17. Kapitel: Paradies am Pazifik
Einmal mehr werde ich vor meiner Familie wach und verlasse leise im Morgengrauen das Zimmer. Ich habe mir vorgenommen, bevor es zu heiß wird, einen der Trails auf dem Gelände der Lodge zu laufen.
Über eine Brücke ist der Bereich mit den Gästehäuschen mit dem „wilden“ Teil der Lodge verbunden. Hier führen kleine Pfade durch dichten Regenwald und immer wieder an einem rauschenden Bach entlang und darüber hinweg. Der Weg windet sich durch dichtes Grün und geht über Stock und Stein über aufgeweichten Boden. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen, die einzigen Lebewesen, die mir über lange Zeit begegnen, sind kleine Erdbeerfröschchen und ein Blue Morpho Falter. Das Rauschen des Meeres ist von Ferne zu hören, von Nahem die Geräusche des Regenwalds. Hier gefällt es mir ausnehmend gut.
Mehr als diese Ruddy Ground Dove kann ich aber leider von der durchaus hörbaren Vogelwelt nicht ablichten.
Das Frühstück genießen wir nach meiner Rückkehr gemeinsam mit schönstem Ausblick auf die Bucht, die sich herrlich im Sonnenschein präsentiert. In solchen Momenten wird einem klar, wie gut es uns doch geht.
Auf dem Rückweg zu unserem Zimmer betrachten wir die zahlreichen Netze der Seidenspinnen. Immer wieder ein faszinierender Anblick.
Unser Balkon lädt zu einer kleinen Pause ein, bevor wir uns auf den Weg zum Strand machen wollen. Auf dem gegenüberliegenden Baum zeigen sich zu unserer Freude bald einige Kapuziner, die unbeeindruckt von den Beobachtern ihrem Tagwerk nachgehen.
Wir packen Handtücher und Badeklamotten und machen uns schließlich auf den Weg zum Arco Beach. Dieser liegt etwa 400 Meter von der Lodge entfernt. Der Weg führt durch schönen Regenwald mit der Herausforderung, dass man steil hinab und später wieder hinaufsteigen muss.
Aber die Anstrengungen des Wegs werden reich belohnt. Unten angekommen, öffnet sich uns eine Bucht, die schöner nicht sein könnte. Da Ebbe herrscht, erstreckt sich eine breite Sandfläche, begrenzt einerseits von der rauschenden Brandung des Pazifiks und andererseits von dem immergrünen Dickicht des Regenwalds. Herrlich.
Hier ist fast kein anderer Mensch anwesend. Nur weit entfernt sehen wir ein paar Wanderer ihres Weges gehen. Trotzdem tobt hier das Leben. Der Sand scheint sich überall zu bewegen. Kommt man näher, entdeckt man unzählige Krabben und Einsiedlerkrebse, die über den nassen Grund huschen oder in ihren Löchern verschwinden. Einige Greifvögel – wir hatten kein Fernglas oder Teleobjektiv zur näheren Bestimmung dabei – machen sich immer wieder über diesen reich gedeckten Tisch her.
Am anderen Ende der Bucht gibt es eine Felswand. Auch in ihren Spalten tobt das Leben.
Eine Grotte, die sich in dieser Wand öffnet, kann man je nach Stand der Tide durchwaten.
Das Wasser lädt zum Baden ein. Vorsichtig sind wir, da durchaus vor Stachelrochen gewarnt wird.
Die Einsamkeit hier ist einfach wunderbar. Ein so ungetrübtes Naturerlebnis hatten wir bisher noch nirgends an einem Strand. Hier gefällt es auch mir als überzeugtem Strandverächter ganz ausgezeichnet.
Die Kinder haben Spaß in der Brandung und an den zahlreichen Gezeitenpools. Wir freuen uns an ihrer Freude und genießen das Leben. Pura Vida.
Gegen Mittag ist es dann aus mit der Einsamkeit. Die Bucht ist anscheinend beliebt als Mittagsrast einiger Whale-Watching-Boote. Circa fünf davon erreichen den Strand in kurzem Abstand und entlassen jeweils rund zehn Menschen an den Strand. Nach einer halben Stunde ist der Spuk dann zum Glück wieder vorbei und ein Boot nach dem anderen setzt seine Reise fort.
Bald ist es aber auch für uns Zeit, unsere Sachen zu packen und uns auf den Rückweg zu machen, denn die Flut setzt ein und bald werden weite Teile des Strandes unter Wasser sein.
Der Aufstieg ist dann richtig kräftezehrend. Die nassen Handtücher im Gepäck wiegen eine gefühlte Tonne. Und die Hitze des Tages tut ihr Übriges.
Wir rasten – und das ist bitter nötig nach dem Rückweg – auf der schönen Aussichtsterrasse der Lodge und genießen die wunderbaren Fruchtsäfte Costa Ricas in Gesellschaft eines Geckos.
Der Blick schweift dabei über das Wasser und bleibt hängen an vorbeiziehenden Fregattvögeln und zwei Buckelwalen, die sich in der Bucht tummeln. Dieser Ort ist einfach schön.
Nach einem leichten Mittagssnack wünschen sich die Kinder ganz viel Zeit am Pool. Dem entsprechen wir an diesem „Ruhetag“ natürlich gern und so gibt es heute ausgeprägte Nachwuchs-Zeit. Dass sich am Pool schließlich auch Kapuzineräffchen blicken lassen, freut mich dabei natürlich ungemein.
Irgendwann habe ich dann doch Hummeln im Hintern und streife ein wenig in der Umgebung herum. Dabei zeigt sich einmal mehr der Tierreichtum des Regenwalds. An einem Wasserlauf begegne ich einem kleinen Kaiman.
Neben dem Weg kann ich ein scheues Aguti entdecken, das zum Glück für ein Portrait kurz stillhält.
Und natürlich zeigen sich auch ein paar Neuzugänge für unsere Birding-Liste: Orange-chinned Parakeet und Sulphur-bellied Flycatcher.
Den frühen Abend genießen wir wiederum gemeinsam auf der Terrasse und freuen uns sehr darüber, dass sich der Namensgeber der Lodge zeigt: ein Cusinga (Fiery-billed Aracari / Feuerschnabelarassari).
Auch einige Red-lored Parrots lassen sich sehen.
Einzig die Anwesenheit einer großen Gruppe junger Menschen trübt den Moment. Die Lodge wird gern für Externe als Sundowner-Ort genutzt. Bei der Lage ist das natürlich auch kein Wunder. Heute aber sind über 20 Teens und Twens hier, die fast alle vorhandenen Schaukelstühle des Aussichtsbereichs in Besitz nehmen, und den Gästen der Lodge kaum Raum lassen. Dabei werden lautstark mehr Selfies geschossen, als dass in die Ferne geblickt wird.
Die Gruppenleiter ignorieren die Irritation der Lodgegäste gekonnt und wir freuen uns, als die Gruppe irgendwann endlich zum Abendessen in einen separaten Raum abzieht.
Wolken ziehen auf und so wird der Ausblick am Ende des Tages noch einmal spektakulär. Das Abendessen ist wiederum sehr gut. Und die Nacht ist frei von Skorpionen.
Wie schön war dieser Tag ganz ohne Autofahrt! Morgen geht es aber auch schon wieder weiter. Wir müssen aber nur eine kurze Strecke bis nach Sierpe zurücklegen. Dort werden wir auf ein Boot umsteigen: Die Osa Peninsula ruft.