Fotografisch ist das Wrack ansprechend. Mit Langzeitbelichtung und interessanten Perspektiven kannst du dich da durchaus eine Weile austoben. Wenn das nicht so ein Ding ist, könnt Ihr euch den Weg sparen.
Die Verkäufer sind keineswegs ein Grund die Flucht zu ergreifen. Da das Thema omnipräsent zu sein scheint, zitiere ich mal meinen Reiseblog zu dem Thema:
Am nächsten Morgen fuhren wir frohen Mutes Richtung Erongo-Gebirge ab. Wir fuhren zunächst die Küste entlang Richtung Henties Bay bevor uns der Weg dann quer durch die Wüste, vorbei an der Spitzkoppe, zum Erongo führte.
Vor Henties Bay liegt noch ein Schiffswrack nahe der Küste, das in einem guten Zustand ist und nun als Kormoran-Nistplatz dient.
Wir bogen am Wrack der „Zeila“ von der Strasse ab und sahen einige Menschen in zwei Gruppen in den Dünen um ein Feuer sitzen.
Das Wetter war an der Küste wieder rau. Kaum waren wir abgebogen, standen mehrere dieser Personen auf und näherten sich uns – es waren Verkäufer die auf Touristen warteten. Ihre Ware bestand aus diversen Steinen. Zumeist Halbedelsteine, gelegentlich poliert, ansonsten als Rohsteine in einer grossen Pappschachtel dargeboten.
„Hey Boss, we are not criminals, we just want to show you some beautiful stones“, begrüssten uns die Jungs.
Zwei junge Männer und eine ältere Frau standen vor uns und schauten uns erwartungsvoll an. Guido packte sein Stativ aus, montierte seine Filter und antwortete ihnen dass er zunächst fotografieren möchte und dann wiederkomme.
Guido hielt sich länger an dem Strand auf und während er fotografierte, kamen weitere fünf Autos mit Touristen den Weg hinauf gefahren. Während er mit Langzeitbelichtungen fotografierte, beobachtete er das Geschehen und wurde traurig. Ausnahmslos alle Touristen reagierten sehr harsch. Manche drohten mit der Körpersprache, andere flüchteten – die Partner blieben bei laufendem Motor in den Autos sitzen – allzeit bereit den ausgestiegenen Partner „zu retten“.
Die Fotografierenden stiegen meist schnell aus, entfernten sich wenige Meter vom Auto, sahen sich dabei ständig links und rechts um, führten schnell die Kamera vors Auge und „klack“ war das Bild im Kasten.
Millisekunden später sassen sie wieder im Auto, den Kopf noch schüttelnd beim einsteigen und schwupp waren sie bereits wieder weg.
Wir nahmen ihnen das Verhalten nicht übel aber es machte uns dennoch traurig. Wir wissen auf Grund unseren eigenen Recherchen, dass man beim lesen so mancher Afrika-Foren den Eindruck gewinnen kann, das hinter jeder Ecke böse Buben lauern. Wenn man diesem Thema zuviel Raum gibt, entsteht eine „Touristen-Blase“. Ein Raum, der es niemandem mehr ermöglicht, mit einem guten Gefühl und mit Neugierde Menschen kennenzulernen.
Unser Instinkt funktioniert, wenn wir es zulassen. Diese Menschen hier waren sicher keine cleveren Marketing-Spezialisten – sie fanden es bspw. total witzig, auf dem Strand vor dem Wrack aus Seehundknochen menschliche Skelette zu formen. Der Anführer der Drei, ein junger Mann von etwa Ende Zwanzig, gluckste laut, als er Guido stolz erzählte dass sie das gebaut haben.
Guido interessierte sich für sie und sie unterhielten sich sicher noch zwanzig Minuten lang. Ihre Familien leben im Norden des Landes und sie versuchen nichts anderes als irgendwie Geld zu verdienen um diese Familien durchzubringen.
Je länger sie miteinander sprachen, desto fröhlicher und ausgelassener wurde der Anführer. Sie lachten und Guido hatte das Gefühl, sie unterstützen zu wollen.
„Schatzi, komm doch bitte mal – such doch bitte einen Stein aus der dir gefällt. Hier in dieser Pappschachtel liegt irgendwo unser neuer Sprechstein.“ – Wir hatten im Vorfeld der Reise überlegt, wie wir mit Konflikten zwischen uns umgehen sollen. Das Leben auf 4 qm für 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ist ja nicht immer lustig. Was machen wir, wenn wir Meinungsverschiedenheiten haben? Wie können wir Eskalationen vermeiden?
Wir entschieden uns für einen Sprechstein – Im Falle eines ernsteren Konflktes, darf nur derjenige sprechen, der den Sprechstein in der Hand hält. Der Andere hört zu und sagt nichts bis er den Stein bekommt. Auf die Art vermeiden wir, dass sich Situationen aufschaukeln und wir uns ins Wort fallen, was dem Konflikt neue Nahrung gibt. Wir glauben, dass wir auf diese Art schnell auf die sachliche Ebene zurückkehren können.
Ob das klappt, können wir am Ende der Reise sagen
Der Stein war schnell gefunden und Guido bat die Verkäufer darum, von jedem ein Portrait für seine Reihe „Faces of Africa“ machen zu dürfen.
Sie willigten sofort ein und es entstanden Portraits, wo sie ihm ihr „echtes“ Gesicht zeigten. Bevor wir fuhren, bezahlten wir den Stein und gaben ihnen jedem noch etwas extra.
Während der Fahrt zum Erongo waren wir gedankenversunken und still. Dinge sind wie sie sind und es ist nicht so recht möglich herauszuarbeiten wer da welche Verantwortung trägt. Klar gibt es kriminelle Gruppen, die Autos ausbremsen, Scheiben einschlagen, Wertsachen stehlen und verstörte Touristen zurücklassen. Auf der anderen Seite gibt es Touristen die sich fast schon hysterisch in so etwas hineinsteigern und hinter jeder Ecke schlimme Dinge vermuten. Für sie ist quasi jeder Weg zwischen zwei Destinationen ein gefährliches Abenteuer.
Wir hoffen dass sich das irgendwie entwirrt, den nach unseren Erlebnissen ist Namibia nicht anders als andere Orte dieser Welt und welche Qualität haben denn Ferien, wenn die Neugierde auf die Menschen, die Kultur und das Land von Ängsten und Sorgen überschattet wird?