eine wirklich interessante Diskussion.
Ich bin zwar kein "Reiseleiter" fahre aber hier und da mit Gästen, die sich für "andere Lebensumstände" interessieren durch Katutura bzw. die Erweiterungsgebiete. Dort, in den sog. Extensions (z.B. Babylon, Onguryangava, Greenwell Matango etc.) trifft man i.ü. die Umstände an, von denen Friedel schreibt, diese seien in "derDamara- und Hererolocation" anzutreffen.
Sieht man vereinzelt grössere Bustouren durch das Gebiet fahren, so könnte man schon versucht sein, der Argumentation des "Zurschaustellens der Armut" zu folgen. Dieser Umstand resultiert aber meines Erachtens hauptsächlich aus dem Umstand, dass eher selten Luxusbusse durch die Strassen Katuturas fahren, was auf den ersten Blick doch ein wenig befremdlich wirkt. Stellt man sich die ganze Situation z.B. in Barcellona auf der La Rambla vor, wo "gaffende Businsassen" dem Treiben auf dem Strassenmärkten zusehen, hat keiner der Bewohner dort oder sonstwo in Europa ein Problem damit.
Wer oder was auch immer "zur Schau gestellt" bzw. angeschaut wird ist zunächst einmal betrachtenswert.
Ich habe eigentlich so gut wie immer das Gefühl und sehe es an der freundlichen Reaktion der Bewohner, dass man sich im Grunde eher freut, "beachtet" zu werden, wenn sich jemand für die Lebens- und Wohnumstände, ja für die Kultur interessiert. Sicherlich mag der eine oder andere eher verwundert dreinblicken, wenn ein Kleinbus mit weißen Insassen an ihm vorbeifährt. Wütende oder beschämte Blicke, wie man nach Friedels Erläuterungen vermuten würde haben wir jedenfalls noch nie "geerntet". Nicht einmal nachdem wir einen Weg durch einen Demonstrationszug von SWAPO- Anhängern vor der Wahl "bahnen" mussten.
Eine unserer früheren Angestellten lebt jetzt in einer Blechhütte in Onguryangava Ext.1, die sie von einer Tante geerbt hat. Sie arbeitet im Moment an drei relativ gut bezahlten Arbeitsstellen in Windhoek und könnte sich sehrwohl eine andere Bleibe leisten. Auf meine Frage, warum sie denn nicht in ein festes Haus umzieht, hat sie mir mal geantwortet, sie fühle sich da, wo sie lebt wohl. Dies sei ihr kleines Reich, überschaubar und sie liebe das geschäftige Treiben, die vielen Kontakte, ihre Nachbarn.
Ich denke wir haben das hohe Maß an Zufriedenheit der Menschen hier, die Gabe sich auch an einfachen Dingen noch erfreuen können einfach zu akzeptieren.
Wir haben auch Dinge einfach "stehen zu lassen" und müssen nicht alles mit unseren westlichen Wertvorstellungen vergleichen.
Dann verändert sich sicherlich auch der bestimmt von den Beobachteten erkannte Blickwinkel, die Perspektive, aus der wir diese Lebensumstände betrachten. Und dann kann man sich erst auf das Einlassen, was man als Aussenstehender, als jemand aus einer gänzlich anderen Kultur stammender sich manchmal so sehnlichst wünscht. Dazuzugehören, das zu verstehen und mitzuerleben was man sieht.
Touren, wie Face-to-face sind dazu natürlich sehr gut geeignet. Aber auch "Bwana Möhles" Touren vermitteln einen sehr sehr guten Einblick in die Lebenskultur des pulsierenden Stadtteils und laden dazu ein "dabei zu sein".
Im übrigen würde ich behaupten,gleichen die Regelümstände Katuturas durchaus derer die in Gesamtnamibia vorzufindenden sind, insbesondere der in den Gebieten nördlich der Etoscha.
Ralph