THEMA: Wo bekomme ich hier Fleisch?
15 Apr 2008 22:25 #65227
  • Gforce
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  • Gforce am 15 Apr 2008 22:25
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;)
Für einige Tage ging es nach Talismanis, zur Mutter meiner damaligen Freundin. Talismanis liegt in „de Hoek“, einer willkürlich gezogenen Grenzlinie zu Botswana.
Mutter arbeitete an einer Schule, die durch einen Platz getrennt, direkt gegenüber den „Häusern“ der Angestellten liegt. Hinter den Häusern liegt, durch einen dürren, durchlässigen Zaun getrennt, die Weide für alle, sowie der Ort der Notdurft, für alle.
Nach einer längeren Fahrt kam endlich der Kern des kleinen weit verstreuten in Sicht. Wir hielten vor einem der beiden Supermärkte. Da ich hier der einzige Weiße im Umkreis von vielen Kilometern war, hatte ich nach all´ den Jahren mal wieder das Gefühl eines Preussen in einer Dorfgaststätte in einem Alpennebentaldorf. Da aber außer Gaffen nichts weiter passierte, besorgten wir alle nötigen Dinge, die man als Gast so mitzubringen hat. Da ich wenigstens einmal einen Potjie machen wollte, kauften wir also auch diese Dinge ein. Nur, es gab hier komischerweise kein Fleisch. Meine Begleiterin meinte, wir sollten deswegen ihre Mutter fragen.
:dry:
Doch zuerst machte wir einen Besuch beim Vater, der mit einer anderen Frau als der Mutter zusammenlebte. Er war recht nett und freundlich zu uns beiden. Er offerierte uns das übliche Bier. Nach einigen holprigen Gesprächen verabschiedeten wir uns und fuhren weiter zur Mutter.
Hier gab es ein großes Hallo, weil der Kontakt zur Tochter längere Zeit nur fernmündlich ablief. Ich ehrte die Dame mit dem nötigen Respekt. Damit sich die beiden genügend Zeit zum Austauschen aller wichtigen Neuigkeiten nehmen konnten, wollte ich mit dem Kochen beginnen. Doch da fiel mir der Fleischmangel ein. Ich fragte also die Mutter, wo ich hier Fleischbesorgen könnte. Die bedeutete mir ihr zu folgen, ging zügig zu meinem Wagen und setzte sich ganz selbstverständlich auf den Beifahrersitz. Es ging zurück, bis knapp vor die Ortschaft. Rechts abbiegen und ganz hinten tauchen zwei kleine Häuschen auf. Es ist der örtliche Bäcker. Fragend schaue ich die Dame an. Sie steigt aus und nickt mir zu. Gemeinsam gehen wir hinein. Nach kurzer Frage geht der Bäcker voraus in den Nebenraum. Hier stehen zwei Tiefkühltruhen. Aha denke ich, hier also. Der Mann öffnet die erste Truhe. Erstaunt sehe ich die blutverschmierten Innenseiten des Elektroteils. In aller Ruhe holt er zwei, drei gefrorene Fleischteile heraus und bietet diese an. Da Mutter nicht so recht zufrieden ist, öffnet er auch die andere Truhe. Deren Innenleben sieht genauso aus. Wieder kramt er gefrorenes Fleisch heraus. Nach einigem hin und her entscheidet sich Mutter, welches Teil es sein soll. Eigentlich sollten wir das Fleisch unverpackt mitnehmen. Doch der gute Bäcker gab uns letztlich noch eine Plastiktüte in das wir es packen konnten. Danach fing er an, die ausgepackten Teile handschuhlos wieder in die Tiefkühltruhen zu verstauen.
:whistle:
Während nun die Damen nebst den Nachbarinnen genügend Zeit zum durchhecheln der Neuigkeiten hatten, machte ich mich über den Potji her. Nach vielem Schnippeln und Rühren, immer wieder durch herbeigebrachtem Gerstensaft unterbrochen, schmeckte es recht gut. Den ersten Teller bekam die Mutter. Mit unbestimmter Miene und mir unverständlicher Sprache aß sie ganz ruhig alles auf. Der zweite Teller entlockte ihr ein Grinsen. Mir ging es gut. Dass der Potji in knapp 10 Minuten alle war sei nur am Rande erwähnt. Klar doch, dass alle Nachbarinnen auch am Verhungern waren. Das Lob bekam ich später.
Beim Einbruch der Dunkelheit rief uns die Schule herüber. Dort sollte morgen ein Fest stattfinden. Doch wenn schon alles steht, dann kann man ja auch schon einen Tag früher üben. Fette Bässe aus einer zu kleinen Anlage ließen fast jedes Gespräch ersterben, doch nur für mich. Man stellte mich rundum vor, was natürlich für die Menschen toll war, endlich mal einen shirumbu (Weißen) anfassen zu können. Kinder brüllten meistens los, wenn sie mich sahen, aber nach einer geraumen Zeit und wenn sie gar mit meinen Haaren spielen durften, war dieser Teil der Lärmattacke meist vorüber.
Mutter hatte sich auf den Besuch eingestellt. Im Vorgarten stand ein Zelt für uns bereit. Nachdem sich die Schule in ihren Normalzustand verwandelt hatte, verabschiedeten wir uns und gingen schlafen.
Am nächsten Morgen begann mein Problem. Sollte ich auf die Notdurftweide, oder lieber suchen, wo es etwas weniger belebt ist? Nach einiger Zeit benutzte ich die Weide, immer das Gefühl im Hinterkopf, das halbe Dorf ist mit dabei!
:)
De Hoek hatte mir noch einiges zu bieten. Nahebei dem Örtchen gab es einen ehemaligen deutschen Grenzposten, Familienmitglieder wurden mir oder ich ihnen vorgestellt. Eine kleine Tradition hatte auch Einzug gehalten. Wir drei, Mutter, Tochter und ich sind die folgenden Abende in das einzige „Restaurant“ gefahren, um dort zu Essen und zu Trinken. Außerdem spielt der Sohn der Besitzerin dort ansprechende Musik. Die Speisen waren einfach. Es gab Hähnchenteile, Currys und Rindfleisch. Doch die Wandlungsfähigkeit der Restaurantchefin erstaunte mich am dritten Abend. Als wir ankamen servierte uns deren Tochter kurze Zeit später einen Teller mit kostenlosen (!!!) Vorspeisenhäppchen. Die waren richtig gut gemacht und schmeckten ganz prima. Ich erinnere mich an gegrillte Sardinen, gegrillte Drumsticks, andere Grillteile und alles serviert mit etwas Gemüse mit einer lekkeren Sauce.
Ebenfalls an diesem Abend wollten die örtlichen Jungens endlich mal zeigen, wer hier in Talismanis das Sagen hat. Während wir beim Tanzen waren, drangen 5-6 Boys in das Etablissement. Der Sohn an der Musikanlage war der erste, der begriffe, worum es ging. Er warnte erst seine Mutter und die Schwester, dann begannen die Rangeleien. Sie wollten ja eigentlich nur mir zeigen, dass dieser Ort ihr Gebiet ist. Doch, da sie sich nicht ausdrücken konnten, versuchten sie mich rauszuholen. Nach einiger Zeit wurde es wieder ruhig und wir tranken alle zusammen Bier und alles war gut!
Talismanis in de Hoek.

ae
:silly:
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