THEMA: Bizarre Landschaften und Spuren der Vergangenheit
08 Aug 2009 06:05 #111599
  • Satara
  • Sataras Avatar
  • ... missing Charly too
  • Beiträge: 89
  • Dank erhalten: 9
  • Satara am 08 Aug 2009 06:05
  • Sataras Avatar
Liebe Foriker,
anbei mein Reisebericht, den ich auf Anfrage des deutschen Reiseleiters für die Lokalpresse verfasst habe.

Viele Grüsse
Satara

Reise war im Mai 2009

Namibia
bizarre Landschaften und Spuren der Vergangenheit

Eine spannende Entdeckungsreise im Mai 2009 machte eine kleine Reisegruppe von „Arbeit und Leben (DGB/VHS) Hochtaunus“.

Die Tour führte von Windhuk aus in den Süden des Landes, vorbei an Rehoboth, einer Kleinstadt, die vorwiegend von der ethnischen Minderheit der Rehoboth-Basters bewohnt wird. Dort besuchte die Gruppe das Museum und wurde von einer resoluten Museumsführerin über die Geschichte ihrer Bevölkerungsgruppe informiert. Sie war auch weiterhin davon überzeugt, dass zur Erhaltung der kulturellen Identität, eine Vermischung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen nicht wünschenswert sei.

Die Landschaft ist abwechslungsreich und vielfältig. Sand, Dünen, Felsen, Gebirge, Steppe und Halbwüste. Am Rande der Kalahari ging es hinaus mit Geländewagen in die roten Sanddünen und mit eisgekühlten Getränken genoss man die Stimmung und beobachtete gemeinsam den Sonnenuntergang. Diese sogenannten „Sundowner“ gehören zu Afrika wie Elefanten und Löwen. Man zelebierte sie, so oft es möglich war.

Auf der Weiterfahrt in den Süden begegnete die Gruppe, ebenso wie in Windhuk, den Spuren deutscher Kolonialgeschichte. Zu den ältesten Gebäuden in verschiedenen Orten gehören immer die Kirchen, die bereits vor mehr als einhundert Jahren von der rheinischen Mission gebaut wurden.

Neben dem Köcherbaumwald (einer großen Ansammlung baumgroßer Aloen) und dem „Spielplatz der Giganten“ (einer abenteuerlichen Felsformation) ist der Fishrivercanyon die bedeutendste, weil größte Attraktion im Süden Namibias und nach dem Grand Canyon in Colorado/USA der zweitgrößte der Welt. Von dort aus ging es dann in nordwestlicher Richtung bis zur Atlantikküste nach Lüderitz, einer von dem Bremer Kaufmann Adolf von Lüderitz gegründete Ansiedlung vor ca. 120 Jahren. Der Ort ist noch sehr stark geprägt von der deutschen Kolonialzeit und alle Häuser aus dieser Zeit wurden inzwischen liebevoll restauriert und stehen unter Denkmalschutz.

Wahrzeichen der Stadt ist die evangelisch-lutherische Felsenkirche, die weit die ganze Stadt überragt. Ganz in der Nähe von Lüderitz liegt Kolmanskop, ein ehemals deutscher Ort im Diamantengebiet und heutige Geisterstadt. Sie ist heute nur Museum, da die Blütezeit der Diamantenfunde schon seit 80 Jahren vorbei ist.

Auf der Weiterfahrt in den Norden begegnete die Gruppe auch den sogenannten Wüstenpferden, welche genau genommen nur verwilderte Pferde sind. Vermutlich stammen sie von Armeepferden ab, die 1915 durch einen Bombenabwurf versprengt wurden. Fast unglaublich ist, dass diese Pferde bisher überleben und sich fortpflanzen konnten. Sie haben nur eine einzige Wasserstelle zur Verfügung, leben von extrem kargen und baumlosen Weideland und finden nur selten einen Schattenplatz in der prallen Sonne.

Als nächstes Ziel waren die Sanddünen der Namib auf dem Programm. Sie gelten mit ihren 300 bis 400m Höhe als die größten Dünen der Welt, was nicht verwunderlich ist, da die Namib auch die älteste Wüste der Welt ist. Die letzten Kilometer bis zu einem der schönsten Aussichtspunkte auf die Dünen können nur mit Allradfahrzeugen bewältigt werden.

Beim nächsten Ziel in Swakopmund und Walfishbay - an der Atlantikküste gelegen - genoss die Gruppe eine Fahrt auf dem Boot und schipperte die Küste entlang auf und ab, begegnete dabei zahmen Seehunden, die aufs Boot sprangen und sich sogar streicheln ließen. Zum Abschluss der Fahrt gab es für alle Sekt, Austern und viele andere Köstlichkeiten soviel man wollte. In Swakopmund wohnte die Gruppe im alten Bahnhof, der inzwischen zum Luxushotel umgebaut wurde. Es war unübersehbar, daß die Stadt durch die deutsche Kolonialzeit geprägt war. Viele Gebäude erinnerten daran, sowie auch die Umgangssprache, die sehr deutsch geprägt ist.

Dort in der Nähe sind die sogenannte Mondlandschaft (wegen des außerirdischen Aussehens) und die Welwitschia mirabilis (die ältestes Pflanze der Welt) anzuschauen. Die Welwitschia gibt es nur in dieser Region Nambias und diese kann bis zu 2000 Jahre alt werden.

Bei der Weiterfahrt ging es vorbei am Brandbergmassiv nach Twyfelfontein. Dort konnte man die bis zu zweitausend Jahre alten Felszeichnungen der San (früher: Buschmänner) bewundern. Im Erongo-Gebirge bzw. in der Erongo-Region gibt es viele geologisch interessante Besonderheiten, wie dem verbrannten Berg und den Orgelpfeifen, Versteinerungen, die wegen ihres Aussehens so heißen.

Bei der Weiterfahrt in den Norden kommt man am „versteinerten Wald „ vorbei, wo es diverses versteinertes Holz und Baumstämme gibt, die vor Jahrmillionen durch eine große Flut aus dem Norden angeschwemmt wurden. Es sieht immer noch aus wie Holz und ist doch aus Stein.

Obwohl die Reisegruppe schon unterwegs viele Tiere zu sehen bekam, vor allem Oryx-Antilopen, Springböcke und Strauße, so stellte der Besuch des Etoscha-Nationalparks einen weiteren Höhepunkt dar. Gibt es doch hier Elefanten und so hoffte man welche beobachten zu können. An beiden Tagen im Park gab es Elefanten und Löwen zu sehen.

Von dort ging es wieder südlich in Richtung Windhuk, von wo aus man die Heimreise antreten würde.

Neben den Besichtigungen, die vor allem den faszinierenden Landschaften und Tierwelten galten, informierte sich die Gruppe an verschiedenen Orten über unterschiedliche, soziale Projekte im Land. Dazu gehörten u.a. die Aktivitäten der kleinen Kommune Warmbad, die sich z. Zt. vergeblich bemüht um mit Hilfe des Tourismus eine eigene Einnahmequelle zu erschließen. Hier wäre unbedingt professionelle Hilfe und Rat geboten.

In Swakopmund besuchte man im Township Mondesa einen Kindergarten, bei dem Mangel an Einrichtungsgegenständen und Spielzeug ganz offensichtlich war. Es gab zwar eine Betreuerin, aber keine Möbel und nichts zum Spielen außer einem Spielgerät im Außenbereich.

Im kleinen Städtchen Outjo begegneten die Reisenden einer Gruppe Kindern die notdürftig betreut wurden, da sie niemanden hatten, der sich um sie kümmerte. Zur Zeit wird gerade mal sichergestellt, dass diese Kinder wenigstens fünf mal in der Woche eine Mahlzeit bekommen, und nicht für alle Kinder gibt es Unterkünfte.

In Otjiwarongo besuchten die Reisenden ein Lehmbauprojekt unter der Betreuung von SODI (Solidaritätsdienst-international e.V.), dass viele finanziell schwache Familien unterstützt, ihre Wellblechhütten aufzugeben und sich ein ordentliches Lehmhaus zu bauen. Außerdem kommt von SODI die Erfindung der Otjo-Toilette; eine saubere hygienische Toilette, die ohne fest installierte Wasserspülung auskommt. Eine solche Lösung ist notwendig für ein Land, dass ohnehin nur über wenig Wasser verfügt und sich die meisten Menschen eine hohe Wasserrechnung gar nicht leisten könnten.

Der letzte Tag in Windhuk wurde neben Einkäufen dazu genutzt, eine Schule zu besuchen, die Jakob-Morenga-Schule im Vorort Katutura, die als Privatschule ein eigenes Erziehungskonzept verfolgt, ähnlich den Vorstellungen von Montessori. Nach Auffassung der Schulleiterin, wurden den Afrikanern durch die lange Kolonialzeit das selbständige Denken abgewöhnt, weil es damals nicht erwünscht war. Erziehungsziel ist es jetzt die Kinder zu selbständigen Handeln und Eigenverantwortung zu erziehen.

Nach ihrer Aussage werden nur selbständige und eigenverantwortliche Menschen ihre Regierungen kritisch hinterfragen, was zur Zeit in Afrika noch nicht im erwünschten Maße der Fall sei. Als Letztes besuchte die Gruppe ein Selbsthilfeprojekt für arbeitslose Frauen, die sich und ihre Familien mit Näh- und Stickarbeiten ernährten.

Nachdenklich aber auch mit Begeisterung für dieses schöne Land, trat die Gruppe den Heimflug an.
Letzte Änderung: 08 Aug 2009 06:10 von Satara.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.