Der Mückensee
Der Myvatn im Nordosten der Insel zählt - nicht zuletzt bei den Einheimischen selbst - zu den beliebtesten Urlaubszielen Islands. Aus gutem Grund. Heiße Quellen, blubbernde Schlammlöcher, Vulkane und Lavaformationen: Das Gebiet rund um den "Mückensee", das auch heute noch vulkanisch aktiv ist, wartet mit so vielen Besonderheiten auf, dass wir uns entschlossen hatten, diesmal drei Nächte in der Gegend zu verbringen und nicht nur zwei wie im Vorjahr. Gewohnt haben wir beide Male im schönen Fosshotel Myvatn, das am Nordende des Sees direkt an der Ringstraße unweit des winzigen Örtchens Reykjahlid und damit strategisch günstig liegt. Attraktionen und Ausflugsziele sind von hier aus sehr gut zu erreichen.
Blick vom Hotel
Fosshotel Myvatn rechts im Bild
Wenn es überhaupt etwas Schlechtes über den Myvatn zu sagen gibt, dann sind es die Mücken. Sie können in den Sommermonaten wie ein schwarzer Nebel über dem Wasser hängen und geben dem mit 37 Quadratkilometern viertgrößten See Islands seinen Namen. Die wenigsten stechen, doch sie sind wahre Plagegeister, kriechen in alle Ritzen und wir hatten eigens Moskitonetze für den Kopf mitgebracht, was sich allerdings (zumindest an dieser Stelle) als überflüssig erwies, weil ein anderer Vorzug der Region ausblieb: gutes Wetter. Eigentlich für isländische Verhältnisse von der Sonne verwöhnt, gab es diesmal vor allem Regen. Die Mücken blieben verborgen, aber der Himmel auch unerfreulich grau.
Das fiel vor allem deshalb besonders ins Gewicht, weil wir im Vorjahr glücklicherweise das genaue Gegenteil mit makellos blauem Himmel erlebt hatten. Ähnliche Dinge bei viel schlechteren Bedingungen zu unternehmen, erschien uns nicht sinnvoll, weshalb wir diesmal - in bewährter Weise orientiert an den Wetterprognosen - unseren Fokus vor allem auf die Ziele in der Umgebung des Myvatn legten; nicht aber direkt auf ihn selbst. Das klappte ganz gut, aber bevor es im nächsten Kapitel mit den Schilderungen aus 2020 weitergeht, reisen wir zurück ins Jahr 2019, als für uns die Welt am Myvatn wettertechnisch dermaßen in Ordnung war, dass wir nach einem langen Tag und ebensolchen Wanderungen vollkommen erschöpft in die Kissen sanken; nur, um nach einer kurzen Nacht bei strahlendem Sonnenschein erneut auf Entdeckungstour zu gehen.
Myvatn 2019
Myvatn 2020
Tipps für den Myvatn, aus der Erinnerungskiste von 2019 gekramt:
Hverir (heiße Quellen) oder Hverarönd (Linie von heißen Quellen) im Namaskard (Minenpass):
Ein Solfatarenfeld direkt an der Ringstraße und nicht zuletzt auch deshalb gut besucht. Es dampft, gurgelt und spuckt im Hexenkessel und riecht nach Schwefel, die Farben sind eine Sensation.
Das Gebiet ist nicht sehr groß, es lohnt sich, zumindest ein Stück den Namafjall (Minenberg) hinaufzugehen. Tipp: Richtig früh morgens dort sein. Dann hat man den Mars ganz für sich allein.
Grjotagja Höhle:
Es war einmal eine klare heiße Quelle, die lag im Nirgendwo verborgen unter der Erde. Nur einige wenige Landleute kannten ihr Geheimnis und nahmen weite Wege durch Schnee und Eis auf sich, um sich in ihrem warmen Wasser aufzuwärmen und zu baden. Doch immer mehr Menschen kamen, parkten wild ihre Campingwagen, putzten sich im Quellwasser die Zähne und hinterließen jede Menge Müll. Das erboste die Landbesitzer, die Schilder aufstellten, aber nicht viel damit erreichten. Das war ärgerlich, doch es kam noch schlimmer, denn eine Serie wurde gedreht, und weil der attraktive Hauptdarsteller, der zudem auf Drachen reiten konnte, angeblich in dem dampfenden Wasser seine Unschuld verlor, wurde es immer enger in der kleinen Höhle - auch wenn er dort nachweislich nicht zum Mann wurde, denn zu dem Zeitpunkt war die Wassertemperatur durch geothermale Aktivität schon so weit angestiegen, dass er sich all das unwiederbringlich verbrüht hätte, wovon seine weiblichen Fans träumen. Allen, die das stille Naturwunder mit seinem dampfenden blauen Wasser einmal sehen und erleben wollen, hilft nur eins: früh aufstehen!
Eingang zur Grjotagja
Über der Höhle steigen Dampfwolken auf. Die Felsspalten östlich des Mückensees zeigen den Verlauf der Grenze zwischen den Kontinentalplatten an, und sie vergrößern sich von Jahr zu Jahr. Einige sind mit warmem Grundwasser gefüllt - wie die Grjotagja.
Hverfjall:
Der Kraterberg, ein 160 m hoher Tuffring östlich des Mückensees, liegt unweit der Grjotagja, überragt die Landschaft...
...und kann nicht nur bestiegen, sondern der Krater auch umrundet werden. Der Durchmesser des Explosionskraters, der vor etwa 2.500 Jahren während eines einzigen Ausbruchs entstand, beträgt einen Kilometer.
Die etwa vier Kilometer lange Runde dauert etwa eine Stunde und bietet fantastische Ausblicke in alle Richtungen. Machen!
Dimmuborgir:
Dimmuborgir (dunkle Städte/Burgen) ist ein Feld mit bizarren Lavafelsen ebenfalls östlich des Sees. Unterschiedlich lange Wanderwege führen zwischen den Türmen und Wänden aus Lava hindurch, die Heimat der 13 Isländischen Weihnachtsmänner und vieler Trolle sind. Uns sind sie allerdings nicht begegnet - vielleicht hat auch deshalb der Zauber von Dimmuborgir auf uns nicht gewirkt.
Pseudokrater bei Skutustadir:
Bis zum August 2019 wusste ich noch nicht einmal, dass es sie gibt. Doch es war Liebe auf den ersten Blick.
Die Pseudokrater entstanden durch Gasexplosionen, bei denen schmelzende Lava über den Sumpfboden floss. Wieder was gelernt; ist aber auch fast egal. "Pseudokrater" habe ich als Synonym in meinen aktiven Wortschatz aufgenommen, ein Synonym für "wunderschön". An der Südseite des Sees führt ein kleiner Weg durch sie hindurch. "Pseudokrater" - mehr ist dazu nicht zu sagen!
Kraflagebiet: .
Das Zentralvulkansystem Krafla liegt etwa zehn Kilometer nördlich des Namaskard. Es geht vorbei am Geothermalkraftwerk, rechterhand lohnt ein Stopp beim Viti (=Hölle)-Krater mit seinem fantastisch aquamarinblauen See.
Gegenüber führt ein Weg zum Parkplatz der Leirhnjúkurspalte, einem Lavafeld aus den 1980er-Jahren.
Die Lavaformationen sind atemberaubend, der Weg führt erst über Holzbohlen und dann direkt über die Lava, die stellenweise noch so warm ist, dass sie den Kleber meiner damals fast nagelneuen Wanderschuhe teilweise gelöst hat. Naja, ein bisschen Schwund ist immer, und: Es hat sich gelohnt!
Mehr Myvatn-Tipps:
Einmal den See mit seinen 50 Inselchen und Schären mit dem Auto komplett umrunden. Immer wieder neue Ausblicke, viele Haltepunkte und kleine Spaziergänge.
Der Mückensee, als Naturreservat ausgewiesen, ist außerdem ein Vogelparadies und das größte Brutgebiet für Enten auf Island. In diesem Jahr hatten wir zur Vogelbeobachtung eine mehrstündige Wanderung eingeplant. Sie ist leider ins Wasser gefallen.
Wer überlegt, der Blauen Lagune einen Besuch abzustatten, ist wahrscheinlich mit dem Myvatn Nature Bath besser bedient. Ebenso blau, viel günstiger und längst nicht so überlaufen.