Montag, 17.10.2011
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Nach nur fünf – dafür aber sehr wohltuenden – Stunden Schlaf in einem bequemen Bett schmeckt das mittlerweile so ungewohnte Frühstück vom Hotelbuffet doppelt gut.
Aber: werden wir bis heute Nacht Lusaka erreichen? Diese kritische Frage lässt uns kaum mehr los, denn wenn es mit der gleichen Geschwindigkeit weiter geht wie gestern, dann dürfte das Ruck-und-Zuck-Dahinschleichen noch mindestens 2 volle Tage dauern. Viel zu spät. Dann ist unser Flugzeug schon längst in Europa gelandet. Jetzt muss also eine klare Planänderung her oder wir gehen direkt zum Flughafen Lilongwe.
Abgemacht war um spätestens 7:15 Uhr. Erschienen sind unsere Fahrer dann doch deutlich nach 7:30 Uhr, zum Glück aber in erkennbar besserer Verfassung. Neu legen wir als Ziel für unseren Abschlepp-Modus nur noch Chipata (zirka 170 km) fest. Dort werde abgekoppelt und ohne Schlepptau viel schneller nach Lusaka gefahren. Let’s drive and hope!
Und siehe da: fürs Erste hält die Hoffnung und der Zugstangenkrüppel (neu zusätzlich mit einem dehnbaren Abschleppseil befestigt, welches die Rücke deutlich mindert).
Auf diese Weise erreichen wir gegen Mittag die sambische Grenze und bald auch Chipata. Dort verabschieden wir ohne allzu grosse Wehmut „unseren“ Landcruiser und einen Fahrer und brausen mit dem neuen Landcruiser und dem anderen Fahrer los Richtung Westen.
Aber es stehen noch 580 km vor uns. Und der Fahrer zeigt auffallende Ermüdungs-erscheinungen mit wiederholten Pausen, Gesichtwaschen, Kola trinken und auch zeitweise nicht nachvollziehbar langsamer Fahrt, speziell in den vielen gebirgigen Kurven. Wird jetzt unser Fahrer zum Sicherheitsproblem? An die benötigte Zeit denken wir nur noch in zweiter Hinsicht. Ich mache dem Fahrer den Vorschlag ihn für eine Ruhestunde am Steuer abzulösen. Wahrscheinlich will er sein Gesicht nicht verlieren, fährt vorerst selbst weiter und geht erst nach einer weiteren langsamen Fahrstunde auf mein Angebot ein. Ich bin noch nicht lange am Steuer, da spüre ich – bei deutlich rassigerer Kurvenfahrt – sein nur unvollständig kaschiertes Unbehagen. Also reduziere ich durchschnittlich um 10 km/h. Damit scheint dem „Mitfahrer“ gemäss seiner Mimik eine deutliche Spur weniger unwohl zu sein. Nach zirka 50 km und gleichzeitigem Eindunkeln gebe ich das Steuer wieder ab. Damit wird die Fahrt nochmals deutlich langsamer, vor allem bei Gegenverkehr.
Und es will und will einfach nicht werden. Mittlerweile sind wir alle stockmüde. Endlich gegen 21 Uhr erreichen wir das Pioneers Camp in Lusaka. Wir bedanken uns herzlich beim Fahrer. Er hat sich in die beiden letzten Tage fast unglaublich um uns bemüht und erhält auch ein gutes Trinkgeld. Aus unserer Sicht ist er für diese Reise unser „most valuable player“. Und uns tut es wohl, dass damit das Wort „afrikanisch“ nicht nur negativ belegt ist, sondern auch eine tolle Hilfsbereitschaft beinhaltet.
Für uns gibt es nur noch ein superkurzes „late dinner light“ (Crackers, Käse und Mandarinen) auf dem Bettrand bevor wir uns rückwärts ins Himmelbett fallen lassen.
Tagesdistanz: zirka 750 km
Lusaka, Pioneers Camp Chalet USD 120 für Chalet+Frühstück
Dienstag, 18.10.2011
Ende gut, alles gut!
Es war der schönste Schlaf: lang und tief. Die guten Betten im heimeligen Chalet mögen beigetragen haben, dass es meine erholsamste Nacht war auf der ganzen Reise. Und beizufügen wäre auch noch … und ohne Träume (die haben wir in die Realität umgesetzt) oder Alpträume (die sind mit gestern Abend weggespült). Oder sehe ich dies jetzt bereits allzu rosig wegen dem Guten-Morgen-Kuss von Rosmarie? Nein, nein, nein; ich bleibe bei dieser euphorischen Betrachtungsweise, denn im Hintergrund lauert bereits die Wehmut.
Das bekömmliche Openair-Frühstück aus dem Restaurant geniessen wir in der bereits deutlich grünenden Umgebung. Der Frühling hat seit unserem ersten Halt im Pioneers Camp vor gut 4 Wochen Einzug gehalten und versüsst uns den letzten Blick zurück.
Für ein Mal ist das Einpacken absolut stressfrei, ja sogar einfach. Erstens ist klar, was zurück in die Schweiz kommt und zweitens ergibt sich wegen der entleerten Mitbringseltasche auch kein Platzproblem. Und jetzt noch die letzten afrikanischen Schweisstropfen abgeduscht (die Schwarzrandpfoten nehme ich als Andenken mit nach Hause) und wir sind reisebereit und völlig entspannt.
Völlig entspannt sind auch der Fotoapparat und der Fotograf. Seit bald 2 Tagen spürt ersterer keinen Druck mehr (im wörtlichen Sinn), weil zweiterer zu viel Druck bei Rettern und Geretteten verspürte um ungestraft zu fotografieren. Die Autopanne als letzter grosser Höhepunkt wird auch ohne Foto spielend in unserer Erinnerung haften bleiben.
Aber bei Rosmarie scheint doch noch ein gewisser Druck da zu sein: Souvenirkaufdruck. Wegen der Autopanne haben wir den sonntäglichen Holzschnitzermarkt in Lusaka verpasst. Folge: deswegen verpassen wir trotz 3 h Umsteigezeit auf dem Flughafen in Johannesburg die Lounge, und ich darf mit Rosmarie auf die letzte Pirsch: Souvenir-Pirsch im Flughafen. Ausbeute: ein hölzernes Wandtierbild mit den Big-Five, eine hölzerne Giraffe, eine moderne Tonfigur und ein Steinarmband und Ohrenanhänger für die Daheimgebliebenen.
Und was setzt es für mich ab? Ein noch viel schöneres Stück: die Aussage von Rosmarie „Bei unserem nächsten Afrika-Trip musst du nicht viel ändern“. So ein Kompliment erhalte ich von ihr wahrlich nicht alle Tage. Und dass sie – nachdem sie noch vor 5 Wochen erklärte, dies sei sicher ihre letzte Afrikareise – bereits an das nächste Abenteuer mit mir denkt und dabei schon Simbabwe und Mosambik als Ziel antönt, dies finde ich schlicht grossartig.
Es stimmt: Ende gut, alles gut.