THEMA: Digital Nomad in Khaudum
18 Mai 2024 18:48 #687374
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  • CarstenS am 18 Mai 2024 18:48
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Samstag 18. Mai
Nach der ganzen Fahrerei gestern war heute ein ruhiger Tag. Bis 7:00 ausgeschlafen. Wir haben den ganzen Tag am Baobab verbracht, nur zum Bezahlen sind wir kurz zum Buschmanndorf gefahren.
Morgens habe ich zahlreiche Emails geschrieben. An der Forschungsstation gibt es soziale Unruhe, ein Konflikt zwischen dem Stationsmanager und einer neuen Forschungsassistentin. Nicht ganz unerwartet. Sie ist deutlich älter, sicher 10 Jahre mehr, und hat eine sehr direkte Persönlichkeit, will immer Reden und alles hinterfragen. Mal sehen, ob, wie lange das gutgeht.
Lindelani hat den ganzen Tag an ihren Daten gearbeitet. Ich habe nachmittags den Artikel über Buschkarooratten für die BAG fertig geschrieben, redigiert, und Fotos herausgesucht, und dann gleich abgeschickt.
Am Camp sahen wir die Papageien und Baumhörnchen, aber keinen Glanzsichelkopf. Zum Essen gab es ein ganzes Hähnchen (also die Hälfte davon), dass ich drei Stunden lang durchgegrillt habe, und Pap.





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19 Mai 2024 10:15 #687382
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Wenn ich die Fotos von Lindelani mit Mütze und umgewickeltem Schlafsack sehe, denke ich, dass es in Afrika auch nicht wärmer ist als im Moment am Comersee. So kalt wie in diesem Jahr hatten wir es hier noch nie. Auf den Bergen Richtung Norden liegt noch dick Schnee. Beweisfoto anbei.


Danke für deine Berichterstattung, sehr interessant! Was ist das Besondere an den Buschkarooratten, dass darüber intensiv geforscht wird?

Pfingstliche Grüße
freshy
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19 Mai 2024 13:40 #687387
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freshy schrieb:
Wenn ich die Fotos von Lindelani mit Mütze und umgewickeltem Schlafsack sehe, denke ich, dass es in Afrika auch nicht wärmer ist als im Moment am Comersee. So kalt wie in diesem Jahr hatten wir es hier noch nie. Auf den Bergen Richtung Norden liegt noch dick Schnee. Beweisfoto anbei.


Danke für deine Berichterstattung, sehr interessant! Was ist das Besondere an den Buschkarooratten, dass darüber intensiv geforscht wird?

Pfingstliche Grüße
freshy
Morgens ist er hier schon frisch, nicht viel mehr als 10 Grad.
Aber Lindelani ist inzwschen so die Hitze von Springbok gewöhnt, dass sie noch bei 30 Grad einen Pulli anzieht :laugh: :cheer:

Das Buschkaroorattenprojekt ist hier beschrieben: www.stripedmouse.com/bush-karoo-rat.html

Ich füge hier mal die deutsche Zusammenfassung des BAG Artikels ein:

"Einzelgänger mit großer Burg: Die Buschkarooratte Otomys unisulcatus aus Südafrika

Die Buschkarooratte aus den Halbwüsten Südafrikas baut große Burgen aus Ästen, die Schutz vor extremen Wetter und vor Raubfeinden bieten. Diese Stockburgen können über Jahrzehnte von vielen Generationen benutzt werden. Dabei ist die Buschkarooratte ein Einzelgänger und lebt solitär. Und doch ist sie nicht unsozial. Tatsächlich vererben Mütter ihre Burgen häufig schon zu Lebzeiten, und sie sind gegenüber ihrem ausgezogenen Nachwuchs, der alleine in einer Burg in der Nachbarschaft lebt, sehr tolerant. Freilandstudien an der Buschkarooratte - durchgeführt von Lindelani Makuya von der University of the Witwatersrand - revolutionieren gerade unser Verständnis von solitären Kleinsäugern."
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Gestern 16:25 #687434
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  • CarstenS am 18 Mai 2024 18:48
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mahango schrieb:
Hallo Carsten,
die Hippos waren in einem der permanenten Wasserlöchern, keine Baobabs im Umfeld. Genauere Beschreibung kann ich spontan leider nicht geben...
Über Gam sind wir bisher nicht gefahren, das passte nie zu unseren Routen.
Im Buschmannland begeistern uns insbesondere die Nyae Nyae pans, das Nhoma Safari Camp als Standort. Leider ist Tsumkwe und der dortige general dealer mittlerweile ziemlich abschreckend, wir erlebten ganz agressive Bettelei der Buschmänner/frauen, der Alkoholmissbrauch scheint ein ganz großes Problem darzustellen.
Sehnsüchtige Grüße von
mahango

Hallo Mahango,
den Hippo Pool haben wir noch gefunden, siehe nächsten Tagebucheintrag.

Probleme mit Armut und Alkohol und Bettler gab es in Tsumkwe immer. Welchen Eindruck man bekommt, hängt wohl vom Tag und dessen Kleinigkeiten ab. (Z.B. Springbok, wo ich arbeite, ist sehr friedlich mit kaum Kriminaliät, nicht mehr, als in einer deutschen Kleinstadt. Lasse dort das Auto auch offen stehen mit Laptop auf dem Rücksitzt. Aber hier hat mir ein Tourist erzählt, es wäre ganz schrecklich gewesen, als er da war, mit Bettelei, und er hätte sich gar nicht sicher gefühlt. Das war sein kurzes Erlebnis, das sicher weniger Aussagekräftig ist, als meine gut 20 Jahre dort).

Ich war das erste Mal vor gut 20 Jahren in Tsumkwe, und habe es schlimmer in Erinnerung. Der Shop bei der Tankstelle ist inzwischen viel besser bestückt und sauber, und mit einem zweiten Shop im Ort (noch besser bestückt) gibt es endlich auch Konkurrenz und dadurch niedrigere Preise. Auch dass es inzwischen eine kleine Bäckerei gibt, ist für die Bewohner sicher ein großer Vorteil. Alles in allem sind die Probleme nicht verschwunden, aber ich denke, es hat sich in den letzten 20 Jahren viel verbessert, auch ein bisschen für die Buschmänner.
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Gestern 17:22 #687438
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Sonntag 19. Mai
Um 7:00 losgefahren zur Gautscha Pan. Wir wollten nun wissen, was wirklich mit den Hippos passiert ist!
Kurz vor 8:00 waren wir bei dem kleinen Buschmanndorf an der Gautscha Pan. Dort erzählte man uns, alle Salzpfannen wären trocken. Die Hippos wären aber bereits vor einiger Zeit in ein anderes Wasserloch übergesiedelt, 11km von hier, in der Nähe der Nyae Nyae Pfannen. Aber nicht direkt an den Pfannen.
Also nahmen wir einen Führer und dessen Freund mit. Waren wohl mehr als 11km, denn es dauerte fast eine Stunde, bis wir da waren. Ein kleines Wasserloch von vielleicht 60x60 Meter mit 5 (anstatt der angesagten 6) Hippos. Drei Erwachsene und zwei Junge.
Es waren gerade Leute von einem Nature Conservation Trust da, die gar nicht glücklich waren, dass wir „ihren“ Hippos so nahekamen, und uns zuriefen, wir sollten weiter weg parken. Dann kam eine Frau, die deutlich freundlicher wurde, als sie unser Auto sah, und dass es von einer Forschungsstation ist







Die Hippos sind wohl um 2020 aus dem Okavangodelta hierhergekommen, irgendwie durch die Wüste. Das derzeitige Wasserloch wird mit einer Solarpumpe tagsüber gefüllt, was aber schon jetzt, zu Beginn der Trockenzeit, nicht ausreicht. Also lassen sie die Pumpe zusätzlich nachts laufen, mit einem Generator.
Einerseits schön, dass man sich so um die Hippos kümmert. Anderseits ist diese kleine Gruppe eh zum Aussterben erkoren. Nyae Nyae ist kein Hippohabitat, und nur um Inzucht zu vermeiden, bräuchte es mindestens 50 nicht miteinander verwandte Zuchttier. Die Männchen, die hier geboren werden, werden wohl irgendwann abwandern und wahrscheinlich verenden. Die Weibchen werden erfolglos darauf warten, dass ein Männchen einwandert. Das man sich um sie kümmert ist also nicht Naturschutz (Erhalt der Umwelt), sondern Tierschutz (Wohlbefinden individueller Tiere).
Immerhin wurde mir noch bestätigt, dass es in Nyae Nyae 5 Löwen gibt, in Khaudum nochmals 45, insgesamt also nicht viel mehr als 5-8 Rudel.



Um 11:00 waren wir in Tsumkwe. Unsere Führer hatten wir mitgenommen, da sie die Gelegenheit nutzen wollten, nach Tsumkwe zu kommen. Vielleicht um ihre 150 verdienten Dollar auszugeben. Wir kauften Brot und Kartoffeln plus Zwiebeln für die Arbeiter in Khaudum Camp, die kaum zu frischem Gemüse kommen. Andere Gemüse gab es nicht. Und dann fand ich erfreulicher Weise noch einen neuen Gaskocher, denn mein Aufsatz war inzwischen verdreckt und ging kaum noch, und ich hatte kein Ersatzventil dabei.
Gegen 12:00 waren wir im Living Hunter's Museum der Ju/'Hoansi-San, 40km vor Khaudum. Hier verteilten wir nochmals gebrauchte Klamotten. Den Nachmittag verbrachten wir mit Arbeiten. Lindelani war voller Freude, das letzte Problem bei der Codierung der statistischen Analysen geknackt zu haben, ich schrieb die erste grobe Fassung für The Conservation über Evolutionary Medicine.
Der Campingplatz war sehr schattig, sauber und groß. Es gibt nur zwei Plätze, wir waren aber die einzigen. Wasser gab es auch, eine Trockentoilette und Dusche mit Duscheimer, in den das warme Wasser unserer Solardusche kam. Man kann den Campingplatz also empfehlen, zumal er nur 70 Dollar pro Nacht und Nase kostet.



Wir hatten heute die traditionellen Tänze gebucht (180 Dollar pro Person). Um 18:00 wurden wir abgeholt. Eine kleine Gruppe von drei Männer und vier Frauen in traditioneller Kleidung sowie mehrere Kinder erwartete uns im traditionellen Dorf des Museums, eine Art Freilichtbühne. (Die Buschmänner wohnen ein paar hundert Meter entfernt in ihrem „modernen“ Dorf, das ehrlich gesagt sehr arm ist und traurig ausschaut. In ihrer traditionellen Kleidung sehen sie viel besser und würdevoller aus).
Es gab ein kleines Feuer und die Frauen fingen an zu singen und zu klatschen, und der junge Buschmann Xam fing an zu tanzen. Erst den Giraffentanz, mit erhobenem gebogenen Arm. Dann den Hyänentanz mit stärkerem Gestampfe und Geziehe. Dann den Elefantentanz.
Die ganze Zeit saß der Schamane, ein alter dürrer Mann, am Lagerfeuer, und versuchte, in Stimmung zu kommen für den Heiltanz. Aber irgendetwas passte ihm nicht. (Ich glaube, es waren die Smarties, die wir den Kindern aber nicht ihm gegeben hatten, denn harsch verlangte er einige von den Kindern). Schließlich hieß es, er könne heute nicht tanzen. Dafür sangen die Frauen etwas weiter und machten eine Art Tanzwettbewerb. Der Führer meinte, es wäre ähnlich dem Spiel Schere, Stein, Papier. Die Stimmung war trotz allem schön. Nach 45 Minuten (anstatt der auf dem Programm stehenden 1,5 Stunden) war es vorbei. Trotz allem ein eindrucksvolles Erlebnis.
Vor 2 Jahren hatten wir beim Dorf Djokhoe einen Heiltanz erlebt (Kosten 1000 Dollar), der dann doch schon deutlich intensiver war und mehrere Stunden dauerte. Dieser war zwar für uns gemacht, aber trotzdem ein Erlebnis für das ganze Dorf. Sehr viele Dorfbewohner waren gekommen zum Schauen und machten dann auch mit, die Stimmung war so, dass es ein Ereignis des ganzen Dorfes war, wenn auch durch uns initiiert. Das war ein großartiges Erlebnis.
Wir können aber beides empfehlen, und beides führt dazu, dass die Buschmänner ihre Kultur behalten können. Heute war es zum Beispiel sehr schön zu sehen, wie immer mehr Kinder dazu kamen, und die Tänze der Erwachsenen nachtanzten. Die Tänze werden so also an die nächste Generation weitergegeben.







Anhang:
Letzte Änderung: Gestern 17:25 von CarstenS.
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