tacitus schrieb:
In den Medien liest man, dass Kenya sich nicht unbedingt über- aber volkswirtschaftlich schlecht verschuldet hat
Kenia hat eine Verschuldung von 68-69% zum BIP. Das erscheint für europäische Verhältnisse moderat, aber für ein Entwicklungsland ist das sehr viel. Es ist exakt dasselbe Level wie in Südafrika, aber Südafrika hat eine deutlich diversifiziertere Wirtschaft, hat eine breite industrielle Basis. Deshalb wiegen die 68-69% Schulden Kenias schwerer. Beide Länder haben bei den 3 großen Ratingagenturen ein Junkrating, aber das von Kenia ist noch mal schlechter. Zurecht.
Wenn Straßen, Schienen oder größere Gebäude in Kenia zu bauen sind, dann könnte vieles davon von Baufirmen aus Kenia gebaut werden. Straßen- oder Schienenbau ist keine Raketenwissenschaft. Aber Kenia hat kein Geld und kommt wegen des schlechten Ratings nicht mehr an günstige Kredite. Kenia kann diese Projekte also nicht finanzieren. Unternehmen aus Kenia bekommen auch keine großen Kredite. Und dann gehen die Aufträge immer an die Chinesen, denn die bieten mit einer chinesischen Staatsbank im Rücken Bau und Finanzierung aus einer Hand. Und damit haben sie dann so ziemlich alle Aufträge. Gleiches gilt für Uganda und andere Länder.
China hat die Stärke, den Willen und die Skrupellosigkeit seine Ansprüche später durchzusetzen. Kreditaufschub u.a. gibt es für politische Gefälligkeiten, z.B. dass die gegenüber China verschuldeten Staaten in internationalen Gremien und Organisationen so abstimmen, wie es China will. Der Westen hat darauf keine Antwort, kein Gegenmodell.
Neben den offensichtlichen Effekten gibt es weitere Auswirkungen. Wenn China etwas baut, dann sind alle höheren Aufgaben bei dem Projekt von Chinesen besetzt und für Locals bleiben nur Hilfsjobs. Das behindert dann die Entstehung einer Mittelschicht in afrikanischen Ländern.
Es ist aber auch nicht zwingend immer alles schlecht an China in Afrika. Die afrikanischen Länder brauchen eine bessere Infrastruktur, um sich entwickeln zu können. Manchmal kann es besser sein, eine neue Straße oder Schiene mit dem problematischen Partner China zu errichten, als sie sonst eben gar nicht errichten zu können. Auf der anderen Seite stehen zum Teil Schulden und Abhängigkeiten für sinnlose Dinge. Man muss sich z.B. nur mal die überdimensionierten und überkandidelten Bahnhöfe in Mtito Andei oder Voi angucken - effektiv an einer eingleisigen Bahnstrecke für 4 Züge am Tag.
Grüße
Noch als Nachtrag: Das ist der Bahnhof von Mtito Andei - ein Ort mit ca. 5.000 Einwohnern.
Andere Bahnhöfe sehen so aus. Nichts davon passt architektonisch ins Land. Nichts ist passend dimensioniert. Das sind einfach nur teure Bauweisen für Missverständnisse moderne Architektur.