THEMA: "Social distancing" mit Gorillas
27 Apr 2020 19:40 #587502
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  • adriana am 27 Apr 2020 19:40
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Hi Carsten,

schön, dass du den Reisebericht doch schreibst.
Werde in meinem Homeoffice auf jeden Fall Zeit finden, um eure Abenteuer zu verfolgen!
Lg, Adriana
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28 Apr 2020 07:44 #587522
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Hoi Carsten
Carsten Möhle schrieb:
Empfehlung durch picco sowie dem deutschen Militärattaché im Congo führten zu Jean Bosco von Virunga Amani Tours.
:blink: Hoppla Schorsch! :woohoo:
Dass ich mal in einem Atemzug mit einem Militärattaché genannt werde hätt ich auch nicht gedacht :woohoo:
Aber ich habs gern empfohlen und freu mich auf Deine Einladung mit dem Schnellboot über den Lake Kivu zu sausen und nebst der Lodge Coco in Bukavu auch den Parc national de Kahuzi-Biega zu besuchen... ;) B) :laugh:
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28 Apr 2020 20:46 #587609
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  • Carsten Möhle am 28 Apr 2020 20:46
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Fahrt zum Nationalpark Eingang
Von Goma bis Rumangabo 44 km, 2 Std Fahrt


Quelle Google Maps
1 Rumangabo 2 Mont Mikeno Vulkan 3 Nyiragongo Vulkan

Direkt vom Grenzgebäude geht es ohne Einkaufsmöglichkeit durch die Innenstadt des 2 Mio. Einwohner Molochs Goma zum kongolesischen Hauptquartier des Virunga Parks bei Rumangabo.
Geldwechsler warteten direkt hinter dem Grenzgebäude mit ihren Geldpacken. Ist natürlich illegal, aber das Geld liegt dort tatsächlich direkt auf der Straße. Es gab keinen besonderen Schwarzmarktkurs. Für einen Euro gab es 1.850 Congo Franc CDF. Die kleinste Note ist 1 CDF, die größte mittlerweile 10.000 CDF.
Kleine Mittagssnacks kosteten 3 Euro, ein warmer Maiskolben am Straßenrand 0,25 Euro. Kalt auch.


Beim Durchfahren fühlt man sich nicht unbedingt in die Seine-Metropole versetzt.


Aber es sieht auch nicht aus wie bei Hempels. Dazu vermisst man die Mischung aus Staub, Dreck, vergossenem Bier und einer verlorenen Fernbedienung, die von sozial Schwachen Sofa Eremiten hervorgerufen werden. Für viele ist das Sofa mittlerweile eine neue Heimat während des „lockdowns“ geworden.

Schuhverkäufer, Safarischuhverkäufer, Lebendige Märkte, durch Wasserkraft gefüllte Stromleitungen, Motorradtaxis und Lastenträger mit Holzfahrädern. Rechtsverkehr und Fußgänger auf der Straße. Alles was eine afrikanische Großstadt ausmacht.















Die Tribünen sehen aus wie in der Bundesliga.


Beim Vulkanausbruch des Nyiragongo am 27.01. 2002 ergoss sich ein Lavastrom durch einige Dörfer bis in die 250.000 Einwohner Stadt Goma in den Kivu See und machte ca. 120.000 Leute obdachlos.
Mittlerweile hat Goma 2 Mio. Einwohner und ein Großteil der Stadt ist wiederaufgebaut. Aus dem Basalt werden Mauer- Steine und Rollsplitt für den Straßenbau hergestellt.




„Eines der Centre de Traitement de la maladie a virus Ebola“
(Leeres) Seuchenbekämpfungskrankenhaus im Außenbezirk von Goma. Man war aktuell gerade am 13.04.dabei, den Ostcongo als Ebolafrei zu erklären, als drei Tage vor der Verkündung durch die WHO – ein Kürzel, welches man heutzutage nicht mehr erklären muss – eine neue Infizierte Person bekannt wurde.





Der Ruf von Ebola ist genauso schlecht wie der vom Congo. Bei Erkrankten treten zuerst ähnliche Symptome wie bei einem grippalen Infekt auf, aber dann kommt es zu inneren Blutungen.
Als bevorzugte Wirtstiere werden vor allem Flughunde oder Makakenäffchen angenommen. Ein Übertritt der Artengrenze auf dem Menschen erfolgt schließlich entweder durch Biss oder Verzehr von ungenügend gekochtem und befallenen Tierfleisch.

In der gediegenen westlichen Küche passiert so etwas natürlich nicht, hier passt der Küchenchef selbstverständlich gut auf, dass das Essen hygienisch einwandfrei zubereitet wird.
In der traditionellen afrikanischen oder chinesischen Cousine sieht die Sache gänzlich anders aus. Hier gilt eine sich rekelnde Baummade als Delikatesse und lauwarmes Flughundgehirn mit Pangolinhaschee ist ein beliebtes Gericht. Wie hörte man zeitgleich im Dezember im chinesischen Wuhan: Kunde: „Ich habe es eilig, geben sie mir die Fledermaus? so mit!“ Bräter: „Die?ist aber noch nicht ganz durch“ Kunde: „Ach, davon wird die Welt schon nicht untergehen.“



Blauhelmstation mit heimeligen NATO-Draht.
Die Demokratische Republik Kongo (auch Herz-Infarkt Afrikas genannt, oder République Déspotique du Congo EDC abgekürzt) ist ein Musterbeispiel für den gescheiterten Versuch, 200.000 verschiedene Ethnien unter einen Hut zu bringen, die sich alle aus irgendeinem Grund abgrundtief hassen.
Pro Krieg mischen üblicherweise fünf bis sieben radikale Rebellengruppen mit, welche alle Namen wie Demokratische Volksnationalbefreiungsarmeefront in mehr oder weniger abgewandelter Form tragen.
Der Ansatz, den diese Gruppen verfolgen, ist freilich ein ungewöhnlicher; so gehen die meisten Rebellenführer offenbar davon aus, dass das Volk sich am besten dadurch befreien lässt, dass man möglichst große Teile davon systematisch vergewaltigt, ausraubt und ermordet.
Weitere Teilnehmer sind die Armeen der DRK sowie von diversen Nachbarstaaten, welche allesamt im Grunde dieselbe Strategie verfolgen wie die Rebellengruppen, jedoch meist schlechter ausgerüstet sind.

In vielen verschiedenen Friedensmissionen im Congo haben die Vereinten Nationen versucht, Stabilisierungsmaßnahmen durchzuführen, um die Bevölkerung einigermaßen zu schützen. Die aktuelle Mission hat den Namen MONUSCO.
Die Hauptaufgabe der Blauhelme ist Zeuge zu sein. Man hat zwar Waffen, darf die aber in der Regel außer zum Selbstschutz nicht einsetzen, ohne dass mindestens 30 Bürokraten auf den Antrag gepupst haben. Diese Restriktion macht die Soldaten vor Ort leider sehr unglaubwürdig und die örtliche Bevölkerung protestiert zunehmend, da sie nicht gegen die verschiedenen Milizen geschützt werden (dürfen).
3 Wochen vor unserer Reise gab es größere Demonstrationen im 550 km entfernten Bunia. Deshalb waren die Blauhelme immer noch in Alarmbereitschaft und die Aussichtstürme der Feldlager waren besetzt.
Aber für den Congo sterben?




Finde den Bwana

wird fortgesetzt
Letzte Änderung: 28 Apr 2020 20:51 von Carsten Möhle.
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29 Apr 2020 20:57 #587675
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  • Carsten Möhle am 28 Apr 2020 20:46
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Am Stadtrand von Goma ist einer von 2 Ebola – Checkpoints auf dem 38 km Rest-Weg zum Nationalparkeingang. Photographierverbot.
Hier steigen alle aus, gehen zu einem Handwaschbecken mit Seife und Desinfektionsmittel zum Händewaschen, dann in eine Schleuse, werden dort durch ein Fenster mit einer Fiebermesspistole an der Halsseite abgetastet.
Ohne erhöhte Temperatur geht man zum Ende der Schleuse und dann, nachdem der Fahrer den Unimog nachgeholt hat, steigt man wieder auf und es geht weiter.
Auf Nachfrage, was bei erhöhter Temperatur geschieht wird auf ein Sanitätszelt hinter der Station gezeigt.
Wenn man Glück hat, hat man sich trotz der beschriebenen Symptomatik nur eine harmlose Malaria, Pest, Lepra oder Syphilis eingefangen.
Ein wunderschöner Platz für eine Quarantäne. Sollte man denjenigen zeigen, die schon das Vollfressen auf dem eigenen Sofa vor dem Fernsehgerät als „Quarantäne-Hölle“ beklagen. Sicher, diejenigen sind auch durch galoppierende Arschlappenfäulnis besonders gefährdet und werden schon von Tierfängern gesucht. Dabei könnte bei diesen Exemplaren Mensch schon durch die Behandlung mittels einer einfachen Fäkaltransplantation zu Linderung der Magen-Darm-Symptomatik führen.
(spätestens jetzt ahnt man, warum es gut ist, dass ich nicht so häufig Reisebereichte schreibe, aber Sie erinnern sich, am Anfang, es ist für einen guten Zweck, das etwas bei den wirklich Bedürftigen ankommt)

Die Kontrolle wird in beide Richtungen durchgeführt, der Checkpoint ist zu Tageslichtzeiten mit mindestens 3 Personen besetzt. Nachts ist eine Ausgangssperre, allerdings nicht dem Virus geschuldet.
Raucher müssen mit 2 Meter Abstand von der Station qualmen, um sich vor einer ggf. todbringenden Lungenkrankheit zu schützen. Hä?


Ranger, die nicht gerade glücklich aussehen - aber wer tut das schon im Kongo?

Außerhalb der Stadtgrenze von Goma koppeln wir mit einem Rangerfahrzeug der Nationalparkbehörde. Der Auftrag ist Begleitschutz zum Nationalparkhauptquartier für den Unimog mit den 10 Reisegästen zu fahren. Hmm, das zuverlässigste, geländegängige Fahrzeug der Welt soll von einem Landrover begleitet werden?

Es ist überall zu lesen, dass diese Ranger durch Sondereinheiten paramilitärisch ausgebildet wurden. Das Konzept der „grünen Krieger“, dass man Naturschutz militärisch durchdrückt, wird zuweilen auch kritisch gesehen.
Zumindest war die Ausrüstung vollständig und zweckmäßig, die Magazintaschen gefüllt. Das Auftreten war diszipliniert, der Zustand der Kalaschnikows gepflegt.
Warum eine Panzerfaust (Russische RPG7) durch die Verteidiger mitgeführt wird, erschloss sich mir nicht.

Nur wie wollen die uns schützen, wenn sie ständig hinterherfahren? Wer hat denen das so beigebracht. In dieser Formation können die uns nur rächen aber nicht schützen!

Bis kurz nach dem Abzweig zur Rangerstation am Vulkan ist die Straße geteert, mit Fahrbahnmarkierung und Fahrrad- bzw. Fußgängerweg versehen.
Dann geht es auf Basalt-Gravelroad weiter, die ortsüblichen afrikanischen Überhohlvorgänge eingeschlossen.











Wir Zielscheiben, formerly known as tourists, wurden von den Kindern und auch vielen Erwachsenen bewunken. Irgendwie scheint Tourismus doch was Schönes zu sein. Einige der älteren unter Ihnen erinnern sich sicher noch, als man damals individuell reisen konnte.
Es ist fast wie auf einer Stadtrundfahrt mit Bwana Tucke-Tucke in Katutura, wenn hier nur nicht die Farbe Grün so aufdringlich wäre.
Die Schilder im Hintergrund deuten auf eine durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau unterstützte Schule hin. Oder auf Swahili: „shule“. Hatte die damalige deutsche Kolonialzeit doch etwas gebracht, wenn es davor kein Wort für diese Einrichtung gab?




Außerhalb des ertragreichen Korruptionssektors verdingen sich die meisten Einwohner als Freiberufler und Ich-AG´s in Landwirtschaft und Bergbau. Fast jeder Berg wird bis an die Spitze landwirtschaftlich genutzt. Einige haben sich auf das artengeschütztem schreddern von Tropenholz spezialisiert oder machen Luxusholzkohle draus.

Vor 30 Jahren war hier viel mehr Dschungel, jetzt nur gelegentlich Sekundärwald. Immerhin hat man dadurch freies Schussfeld. Hier eine der Horch- und Guckposten des Militärs.



Das Holzhaus ist nicht unser Hotel, aber im Hintergrund ist der Mont Mikeno -im Nebel. Dort wartet Morgen eine Gorillagruppe auf uns. Die Guerillagruppe ist derzeit eher rechts davon.

Die Mikeno Lodge
Aus Sicherheitsgründen wurden wir kurzfristig auf die Mikeno Lodge umgebucht, mit 350 US$ für das Zimmer die teuerste Unterkunft in der Gegend.





Das Kibumba Tented Camp (150 US$ pro Zimmer) ist dichter dran am Einstiegspunkt für das Gorillatrekking.
Die Mikeno Lodge ist auf dem umzäunten und streng bewachten Gelände der Nationalparkverwaltung.
Es gibt ein Gorillababy-Waisenheim, das Senkwekwe Zentrum was durch die preisgekrönte „Virunga“ Dokumentation von Netflix prominent geworden ist. Ein Dschungelcamp mit echten Affen, die sich nicht zum Affen machen lassen.



Auf dem Gelände ist auch eine Coltan Mine. Neben populären afrikanischen Exportprodukten wie Blutdiamanten, Blutgold und Blutkupfer ist hierbei der Zusatz- „Blut“- nicht notwendig, da es ein Grundstoff ist, der es verwöhnten Modernitätsgewinnern ermöglicht, z.B. diese Reiseberichte auch auf dem Handy unterwegs zu lesen.
Ein Vorteil auf dieser Lodge untergebracht zu werden ist, dass man in der Parkverwaltung vorbeischauen kann und einem die Arbeitsweisen, Aufgaben und Abläufe im Nationalpark nahegebracht werden. Man kann die Ranger abends an die Lodge-Bar einladen.


Das Weihnachtsessen ist auf dieser Karte zusammengefasst. Von den 259 Buchstaben für das Essen sind lediglich 13 Buchstaben (Duck Liver, Duck), die fleischliche Nahrung, also Nahrung bezeichnen. Das ist ein Anteil von 0,05 oder 5% (Ok, der Salat kann auch Spuren von Nüssen und Insektenteilen enthalten).
Eine carnivorische Frechheit!

Merry Christmas! Das Essen wird gemümmelt.




der Bericht fortgesetzt.
Letzte Änderung: 29 Apr 2020 21:16 von Carsten Möhle.
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30 Apr 2020 07:51 #587696
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Guten Morgen Carsten,
gerne folge ich deinem interessanten Bericht.Carsten Möhle schrieb:
l

Finde den Bwana
Und natürlich habe ich dich gefunden: 2 Reihe, 6. von Rechts (oder 3. von Rechts - die Truppe steht nicht ganz in Reihe, dadurch vermischt sich die 2. und 3. Reihe) bzw. die rechte Ecke der UN-Flagge zeigt auf dich. (Eine Persönlichkeit wie dich vergisst man nicht, auch wenn unser Treffen, auf den Monat genau, 10 Jahre zurück liegt.)
Letzte Änderung: 30 Apr 2020 07:54 von Lotusblume.
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01 Mai 2020 19:50 #587876
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  • Carsten Möhle am 28 Apr 2020 20:46
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Hallo Lotusblume,
ja. Genau richtig.
Ich hatte damals schon eine unprätentiöse Kopfbedeckung.
Herzlichen Dank!

Mit sonnigen Grüßen aus Feldatal
Carsten Möhle
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