8.Tag (Fr. 28.12.2018)
Namibrand Familiy Hideout
21km
Nachts hat der Wind nachgelassen und als wir aufstehen ist es fast windstill. Noch vor Sonnenaufgang werden wir von Andrew zu einem Education Walk durch die Dünen abgeholt. Der hat sich voll gelohnt und ich kann den Walk nur empfehlen. Wir lernen viel über das Ökosystem der Namib im Allgemeinen und im Namibrand Reserve im Speziellen. Gemeinsam lesen wir die Spuren der Nacht
Der Sand hat noch eine angenehme Temperatur und so verschwinden die Schuhe für den Rest der Wanderung im Rucksack.
Das auffälligste Tier im Namibrand Reserve ist ganz klar der Oryx, von denen es hier jede Menge Exemplare zu sehen gibt. Auch über diese Tiere können wir noch einiges Neues lernen. Jetzt wissen wir zum Beispiel woran man als Jäger, der den Spuren eines Oryx folgt, erkennen kann, ob es sich um einen Bullen oder eine Kuh handelt und ob es ein altes oder junges Tier ist.
Während die Bullen beim kötteln anhalten und somit alle Droppings auf einem Haufen liegen, gehen die Weibchen einfach weiter und verteilen ihre Hinterlassenschaften in der Fläche. Alte Oryx fangen an zu schlurfen. Man sieht vom Hufabdruck aus eine Schleifspur im Sand, da sie die Hufe nicht mehr richtig anheben und die Hufspitze durch den Sand ziehen.
Interessant sind auch die Informationen über den Kameldorn. Dieser Baum prägt die Landschaft des Namibrand Reserves ganz besonders. Die Wurzeln reichen bis zu 60m in die Tiefe und dehnen sich im gleichen Maße auch horizontal aus. Um zu keimen benötigen die Samen über einen Zeitraum von rund 40 Tagen ein gewisses Maß an Feuchtigkeit. Durch die zunehmende Dürre fehlen solche Perioden hier im Reserve schon seit langem und so gibt es seit mehreren Jahrzehnten keine neuen Schösslinge des Kameldorns in der Region. Damit der Kameldorn hier nicht ausstirbt, hat man im Namibrand Reserve jetzt mit der künstlichen Aufforstung dieser Bäume begonnen.
Da es im Namibrand Reserve keine Termiten gibt, sieht man auch noch die Skelette von Kameldornbäumen, die bereits vor Jahrzehnten abgestorben sind.
Noch während wir unterwegs sind, setzt der Sandsturm wieder ein. Bis zum Mittag befinden wir uns in einem Sandstrahlgebläse, dem wir nicht entkommen können. Selten hat ein Frühstück so zwischen den Zähnen geknirscht und wir sehen aus wie paniert.
Da möchte man gerne mal zwischendurch duschen, aber damit haben wir leider ein kleines Problem. Ausgerechnet in der Dusche funktioniert das kalte Wasser nicht. An allen anderen Wasserhähnen funktioniert es. Zu einer anderen Jahreszeit könnte man das ignorieren, aber jetzt im Sommer ist das mittels Sonnenkollektoren erzeugte Warmwasser kochend heiß. Da bleibt nur eine Eimerdusche am Wasserhahn im Freien, nachdem der Wind endlich nachgelassen hat.
Auch unsere Campsite wird im Übrigen von einem mächtigen Kameldorn beschattet.
Am frühen Nachmittag lässt dann der Sturm endlich nach und wir können endlich die Ruhe und Einsamkeit dieser wunderschönen Campsite genießen. Die Temperaturen sind deutlich angenehmer als im KTP.
Jetzt verlassen auch die Tiere die Plätze an denen sie Schutz vor dem Sturm gesucht haben und es setzt ein richtiger Run auf unser Wasserloch ein. Über Stunden folgt eine Gruppe Oryx der anderen. So lange und intensiv haben wir Oryx noch nie beobachten können. So wissen wir jetzt auch, was für Laute Oryx von sich geben, bzw. dass sie überhaupt Laute von sich geben. Bislang hatten wir diese Antilopen immer nur sehr still erlebt. Jetzt erlebten wir aber, wie ein Bulle hinter einer Kuh her war und sich dabei ganz ähnlich anhörte, wie ein röhrender Hirsch.
Vereinzelt kamen auch Springböcke vorbei und auch von Vögeln war das Wasserloch gut besucht. Zum fotografieren der Vögel war mir das Wasserloch aber zu weit entfernt, bzw. konnte ich mich nicht aufraffen meinen bequemen Schattenplatz unter dem Kameldorn zu verlassen.
Am Abend fahren wir noch die Selfdrive-Runde, welche durch eine traumhafte Halbwüstenlandschaft führt. Über den Bergen im Hinterland haben sich im Laufe des Tages beeindruckende Gewitterwolken gebildet und es sieht so aus, als würde es dort jetzt kräftig regnen. Andrew hatte bei unserer Wanderung auch gesagt, dass dort in den Bergen noch genug Regen fallen würde, um erfolgreich Landwirtschaft betreiben zu können.
Die Strecke ist einfach zu fahren. Nur zweimal müssen Dünenpassagen bewältigt werden und die stellen auch keine große Herausforderung dar.
Die zweite Dünenquerung ist kurz vor Ende der Runde und wir beschließen hier den Sundowner zu zelebrieren. Leider verschwindet die Sonne schon früh hinter den Bergen, noch bevor sich der Himmel abendlich färbt.
Zurück auf der Campsite setzt wieder der Wind ein und wir sehen eine Wand aus Sand auf uns zukommen. Zum Glück handelt es sich nur um eine einzelne gewaltige Böe, denn danach ist gleich wieder Ruhe. Der Sand in der Luft sorgt dann noch für ein ganz besonderes Licht, bevor es dunkel wird.
Das Abendessen können wir heute bei Windstille genießen und werden dabei vom Wetterleuchten über den Bergen im Osten unterhalten.
Wirklich schade, dass unser Aufenthalt hier auf der Campsite des Namibrand Family Hideout so unter dem Sturm gelitten hat. Selbst so hat es uns noch sehr gut gefallen, aber bei guten Wetterbedingungen ist das sicher eine der schönsten Campsites im Bereich der Namib. Das ausgerechnet das kalte Wasser in der Dusche nicht ging war Pech und wäre unter anderen Bedingungen sicher nicht so nachteilig gewesen, wie ausgerechnet bei unserem Aufenthalt.
Mit Andrew hatten wir einen sehr angenehmen und kompetenten Guide.