Maputo schrieb:
Was mir langsam an der ganzen "Diskussion" zu denken gibt, ist, dass es nur eine Meinung geben darf. Wissenschaftliche Debatten sind weitgehend unerwünscht.
Es stimmt schon, dass die Darstellung etwas einseitig ist. Der "offene Brief" von irgendeiner bräsigen Tante oder irgendwelches Zeug vom regelmäßig krude Verschwörungstheorien verbreitenden KenFM kann aber auch nicht ernsthaft Diskussionsgrundlage sein.
Maputo schrieb:
Er benutzt die offiziellen Zahlen des RKI, stellt aber die Methodik der Auswertung des RKI in Frage...
"Von der fehlenden wissenschaftlichen Begründung der Corona-Maßnahmen"
www.heise.de/tp/feat...09563.html?seite=all Im Thread zum flexiblen Reisen hatte ich ja schon vor 4 Wochen geschrieben, dass es zu dem Zeitpunkt in Deutschland bei den Fallzahlen kein exponentielles Wachstum mehr gab und bin dafür teilweise angegriffen worden. Mittlerweile ist es wohl Konsens.
Es ist auch nicht völlig auszuschließen, dass man zukünftig mit mehr Wissen rückblickend zu der Einschätzung kommt, dass ergriffene Maßnahmen gegen die Verbreitung des neuen Corona-Virus übertrieben und in der Wirkung auf die Wirtschaft unnötig desaströs waren. Mit dem, was man bisher wusste, halte ich diese Maßnahmen aber trotzdem für richtig.
Relativierungsversuche zum Beispiel mit Verweis auf Malaria-Tote gehen ins Leere. 2018 gab es weltweit 405.000 Malaria-Tote. Wir haben trotz massiver Maßnahmen in knapp 2 Monaten weltweit mehr als 200.000 Corona-Tote. Es ist mathematisch nicht zu anspruchsvoll, dann zu der Erkenntnis zu kommen, dass wir ohne Gegenmaßnahmen sehr wahrscheinlich weit mehr Tote durch Corona als durch Malaria produziert hätten. Dann kommt als Gegenargument sicher gleich, dass einiger dieser Corona-Toten ja nur mit dem und nicht durch das Virus gestorben sind. Stimmt wahrscheinlich. Ganz sicher wissen wir aber auch, dass in vielen Ländern viele Corona-Tote gar nicht gezählt werden, weil nicht jeder Tote standardmäßig getetest wird.
Eigentlich bin ich immer Pessimist. In Bezug auf die zukünftigen Entwicklungen rund um Corona finde ich aber viele Prognosen zu negativ. Prognosen bestehen im Moment vor allem darin, den Ist-Zustand in die Zukunft fortzuschreiben. Reisen geht jetzt nicht, also geht es auch im Sommer nicht. So wird es aber garantiert nicht laufen. Es wird gravierende Fortschritt geben und dann wird man die Lage neu beurteilen.
Jetzt wird es für einige besonders langweilig, aber einen Aspekt möchte ich noch ausführen. Viele südeuropäische Länder kotzen wahrscheinlich gerade ab, das ausgerechnet das so gern besserwisserische Deutschland nun anscheinend besonders gut durch die Krise kommt. Aber wir haben schlicht Glück gehabt. Nach allen Statistiken und Metriken vor der Krise musste man zu dem Schluss kommen, dass wir mit Krankenhaus-/Intensivbetten überversorgt sind und da mehr Geld als andere ausgeben, ohne dass das zu messbar mehr Gesundheit führt. Weil die deutsche Politik in so vielen Bereichen inaktiv ist, war man noch nicht vorangekommen, den Sektor zu reformieren und effizienter auszugestalten. Jetzt in Corona-Zeiten war die Überversorgung eine glückliche Fügung.
Genau so bei den Finanzen. Wenn Deutschland sich zu Negativzinsen verschulden kann und gleichzeitig Brücken, Schulen, ... mithin wichtige Infrastruktur zerbröseln, dann war die "Schwarze Null" schon lange nicht mehr rational zu rechtfertigen. Die CDU hat das aber mit einigem Popanz vor sich her getragen, als wäre das ein Wert an sich. Nun in der Corona-Krise ein glücklicher Umstand: Deutschland hat mehr finanzielle Spielräume als andere Länder.
Aber es besteht jetzt nicht der geringste Grund für Auslegungen wie "Siehste, Deutschland lag schon immer richtig und hat es besser gewusst." Es ist ja nicht so, dass Deutschland schon immer für eine Corona-Pandemie geplant hätte. Die Rahmenbedingungen haben sich unerwartet gravierend geändert. Damit haben sich auch Bewertungskriterien massiv verschoben. Was bisher Überkapazitäten im Krankenhaus waren, sind nun wertvolle Reservekapazitäten. Zufällig sind wir da nun auf einigen Gebieten große Gewinner. Auf anderen Feldern sind wir dafür auch Verlierer. Zum Beispiel legt Corona noch mehr offen, wie sehr wir bei der Digitalisierung in vielen Bereichen hinterher hinken.