesamte Einkaufsmarkt liegt hinter Gitter. Man tritt an einen Schalter wie an der Bank und sagt dem Verkäufer, was man möchte. Der reicht einem das gewünschte durch sein Guckloch und kassiert das Geld. Ist es hier wirklich so unsicher ? Schnell machen wir, dass wir weggekommen,
Auf ziemlich rumpliger Schotterpiste geht es zum Quivertree Forest Camp, wo wir die Übernachtung gebucht haben. Wir werden von der Familie herzlich begrüßt, insbesondere von einem wild kläffenden kleinen Hund mit nur drei Beinen. Da kaum Gäste da sind, haben wir unseren Bungalow mit drei Zimmern für uns allein. Wir machen einen Abstecher zum Giants Playground. Wirklich faszinieren tut uns diese Ansammlung aufeinanderliegender Steine allerdings nicht. Mag daran liegen, dass wir vor 2 Jahren in den USA viele spektakulärere Felsformationen bestaunen durften. Zurück auf der Farm erwarten wir mit Spannung die tägliche Fütterung der Cheetahs, der Geparden. Zunächst freuen wir uns über den kleinen Kreis von nur 2 Pärchen, die mit uns darauf warten, bis uns ein heranbrausender Bus, der ca 30 Holländer ausspuckt, die Illusion raubt. Nun herrscht der befürchtete Trubel und die beiden Geparden, in deren Gehege wir dürfen, beäugen uns schon sehr mißtrauisch. Miriam bleibt lieber draußen, während ich mich todesmutig hineinwage, in der Hoffnung, im Zweifelsfall schneller laufen zu können als die betagten Holländer. Die Cheetahs, die noch nicht so arg lange auf der farm sind, sind offenbar auch nicht so arg begeistert von dem Aufruhr, lassen sich zwar brav knipsen, verziehen sich dann aber mit ihren Fleischkeulen ins Dickicht. Dafür werden wir zu einem schon sehr domestizierten Gepardenweibchen geführt, die eine Schüssel Milch bekommt und von den Touris gestreichelt werden darf. Ich stelle mich in der Hoffnung auf einen Bluffer-Schnappschuss in die Reihe, denn die Farmerin erklärt, dass man sich dem Geparden nur einzeln und von vorne nähern sollte. Die Undiszipliniertheit der Holländer verdirbt alles, denn von allen Seiten kommen die alten Schreckschrauben angeschlichen, so dass die Gepardin eingeschüchtert das Weite sucht und sich nicht mehr zum Fototermin bewegen lässt. Meine Frau scheint nicht böse, dass ich der Raubkatze nicht zu nahe gekommen bin.

Gegen Abend machen wir uns, bewaffnet mit einem gekühlten Drink, auf den Weg zu den Köcherbäumen, die sich direkt auf dem Farmgelände befinden. Ohne lästige Touristenschar ist es ein Genuss im Licht der tiefstehenden Sonne zwischen diesen faszinierenden Bäumen, die eigentlich Aloe-Pflanzen sind, herumzulaufen, den lustigen Klippschliefern zuzusehen und gemütlich den mitgebrachten Sunddowner zu schlürfen. Einzigartig wird die Stimmung, als die untergehende Sonne den Wald in ein surreales Abendrot taucht. So haben wir uns die Abende in Afrika erhofft.

Sonnenuntergang im Köcherbaumwald

Wir treffen auf ein anderes einsames Pärchen und reiben uns die Augen, denn es sind just die beiden, mit denen wir in Windhoek das Auto getauscht haben. Natürlich gibt es ein großes Hallo und wir tauschen die ersten Erlebnisse aus. Nach einem leckeren Dinner mit fantastischem Kudu-Gulasch, das uns die Farmersfamilie auftischt, gehen wir früh schlafen. Bald schon stellen wir fest, dass das Moskitonetz nicht zu Unrecht da hängt. Nach kurzem Gefecht mit einigen der blutrünstigen Biestern und dem Test unserer Insektenschutzmittel ( Schweizer „Anti-Brumm“ kontra namibianisches „Perfect Sleep“) verbringen wir dann aber doch eine einigermaßen ruhige Nacht.

12.09. - Tag 4 Keetmannshoop - Fish River

Das Frühstück bei der Familie Nolte/Gariganus fällt ebenso üppig aus, wie das Dinner. Die Unterkunft können wir wirklich nur weiterempfehlen. Heute steht ein relativ kurzer Reiseabschnitt zum Fish River Canyon auf dem Programm. Zunächst müssen wir nochmal in die „Downtown“ von Keetmannshoop in den Supermarkt. Dort lerne ich wieder etwas Neues über die Verhältnisse m südlichen Afrika. Als ich das Auto abstelle, kommen ein paar flippig aussehende Schwarze auf mich zu, winken und deuten auf ihre Augen. Verwirrt und mißtrauisch parke ich lieber ums nächste Eck und bleibe sitzen, bis Miriam die Einkäufe erledigt hat. Erst später wird mir klar, dass dies kein Angriff einer kriminellen Jugendgang war, sondern dass hier junge Burschen dem Touristen anbieten, für ein paar Dollar auf das Auto aufzupassen, wenn man es verlässt.
Die ersten 50 km genießen wir nochmals den Asphalt, ehe wir bei Seeheim in Richtung Fish River Canyon abbiegen. Die Piste C12 untermauert die Aussagen über die gut befahrbaren namibianischen Schotterstrassen allerdings nicht gerade. Bald schon lernen wir die sogenannten Wellblechpassagen, runde Querrillen in der Fahrbahn, hassen, weil das Gerumpel und Geschüttel jegliche Unterhaltung empfindlich stören. Davon gibt es hier viele, besonders in Senken der ausgetrocknete Flussläufe, die immer wieder die Straße kreuzen. Die Landschaft ist karg und staubig. Erst kurz vor dem Fish River Canyon Park wird es bewachsener und wir sehen in Form von Springböcken und Oryx-Antilopen die ersten Wildtiere unserer Tour. Wir checken im Canyon Roadhouse ein, einer liebevoll mit alten Schrottautos samt Zubehör dekorierten Lodge, direkt an der Hauptpiste. Dann rumpeln wir noch den restlichen Weg bis zum Fish River Canyon, wo man uns einen happigen Obulus von 170 $ Eintritt abnimmt. Am Hauptaussichtspunkt sind wir am Spätnachmittag absolut die einzigen Besucher. Der Blick auf die Schlaufe der spektakulären Schlucht, die die Fish River in Millionen Jahren gegraben hat, ist zugegebenermaßen gigantisch und grandios. Aber der Canyon ist halt nur der zweitgrößte seiner Art und da wir beide den Grand Canyon schon kennen, ist der Boooah-Effekt nicht ganz so ausgeprägt. Die weitere Befahrung der Aussichtsstrecke schenken wir uns dann, weil die Straßenqualität noch weiter nachlässt. Nach einem kleinen Sonnenbad am Pool des Canyon Roadhouse nehmen wir das Abendessen im Restaurant der Lodge ein. Dieses ist wirklich eine Attraktion, denn es ist praktisch in eine Werkstatthalle integriert, in der Oldtimer und nostalgische Accessoires aus der Pionierzeit des Automobils in interessanter Weise arrangiert sind. Das Essen ( Springbock für mich und Kürbisgemüse für Miri ) schmeckt ausgesprochen lecker. Wieder eine verhältnismäßig preisgünstige Unterkunft, von der wir nur Gutes berichten können, sieht man mal von einer etwas mufflig riechenden Brühe ab, die in einem Loch im Garten vor sich her fault.

Canyon Roadhouse
Fortsetzung folgt ->
Anhang:
Letzte Änderung: 16 Nov 2010 17:47 von Cheesy.
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08 Okt 2010 14:03 #158391
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  • peter 08 am 08 Okt 2010 14:03
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Schöner Bericht, Jürgen.

Ist das tatsächlich so, bayerische Volksmusik bei Air Namibia :huh:
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08 Okt 2010 14:08 #158392
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Definitiv, zumindest bei unseren Flügen ( vielleicht wegen Oktoberfest ?). Wildecker herzbuben und das Kufsteinlied waren auf jeden Fall dabei.
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08 Okt 2010 14:44 #158394
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Hallo Jürgen,

bitte weiter schreiben, schöner Bericht.
Bayrische Volksmusik bei Air Namibia haben wir "genossen" ....

Petra
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10 Okt 2010 12:26 #158513
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nächste Charge - sorry für das Gestückel, aber Zeitmangel.....

13.09. Tag 5...Fish-River - Aus

Gleiche Strecken doppelt zu befahren ist öde. Deshalb atmen wir auf, als wir die 90 km nach Seeheim auf der üblen Piste wieder hinter uns gebracht haben. Unser Gefährt gleitet nun wieder ruhig auf Asphalt Richtung Westen. Ganz so ruhig doch nicht, denn der Wind pfeift in Böen ganz schön heftig und ich muss das Steuer teilweise kräftig in die Hand nehmen. Schon am frühen Nachmittag erreichen wir das Städtchen Aus. Wie fast alle Touristen, die hier Station machen, logieren wir im Klein Aus Vista Komplex, genauer gesagt im Desert Horse Inn. Eine Anzahl schmucker kleiner Doppelhäuschen schmiegt sich idyllisch an den Hang.

Desert Horse Inn im Klein Aus Vista

Wir werden freundlich mit einem kühlen Saft begrüßt und bekommen dann den hintersten Bungalow zugewiesen. Demgemäß ignoriere ich die Aufforderung, das Auto nach dem Ausladen wieder auf den großen Parkplatz zu fahren geflissentlich. Nun stellt sich die Frage, ob wir die 120 km nach Lüderitz an diesem Nachmittag noch als Zusatztrip abreißen wollen. Da die für mich interessanteste Attraktion, das Diamentensperrgebiet Kolmanskoppe nur vormittags zu besichtigen ist, entscheiden uns dann doch für ein Mittagsschläfchen und einen beschaulichen Nachmittag. Immerhin fahren wir noch einige Kilometer nach Westen, um uns die berühmten Namib-Wildpferde anzusehen, von denen einige 100 in der Gegend von Garub grasen sollen. Wir sehen sie auch schon von der Straße aus und müssen nur ein paar hundert Meter in die Pampa fahren, um ein oder zwei kleinere Herden beobachten zu können. Über die Abstammung dieser Tiere gibt es verschiedene Theorien. Echte Wildtiere sind sie jedenfalls nicht, egal ob die Urahnen einstmals der kolonialen Schutztruppe oder irgendeiner Pferdefarm entlaufen sind. Aber sie haben gelernt, sich der kargen Umgebung anzupassen und bieten einen friedlichen zufriedenen Eindruck. Eindruck schinden, werden wir daheim mit Pferdefotos aus Namibia freilich nicht. In einem Anfall von Unternehmungslust schlage ich eine kleine Abendwanderung in den Sonnenuntergang vor, die in einem Infoblatt der Lodge beschrieben ist. Der Rundweg führt vom angeschlossenen Campingplatz ca. eine Stunde durch die umliegenden Aus-Berge. Allerdings tippeln wir bereits über 20 Minuten bis zum malerisch gelegenen Campground, wo wir die abenteuerlichen Dachzeltkonstruktionen bewundern. Da unser Zeitplan somit ins Wanken geraten ist, vergessen wir die Rundtour und schreiten nur ein paar Minuten in die schöne Berglandschaft hinein und wieder zurück., zumal auch der Sonnenuntergang im Felskessel nicht so wirklich spektakulär zu werden scheint. Trotzdem ein schöner Abendspaziergang, dem ein wiederum außerordentlich leckeres Dinner mit Shrimps, Oryx-Fleisch und Mousse au Chocolat folgt.

14.09. - Tag 6...Aus - Sossuvlei

Wie überall in unseren namibianischen Lodges werden wir mit einem üppigen Frühstück bewirtet- Kurzer Einkaufs- und Tankstopp im etwas abseits der B4 gelegenen Aus, dann biegen wir ab in die Piste, die uns Richtung Namib-Wüste führt. Irgendwie hat dieses Abbiegen einen eigenartigen Einfluß auf das Gemüt, denn mit dem Wissen, jetzt eine Zeitlang nur noch auf Schotter abseits von Asphaltstraßen herumzufahren, erfasst einem eine Mischung von Abenteuerlust und Unbehagen. Wechselhaft präsentieren sich auch die Pisten. Fürchterlichen Holperabschnitten, auf denen man sich mit bescheidener Geschwindigkeit begnügen muss, folgen unvermittelt wunderbar harte ebene Sequenzen, die eine Geschwindigkeit von annähernd 100 km/h erlauben. Im großen und Ganzen gehöre ich aber zu den gemäßigt agierenden Fahrern und werde desöfteren von schonungslos über Stock und Stein bretternden Gefährten überholt. Und das sind nicht nur einheimische Pistenkenner, sondern auch Touris in teilweise normalen PKW, bei denen es offenbar völlig schnurz ist, dass Sie sich in einem gemieteten Fahrzeug fortbewegen, dem man eine gewisse Sorgfalt zuteil werden lassen sollte. Vielen Autos begegnen wir allerdings nicht, zum Glück, denn jede Staubwolke lässt wieder eine Schicht feinsten Sandes in unseren Innenraum dringen. Dennoch gefällt uns die Fahrt, denn die Landschaft entlang der Tirasberge ist durchaus sehr ansprechend.


Kurz vor Helmeringhausen biegen wir von der C14 links ab auf die C27 Richtung Sesriem. Nach knapp 100 km zweigt eine weitere Piste zum Schloss Duwisib an, aber wir entscheiden uns, auf diesen Abstecher zu verzichten. Der nächste Zwischenstopp, gleichzeitig Mittagsrast, ist nun wirklich in the middle of nowhere in Wereldend ( ob das übersetzt Weltende heisst ?), das praktisch nur aus einer Tankstelle mit Reifenservice besteht. Vielen Reisende mit einer Panne mag diese öde Station schon als Paradies erschienen sein. Wir nutzen die kleine Sitzgruppe unter einem Baum, um unser typisches Mittagsmenu Kekse und Obst zu verzehren. Gestärkt gehen wir in die zweite Halbetappe nach Sesriem. Auf der Durchfahrt durch den Namib Rand Naturpark entdecken wir eine riesige Pferdeherde, die sich beim Näherkommen als Zebras entpuppen. Das gibt einem doch sofort wieder ein Gefühl von Afrika. In Sesriem angekommen sind wir nicht unglücklich, dass wir uns– verstaubt wie wir sind – den Luxus der Sossuvlei Lodge gönnen dürfen. Knufflig sind die Unterkünfte, die aus einem gemauerten Teil mit Eingang und Bad sowie einem gut ausgestatteten Schlafzelt + Freisitz bestehen und direkt am Rande der Savanne liegen. Begrüßungsdrink, freie Coffee-Lounge und ein hübscher erfrischender Pool lassen uns den Restnachmittag genießen. Der Empfehlung der Rezeption folgend fahre ich noch schnell die 200 m zum Eingang des Sossuvlei Parks und besorge mir das Permit, um am nächsten Morgen nicht lange anstehen zu müssen. Dabei sorge ich für unfreiwilliges Spektakel, denn beim Aussteigen geht plötzlich die Alarmanlage meines Kia los. Mehrere Minuten lang unterhalte ich die Umstehenden mit meinen verzweifelten Versuchen, das Ding abzustellen. Irgendwie gelingt es mir zum Glück dann doch. Nach dem abendlichen Duschen relaxen wir vor dem Dinner noch ein wenig auf unserer Terrasse. Da wir die eiine ganz außen liegende Unterkunft haben, lümmeln wir uns sehr legèr in Unterwäsche herum und schauen schön dumm, als plötzlich scharenweise andere Gäste mit Kamera bewaffnet an uns vorbei schlendern. Eine freundliche Dame weist uns auf den bevorstehenden Sonnenuntergang hin, der von hier offenbar besonders schön zu sehen ist. Das können wir nur bestätigen, denn als wir uns angezogen, Fernglas und Fotoapparat geholt und uns nur 20 m weiter in die Pampa bewegt haben, erleben wir einen der wunderbarsten Sunsets nicht nur dieser Reise. Dinner findet in der Sossuvlei Lodge auf der Terrasse mit Blick auf ein Wasserloch statt und ist ein echtes Highlight. Man kann sich verschiedenste Fleischsorten, darunter alle gängigen einheimischen, direkt am Buffet brutzeln lassen. Heute versuchen wir mal Zebra und witzeln ( a la Hummeldumm-Peppi Gruber ), dass heute offenbar nur Fleisch von den dunklen Streifen angeboten wird. Obwohl Zebra von allen lokalen Fleischarten am wenigsten zart schmeckt, überesse ich mich und muss für den Rest des Abends und am folgenden Tag mit Verdauungsproblemen kämpfen. Zurück im Zimmer und schon im Bett liegend machen wir Bekanntschaft mit der in verschiedenen Lodges üblichen Praxis, dass abends nochmals Housekeeper ungefragt eindringen und das Zimmer in Ordnung bringen wollen. Begleitet von den Nachtgeräuschen der Savanne schlafen wir bald ein, um für das frühe Aufstehen am nächsten Tag gerüstet zu sein.
Anhang:
Letzte Änderung: 16 Nov 2010 17:50 von Cheesy.
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11 Okt 2010 08:06 #158588
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  • MartinGroth am 11 Okt 2010 08:06
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Findus2009 schrieb:
Bayrische Volksmusik bei Air Namibia haben wir "genossen" ....

Wir auch! :X
Wir haben bei einem Attendant auch gemault, er hat uns als "Wiedergutmachung" einen dreifachen Sundowner gebracht.
War aber auch zu gruselig...

Herzliche Grüße
Martin
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