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THEMA: Zwei Wochen als "Namibia-Ersttäter" - Reisebericht
08 Okt 2009 10:40 #117051
  • wuestenfuchs
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  • wuestenfuchs am 08 Okt 2009 10:40
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Einleitend möchte ich mich jetzt schon entschuldigen, falls die einzelnen Kapitel "stockend" nachgeliefert werden, aber ich möchte nunmal hie und dort ein Foto anhängen, und die Sortierung der 2.300 Bilder (inkl. Bearbeitung der besten) wird noch dauern... Nun denn, auf zum Bericht:

20.9.
Etwas nervös machen wir uns auf dem Weg zum Wiener Westbahnhof - hoffentlich ist nichts vergessen (stimmte auch, zumindest fast). Wegen dem knappen Anschlussflug in München haben wir uns entschieden, mit dem Zug von Wien nach München zu fahren. Bis Linz "fliegt" unser Railjet fast lautlos dahin, doch dann steigen seltsame Gestalten zu: In Lederhosen, mit geröteter Nase und sich fest an Bierdosen klammernd. Ach du Schande, es ist ja Oktoberfest in München - wer denkt denn an sowas, wenn er eine Namibia-Reise plant?

In München wird das Gepäck im Schließfach auf dem Bahnhof verstaut und wir spazieren in der Stadt ein wenig herum, gehen eine Kleinigkeit essen und trinken einen Kaffee. Nach drei Stunden haben wir eine ausgewachsene Dirndl- und Lederhosen-Allergie und "flüchten" in die S-Bahn Richtung Flughafen.

Nachdem unsere Sitzplätze bereits gebucht sind, brauchen wir uns nicht beeilen, verlaufen uns dann doch auf dem großen Flughafen (wenn ihr den Wiener Flughafen kennt, wisst ihr um den Größenunterschied), schaffen dann doch noch alles - selbst meine Fototasche darf mit, obwohl ich daneben auch einen kleinen Rucksack als Handgepäck mitführe. Beim Gate dann die Spannung: werden sie da sein, werden wir sie erkennen? Ich habe im Vorfeld mit Janet aus dem Forum gemailt, sie fliegen mit dem selben Flieger und kurzerhand haben wir uns dazu entschlossen, den ersten Abend in Windhoek bei Joe's zu verbringen. Und tatsächlich: an einem Rucksack baumelt ein rosa Plüschschwein - das "Erkennungszeichen". Rasch kommen wir mit Janet und Heiko ins Gespräch und finden sie auf Anhieb sympathisch. Dann wird unser Flug AB1676 aufgerufen. Namibia, wir kommen!

21.09.
Ich kann in Flugzeugen nicht schlafen, deshalb sind Langstreckenflüge eine Qual für mich. Das Service bei Air Berlin mag ganz gut gewesen sein, aber die durchwachte Nacht lässt mich müde in die afrikanische Luft hinausblinzeln. Der erste Eindruck vom "Hosea Kutako International Airport": klein, sauber, aufgeräumt. Doch unseren Fahrer, der uns nach Windhoek bringen sollte, suchen wir vergebens. Plötzlich werde ich von einem der anderen (fast ausschließlich schwarzen) Fahrer angesprochen. Ich lege meinen Argwohn (man hat uns im Vorfeld gewarnt, dass manche Taxifahrer gerne mal erzählen, der eigentliche Fahrer würde nicht kommen, um so Touristen eine teure Fahrt nach WHK aufzuschwatzen) beiseite und zeige ihm unseren Voucher. Er scheint sich auszukennen, beginnt zu telefonieren und sagt dann, dass unser Fahrer Verspätung hat, weil die Gäste, die er zum Flughafen bringen musste, nicht am Abholort waren. Auch kein Problem, bleibt wenigstens Zeit zum Geldwechseln und ATM-Bargeld-Entlocken: dass ich aus dem ATM auf dem Flughafen südafrikanische Rand bekommen habe, merke ich es später - ist aber in Namibia bekanntlich kein Problem. Janet und Heiko sind schon weg, aber wir haben ja mit ihnen ausgemacht uns um 19:00 Uhr bei Joe's zu treffen.

Endlich taucht unser Fahrer auf, verärgert über seine vorherigen Fahrgäste, die lieber gemütlich frühstücken gegangen sind, anstatt sich zum vereinbarten Zeitpunkt abholen zu lassen. Flugs das Gepäck verstaut und ab nach Windhoek! Auf der Fahrt bekommen wir die ersten Eindrücke vom Land: gelbe Grasfelder, dazwischen immer wieder Bäume und Büsche - und eine tadellose Asphaltstraße. Plötzlich wird unser Van langsamer, der Fahrer deutet zum Grasstreifen neben der Straße: Paviane! Rudelweise stehen sie herum und begaffen die vorbeihuschenden Autos. Trotz Müdigkeit müssen wir laut lachen, als wir zweier kopulierender Paviane ansichtig werden: Sie scheinen nicht so recht bei der Sache zu sein, weil sie lieber den Autoverkehr bestaunen, anstatt sich ihrer eigentlichen "Tätigkeit" zuzuwenden. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass wir im weiteren Verlauf unserer Reise nie wieder Pavianen begegnen würden.

Endlich im Hotel. Über das Kalahari Sands habe ich schon manch eine böse Meinung gehört, der Gesamteindruck stimmt positiv: mitten auf der Independence Avenue, gut ausgestattet, und es funktionieren sogar zwei der drei Aufzüge, der dritte wird gerade modernisiert. Die Gänge und Zimmer versprühen ein wenig den "Glanz vergangener Zeiten", doch es ist alles sauber, die Räume nicht zu knapp dimensioniert und die Aussicht auf die "Hauptstraße" Windhoeks aus dem Fenster ist toll!

Über den restlichen Tag gibt es wenig zu berichten, weil wir beide vom langen Flug ziemlich "geschlaucht" sind: ein kurzer Spaziergang auf der Independence Ave. geht sich dennoch aus, in einem Cafe neben dem Uhrturm essen wir zu Mittag und entdecken auch per Zufall gleich mal den Meteoritenbrunnen. Wasser wird flaschen- und kanisterweise besorgt, um für die Reise erste Vorräte anzukaufen. Was uns gleich auffällt, ist die sichtbare Präsenz von Wachleuten - nicht nur auf Parkplätzen, sondern auch vor Geschäften, Hotels und ATMs. Sicherheitsgefühl mischt sich mit mulmigen Überlegungen: Ist denn das alles notwendig, muss es sonst schlimm sein (ist nicht ganz so gewesen, wie wir später noch merken sollten). Dann siegt die Müdigkeit und wir dösen einige Nachmittagsstunden.

Am Abend bestellen wir uns über die Rezeption ein Taxi, das uns zu Joe's fährt. Janet und Heiko sind schon da, müde aber glücklich, da ihre Wagenübernahme glatt über die Bühne gegangen ist. Die Tischreservierung über Mail hat tadellos geklappt, wir staunen über die Dekoration, finden die Atmosphäre genial. Das Service finden wir schon weniger toll: es soll der erste Eindruck dessen sein, das jemand mit dem Spruch "Gott hat den Europäern die Uhr gegeben - und den Afrikanern die Zeit" so treffend beschrieben hat. Das Essen schmeckt aber lecker, und da wir die "alten Zeiten" nicht kennen, finden wir auch die Portionen ausreichend. Angeregt plaudern wir vier den ganzen Abend, müssen uns aber am Ende des Tages doch schon wieder verabschieden: Janet und Heiko sind für drei Wochen da, fahren am nächsten Tag bereits los Richtung Süden - für uns passt Lüderitz aber nicht in unser knappes zwei Wochen-Zeitbudget...

Auf der Taxifahrt zurück ins Hotel stellen wir fest, dass es sehr schade ist, dass wir getrennte Wege fahren müssen, fanden wir Janet und Heiko doch sympathisch und lustig. Dann, vor dem Hotel: Der Taxifahrer hat nicht genug Kleingeld, er kann mir nur 10 N$ weniger geben. Doch auf dem Beifahrersitz ein "blinder Passagier": Eine der Rezeptionistinnen des Kalahari Sands (offenbar die Freundin des Fahrers), deren Dienst gerade beginnt und die sich offenbar von ihrem Freund zum Dienstort hat chauffieren lassen. Sie sagt, es sei alles kein Problem, und tatsächlich: kaum sind wir im Zimmer, klopft es an der Tür: Die Dame von der Rezeption, mit den fehlenden 10 N$ in der Hand!

Immer noch müde vom Flug (und von den vielen neuen Eindrücken fallen wir ins Bett.

[Fortsetzung folgt]
Gruss,
Viktor



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08 Okt 2009 11:05 #117055
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  • ANNICK am 08 Okt 2009 11:05
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Hallo Wüstenfuchs,

Deine Reise hat ja schon sehr nett begonnen.

Zum Glück hat Janet Ihre Spinnen Zuhause gelassen! :P

Freue mich schon auf die Fortsetzung.

Es grüsst
Annick
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09 Okt 2009 11:04 #117176
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  • wuestenfuchs am 08 Okt 2009 10:40
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22.9.
Ein guter Tag beginnt mit dem besseren Frühstück: Wir sind zu hungrig, um auf den Aufzug zu warten (ja, beim abwärts fahren kann es mal dauern) und gehen die sieben Stockwerke die Treppe hinunter, um etwas zu futtern. Das Frühstücksbuffet des Kalahari Sands enttäuscht uns nicht: riesige Auswahl, alles seeehr lecker. Mit vollem Bauch übernimmt man auch den Wagen viel lieber oder nicht?

Der Fahrer von KEA wartet bereits, pünktlich geht es zum Stadtdepot. Dort angekommen muss erstmals Papierkram erledigt werden. Viele Formulare sind auszufüllen und einige Vertragszusätze zu unterschreiben. Eindringlich werden wir belehrt, was bei Unfällen mit Wildtieren zu tun und zu lassen ist: "Never load the animal! Whatever you do: do not load the animal!" Wir können ein Schmunzeln nicht unterdrücken (der aufs Dach geschnallte Unfall-Elefant mit an den Rüssel gebundenem rotem Tuch - weil "überhängende Last" - sollte unser Running Gag während der gesamten Reise werden). Dann noch die Kreditkarte... Ach du Sch...ande: Habe ich doofer Sicherheitsfanatiker doch tatsächlich die Kreditkarte im Hotelsafe eingesperrt! Kein Problem: Meine Frau Sabine bekommt eine "Ehrenrunde" zum Hotel zurück, während dessen ich die restlichen Formulare ausfülle. Dann eine schlechte Nachricht: Das Auto ist noch nicht ganz übergabereif, wir könnten aber, da Mittagszeit, im Supermarkt gegenüber etwas essen gehen. Wir schlendern zu Woermann & Brock und bekommen ein für eine Supermarktküche respektables Mittagessen.

Sobald alle Papiere unterzeichnet sind, geht es zum Wagen, einem weissen (no na) Nissan Double Cab. Mein erster Gedanke: Ein bisserl größer als unsere bisherigen Mietwägen ist er schon... Der zweiter Gedanke: hoffentlich wird alles passen, optisch schauts ja ganz OK aus... Aber was ist das denn: auf die Windschutzscheibe gepinselt steht: "Don't drive - no engine oil!" Schnell erklärt der für die Wagenübergabe zuständige KEA-Mitarbeiter, weshalb: beim Wagen sei nach 15.000km ein routinemäßiger Ölwechsel fällig gewesen. Schon eilt eine Frau mit zwei Ölkanistern herbei und der Wagen wird "betankt". Ob wir denn nur zu zweit wären? Ja. Soll man das zweite Zelt abnehmen? Nein, das passt schon (mit dem Hintergedanken, dass man das vordere Zelt nehmen kann, sollte das hintere aus irgend einem Grund kaputt werden - war es allerdings nicht).

Die Übergabe dauert über zwei Stunden: Genauestens wird erklärt, wie das Zelt aufzustellen und zusammenzulegen ist. Zuerst wird vorgeführt, dann fragen wir, ob wir es selbst mal machen könnten: "No problem" ist die Antwort, und wir versuchen es selbst: mit einigen Zusatzhinweisen des freundlichen KEA-Mannes klappt es denn auch. Dann wird die Funktionsweise der "Angel-Box" (Kühlschrank) erklärt. Nun kann die Übernahme des Equipments beginnen: anhand einer Checkliste müssen wir selbst alles durchsehen und durchzählen, damit auch alles stimmt. Freilich bekommen wir dabei Hilfe seitens unseres "Übergebers" - doch er besteht darauf, dass wir alles in Augenschein nehmen. Wau, die sind hier genau, denke ich mir. Dann das "Bettzeug" - und eine Schocksekunde: Schlafsäcke seien keine dabei, die würden wir eh nicht brauchen. Doch, sage ich freundlich aber bestimmt: das war ausgemacht, und wir brauchen sie ganz sicher. Hm, mal sehen was man machen kann, lautet die Antwort. Und siehe da, ein namibisches Wunder: nach einer Viertelstunde (inzwischen übernehmen wir noch das restliche Zeug und staunen (ja, das Grillbesteck-Set ist so neu, dass es mit dem Preisetikett "plombiert" ist und Bratenmesser und -zange noch in Schutzhüllen stecken), als plötzlich VIER Schlafsäcke auftauchen, ebenfalls mit Preisetikett und fabriksneu verpackt (die sind doch dazu da benutzt zu werden - oder wollten die die im Lager verstauben lassen?). Auf zwei von ihnen verzichten wir (sollen sich noch zwei andere Touristen freuen, dass sie welche bekommen, wenn sie hartnäckig genug danach fragen), doch Geschirr und Besteck fassen wir in vierfacher Ausfertigung aus - und freuen uns Tage später darüber, weil es sich so denn doch leichter kocht. Das einzige, womit wir nicht zufrieden sind, ist der Campingtisch: Zum einen, weil er billig und schmutzig wirkt (klar, der bekommt mächtig viel Staub ab während der Fahrt), und zum anderen weil es sperrig aufzustellen und zu verstauen ist (das nicht ganz leichte und klobige Dinge muss unter das hintere Zelt geschoben werden - Über-Kopf-Heben für Hobbygewichtheber quasi). Die Stühle sind umso besser und sehen eigentlich auch recht neu aus.

Zuletzt wird das Auto selbst auf Herz und Nieren geprüft. Hier bin ich in meinem Element, und der KEA-Mitarbeiter staunt etwas: "You are very exact, my friend." No na, ich weiss schon, dass er seine Mittagspause wegen uns verschieben muss, aber ich will nicht aus Schlampigkeit bei der Übernahme irgendwann auf dem Pad liegen bleiben. Die Reifen sind ok, Ersatzreifen, Wagenheber & Co. ebenfalls, auch Licht und Blinker werden in Augenschein genommen.

Dann, nach zweieinhalb Stunden (es ist mittlerweile Nachmittag) ist der Wagen übernommen und wir verlassen das KEA-Depot. Unsere Fahrt ist kurz: einmal über die Straße zum Supermarkt. Wir kaufen Proviant für unterwegs (v.a. VIEL Wasser) und machen unsere erste Begegnung mit einem "Car Watcher". Ganz diensteifrig kümmert er sich um den Einkaufswagen und hilft auch beim Beladen. Thank you und Trinkgeld sind ihm gewiss.

Unterwegs zum Kalahari Sands wundern wir uns noch ein wenig, wie es manche Leute schaffen können, nach einem Nachtflug den Wagen zu übernehmen und am selben Tag noch aus Windhoek abzufahren. Wir sind jedenfalls glücklich, noch eine zweite Nacht hier zu bleiben und morgen ausgeruht und frisch zu unserer Fahrt aufzubrechen.

Zurück im Hotel wollen wir noch ein Abenteuer wagen: Internet! Doch müssen wir entdecken, dass in Windhoek um fünf nachmittags die Gehsteige hochgeklappt werden: You want to go into the Internet? Sorry, we're closing now. Klar, ist auch erst Viertel vor fünf... Ausserdem werden wir auf der Straße (zum ersten und letzten Mal wärend der Reise) recht aufdringlich von Kindern angebettelt und kehren lieber ins Hotel zurück: Da gibts ja doch ein "Business Center". Klar, nur "internet is very slow". How slow? Very slow. Am Abend versuchen wirs noch einmal, schlagen die Warnung der Hotelangestellten in den Wind, drücken ihr die 30 N$ für eine halbe Stunde in die Hand und... schaffen es tatsächlich in 30 Minuten nicht, auch nur ein einziges Mail zu schreiben!

Verärgert über unser Internet-Desaster halten wir uns am Dinner-Buffet des Kalahari Sands schadlos uns schlemmen geschätzte vier bis sechs Gänge, bis ein zarter Druck von innen auf die Haut in der Bauchgegend mahnt, dass es langsam genug wäre. Na gut, dann ab ins Bett, morgen geht es richtig los!

[Fortsetzung folgt nächste Woche]
Gruss,
Viktor



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20 Okt 2009 11:45 #118179
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  • wuestenfuchs am 08 Okt 2009 10:40
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[Immer noch keine Fotos, bin noch am Sortieren und Nachbearbeiten, schreibe trotzdem einmal weiter:]

23.9.
Wir wachen recht früh auf und fühlen uns endlich erholt - der lange Flug ist endlich "verdaut". Verdauen müssen unsere Mägen auch heftig, weil wir zum Abschied noch einmal am Frühstücksbuffet des Kalahari Sands beherzt zulangen.

Da ich die erste Strecke fahre, werfe ich mal meine "eingebaute Navi" an: Karte anschauen, Blick aus dem Hotelfenster, Instinkte hochfahren - und los gehts. Schnell ist der Weg aus der Stadt hinaus Richtung Rehoboth gefunden. Die Straße ist geteert und bequem zu fahren, es bleibt ausreichend Zeit, den Blick durch die Landschaft schweifen zu lassen. An der Polizeikontrolle an der B1 dann eine seltsame Szene: die Polizistin plaudert kurz mit uns "how are you my dear?" (die Augenbrauen meiner auf dem Beifahrersitz sitzenden Frau schnellen etwas in die Höhe), fragt mich dann, ob ich eine 100-Rand-Note wechseln kann. Was solls, denke ich, dann ist es schlimmstenfalls die erste "Blüte", die ich von einer Polizistin "angedreht" bekomme und wechsle das Geld, das sie verstohlen einsteckt - damit die Kollegen nicht komisch gucken, wie sie meint.

[Den Geldschein gaben wir bald wieder aus. Entweder war es eine ganz normale 100-ZAR-Note, oder wir hatten Glück und konnten die "Blüte" loswerden. Ich tippe auf Ersteres: Vor uns fuhr ein LKW, mit dessen Fahrer sie sich länger unterhalten hat. Gab ihr der Brummifahrer Bestechungsgeld, das sie lieber gleich in kleine Scheine gewechselt haben wollte?]

Weiter geht es auf der B1 und wir staunen über die Rastplätze links und rechts der Straße, die genauso aussehen, wie sie auf den Verkehrsschildern abgebildet sind: ein Baum mit breiter Krone, darunter ein Tisch und zwei Bänke. Das Linksfahren klappt einwandfrei, die Selbstsicherheit beim Fahren wird mit jedem Kilometer größer. Bald passieren wir Rehoboth und biegen kurz danach von der B1 ab: Teer ade!

Jetzt reissen wir die Klappe auf. Nein, nicht die zum Reden: gemeint sind die beiden Druckklappen seitlich auf dem Canopy. So soll verhindert werden, dass durch das hinter dem Auto entstehenden Vakuum der aufgewirbelte Staub in den Laderaum gesogen wird. Die zwei kleinen Klappen sollten uns während der gesamten Reise vor Staub schützen (bis auf eine Ausnahme, dazu später).

Auffällig gut ist die Beschilderung der Straßen: selbst wenn "nur" zwei Schotterstraßen aufeinander treffen, ist stets die Nummer der Straße und die nächste Ortschaft angeschrieben. So werden wir während unserer gesamten Reise vor ungewollten Umwegen verschont. Die einzige Ausnahme sollte sich ausgerechnet an diesem ersten "Fahrtag" ergeben: Den Hinweisschildern folgend (nach Nauchas) fahren wir, kommen dabei irgendwie von der C24 ab und fahren einen (gefühlt) kurzen Umweg. Doch auch egal: wir sind voll betankt, die heutige Etappe ist nicht allzu lang, wir haben Zeit. So bleiben wir auch stehen, um einen besonders großen "Webervogelnest-Plattenbau" zu fotografieren. Wir ahnen noch nicht, dass wir noch bessere Gelegenheiten dazu haben werden. Doch die Umstellung von Analog-SLR auf D-SLR lässt mich etwas verschwenderisch mit dem Speicherplatz umgehen... Die Landschaft ist faszinierend: hohes, gelben Gras wird vom Wind gekräuselt, dazwischen Büsche und Bäume, und überall Webervogelnester, sogar auf Strommasten.

Irgendwann ist auch Nauchas erreicht und wir sehen die Abzweigung: Spreetshoogte Pass, für LKW mit Anhänger verboten - irgendwie haben wir den Eindruck, man würde den Pass als besonders gefährlich präsentieren... Doch dorthin fahren wir erst morgen, unser heutiges Ziel liegt noch vor dem Pass: Namibgrens Guest Farm.

Von einem kleinen Farmhund zunächst bekläfft (klar, der kleine Racker hat ja auch die Aufgabe, Neuankömmlinge zu melden), machen wir bald Bekanntschaft mit dem Farmbesitzer, der uns den Weg zum Buschcamp erklärt. Kleinigkeiten (zB Braai-Holz)gäbe es auch auf der Farm zu kaufen, wir sollen nur Bescheid geben, wenn wir etwas brauchen. Ab fünf könnten wir auch duschen - perfekt!

In einem kleinen Talkessel erreichen wir (nach etwa 2km Fahrt) unseren Stellplatz. Die "Nachbarn" (es gibt noch keine) wären sehr weit weg, man hat also sehr viel Privatsphäre und kann gut relaxen. Für heissts allerdings zunächst, das erste Mal Zelt aufbauen ohne KEA-Hilfe. Auch kein Problem, nach fünf Minuten steht das Zelt. Nachdem wir etwas müde sind und die Ruhe auf uns wirken lassen wollen, beschließen wir heute nicht mehr großartig viel zu unternehmen. Wir kochen uns lediglich etwas für den Abend (die toll ausgestaltete Braai-Stelle lassen wir diesmal ungenutzt), bestaunen die schön in die Landschaft integrierten und keine Wünsche offen lassenden Annehmlichkeiten unseres Platzes und finden es witzig, dass wir beim Geschirrabwaschen den unterhalb des Stellplatzes gepflanzten Fikus bewässern (dorthin wird der Abfluss hingeleitet). Besonders das "Freiluft-WC" mit Spülkasten und Waschbecken sowie die ebenso ausgestaltete Dusche finden unseren Gefallen.

Der Farmbesitzer stattet uns einen kurzen Besuch ab: Er fährt mit seinem Geländewagen, daneben läuft der kleine furchtlose Hund, der sich allerdings nicht mehr für uns interessiert: wir sind keine Eindringlinge, also schnuppert er lieber im Busch herum. Er fragt, ob wir noch etwas bräuchten. Wir lehnen dankend ab: gegessen haben wir, und etwas betäubt von der Stille - ich habe kaum geglaubt, dass es so etwas gibt, aber tatsächlich - wollen wir die Natur auf uns wirken lassen:

Die Sonne geht langsam unter, wir sitzen da und lassen es auf uns wirken, wie der Tag langsam zu Ende geht und die Nacht beginnt. Dann ab ins Zelt - morgen gehts schließlich weiter!

[Fortsetzung und Bilder folgen!]
Gruss,
Viktor



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22 Okt 2009 10:33 #118334
  • Bobo
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  • Bobo am 22 Okt 2009 10:33
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Hallo Wüstenfuchs,

..bin schon ganz gespannt wie es weitergeht..vor allem mit der Fahrt des Spreetshoogte Pass...
Wir landen kommenden Montag in Windhoek und wollen dann Dienstag den Spreetshoogte oder den Gamsberg Pass fahren ??...

Gruß
Bobo
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22 Okt 2009 11:44 #118343
  • janet
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  • janet am 22 Okt 2009 11:44
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Hallo Viktor,

Respekt, ihr fangt schon mit dem Reisebericht an, und dann noch so schön geschrieben! Man meint fast man wäre dabei, naja wir warens ja zumindest Tag 1+2 ;)

Ich fands auch sehr schade dass sich usnere Wege so schnell getrennt haben, ich bin sicher wir hätten noch den ein oder anderen superlustigen Tag zu viert dort verbringen können.

Liebe Grüsse an Sabine und ich freue mich schon auf eure Fortsetzung!

janet (& der bettlägrige Heiko)^^
Reisebericht: 3 Wochen Namibia 2009 - "suchen und finden *g*"

Reisebericht Sao Tomé 2011

Diskutiere niemals mit einem Idioten. Er zieht dich auf sein Niveau herab und schlägt dich dort durch Erfahrung!
Letzte Änderung: 22 Okt 2009 11:44 von janet.
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