THEMA: Die Hochzeit des Prinzen
18 Jan 2008 18:01 #57844
  • Gforce
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  • Gforce am 18 Jan 2008 18:01
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:)

Bei einem namhaften Herrenausstatter in der Independence Avenue lernte ich eines Tages einen der Angestellten näher kennen, der sich später als ein Herero Prinz vorstellte. Im Laufe der Zeit und nach mehreren Gesprächen bat er mich, als Fotograf seine Hochzeit zu begleiten. Ich stimmte dem zu, da ich noch nie bei einer Herero Hochzeit dabei sein durfte.

An dem besagten Tag fuhr ich nach Otjimbingwe, wo die Feierlichkeiten stattfinden sollten. Dort angekommen, musste ich mich erst mal orientieren, wo wer war und was als nächstes passieren sollte. Der Bräutigam fand mich und bot mir einen schattigen Ehrensitz unter einem Baum an. Dort verbrachte ich geraume Zeit im Kreis von anderen Hererosprachigen Gästen. Mir bot sich eine, für das ungeübte Auge, wuselnde Gemeinschaft, die aber nach Geschlechtern geteilt zu sein schien. Nicht weit von meinem Platz entfernt war der Schlachtplatz, wo einige Rinder und Schafe teils lebend, teils schon zerlegt zu sehen waren. Über das gesamte Areal verteilt brodelten große Dreibein-Töpfe, voll mit Teilen der schon geschlachteten Tiere. Fein gekleidete Damen und Herren waren im Einsatz, um den vielen Anwesenden Gutes zu tun.

Am späteren Nachmittag sah ich den Hochzeiter mit seinem Vater auf mich zukommen. Der Vater ergriff das Wort, stellte sich mir vor und bat mich, von nun an die beiden zu begleiten und jederzeit meine Kameras bereit zu halten. Der Vater würde mir zur rechten Zeit bedeuten, nun Fotos zu machen. Ich stimmte dem zu und wir gingen langsam auf das Haus der Brauteltern zu. Der Bräutigam musste ab sofort schweigen und das Reden seinem Vater zu überlassen. Am Gartenzaun des Hauses angekommen, öffnete er das Tor. Ab hier ging der Einzug in das Haus der Brauteltern nur noch kniend voran. Also Vater, Prinz und ich, alle fein gekleidet, auf die Knie, um dann langsam und unter leisem Rufen in der Herero Sprache in das Haus zu rutschen. Der Eingangsbereich war gleichzeitig das Wohnzimmer, in dem sich die Eltern, sowie einige weibliche Familienangehörige befanden. Der Vater des Bräutigams richtete seine Worte nun mit leiser Stimme an die Eltern der Braut. Er pries seinen Sohn an, erklärte ihnen dessen Vorzüge und vergaß die Nachteile zu benennen. Das Ganze ging endlos hin und her. Mir schmerzten meine Knie. Auf ein mir nicht erkennbares Zeichen hin, kam eine der Brautjungfern zu mir und führte mich in das spezielle Brautgemach. In diesem Fall handelte es sich um das Schlafzimmer, wo die Braut in ihrem schönen Kleid in einer abdeckbaren Ecke kauerte. Auf ihrem Kopf befand sich, als Zeichen ihrer und der Familie Fruchtbarkeit, ein Fettlappen. Als sie mich sah, lüftete sie ihren Schleier und ließ sich lächelnd von mir ablichten. Dadurch hatte ich die Gelegenheit, die Braut an ihrem Ehrentag leibhaftig zu sehen. Ein Privileg, das dem Bräutigam verwehrt blieb. Er darf seine Zukünftige erst zwei Tage später erblicken. Als ich in den Wohnbereich zurückkam, war die Vorstellung des Brautvaters gerade vorbei. Es wurden nun alkoholische Getränke an die männlichen Teilnehmer gereicht. Das Besiegelte das Einverständnis der Brauteltern mit dem Vater des Bräutigams. In normaler Lautstärke wurde noch ein wenig geplaudert. Anschließend zogen wir drei uns diskret auf Knien rutschend, wieder aus dem Haus zurück.

Verstaubt, verknittert, aber zufrieden gelangten wir an den Rastplatz. Jetzt fing auch der Hochzeiter wieder an zu reden. Er benannte eine Gruppe von Leuten, sich um das leibliche Wohl der Eingeladenen zu kümmern. Ich bekam ein gekochtes Rippenstück, was mir ganz gut schmeckte.

Eine Woche später besuchte ich meinen „Auftraggeber“ mit der Ausbeute von Fotos der Feierlichkeiten. Er freute sich sehr darüber und wollte sie seiner Frau vorstellen, mit der er schon seit zwei Jahren in einer gemeinsame Wohnung lebte. Ich bat ihn, sie von mir zu Grüßen.

;)
ae
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