Kapitel 12: Vertikale Wasser
Der heutige Tag ist schnell erzählt. Eigentlich hätten wir heute eine Wanderung im Arenal Nationalpark nebst Bootsfahrt mit Panoramablick auf den Vulkan erleben wollen. Allein das Wetter ist anderer Ansicht.
Bereits vor Anbruch des Tages gießt es in Strömen und das ändert sich auch nicht, als es in verhaltenen Grautönen dämmert. Bei diesem Wetter wollen wir nicht wandern, zumal der eigentliche Anlass der Wanderung heute wohl kaum in Erscheinung treten wird. Nicht mal die Wurzel des Vulkans ist zu sehen. Gibt es hier überhaupt Berge?
Meine Frau telefoniert also flugs mit dem Touroperator, der uns heute eigentlich abholen sollte. Und zu unserer Freude ist es überhaupt kein Problem, den Ausflug um einen Tag zu verschieben. Puh – Glück gehabt. Jetzt muss morgen nur noch das Wetter besser mitspielen… Denn für eine weitere Verschiebung fehlt uns dann doch die Zeit.
Den Morgen und den Vormittag verbringen wir also größtenteils in unserem kleinen Häuschen. Mal treten wir auf die Terrasse – das ist dann aber auch schon das Aktivitätshighlight.
Gegen Mittag hört der Regen endlich auf – von freier Sicht auf den Vulkankegel kann aber trotzdem keine Rede sein. Der Berg verbirgt sich hartnäckig hinter dichtem Grau.
Dafür kommt Leben in den Garten unserer Herberge. Auf kleinen Streifzügen entdecken wir Morelet’s Seedeater, Crested Guan und Bunthörnchen.
Da wir nicht den ganzen Tag untätig verstreichen lassen wollen, machen wir uns am Nachmittag – denn es bleibt trocken! – auf zum Wasserfall von La Fortuna, der malerisch aus etwa 70 Meter Höhe in einen kleinen Pool hinabstürzt.
Dank unseres Navis erreichen wir den Wasserfall problemlos. Vor Ort zeigt sich, dass La Fortuna eines
der Touristenzentren Costa Ricas ist. Wir finden einen großen Parkplatz nebst Besucherzentrum vor – 18 US-Dollar soll der Besuch des Wasserfalls pro Erwachsenen kosten.
Da man wohl nur einmal im Leben hier ist, zahlt man den Betrag und bekommt dafür ein Armbändchen, dass uns als legitime Wasserfallbesucher kennzeichnet.
Zuerst führt uns der Weg vorbei an einem Restaurant zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir in der Ferne bereits den Wasserfall bestaunen dürfen.
Und nun heißt es absteigen: Stufe für Stufe windet sich eine gut ausgebaute und gesicherte Treppe über 500 Stufen hinab zum Tal, in das das Wasser hinabstürzt. Eine solche Infrastruktur kennen wir sonst eher aus den USA.
In den Nachmittagsstunden ist auf dem Weg nach unten recht wenig los – die meisten sind wohl eher am Vormittag hier unterwegs – wenn vielleicht auch nicht an dem heutigen… Der Abstieg geht leicht, aber für den Aufstieg schwant uns Übles…
Unten angekommen, weiß die Szenerie tatsächlich zu begeistern. Der Fall ist der Prototyp eines tropischen Wasserfalls – wie im Bilderbuch.
In dem Becken, in das die Wassermassen stürzen, herrschen starke Strömungen. Uns wurde hier vom Baden abgeraten – einige Mutige tun es trotzdem. Wir nicht - für die Kinder wäre das vielleicht zu gefährlich.
Etwas weiter flussabwärts wird es seichter. Und hier lädt der Fluss tatsächlich zum Baden im kristallklaren Wasser ein. Die Kinder genießen das sehr, haben aber Respekt vor den Fischen, die in der Strömung stehen. Alles in allem haben wir hier eine gute Zeit. Und die Landschaft ist mit ihrer satt grünen und überbordenden Vegetation einmal mehr einfach schön.
Und dann beginnt der Weg zurück. In der typischen Schwüle eines tropischen Nachmittags wollen die 500 Stufen bezwungen werden. Und im Gepäck haben wir jetzt nasse Handtücher… Mit einigen Pausen – es gibt immer wieder Sitzgelegenheiten – schaffen wir das ohne Kreislaufzusammenbruch.
Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Heiße Quellen und das gute Restaurant des Hotels genießen. So dürften mehr Tage im Jahr ausklingen.
Morgen geht’s dann in den Arenal Nationalpark – hoffen wir also gemeinsam auf gutes Wetter…