Irrungen, Wirrungen und das perfekte Panorma
Der Weg von Punta Arenas zum Torres del Paine Nationalpark ist mit rund 350 Kilometern nicht allzu weit.
Schnappschüsse aus dem Autofenster. Das Licht spielt zwar nicht mit, doch einmal mehr zeigt sich: Die Fahrten sind - ähnlich wie in Afrika - weit mehr als nur ein notwendiges Übel, um von A nach B zu gelangen.
In Puerto Natales legen wir einen Zwischenstopp ein, denn hier befindet sich die letzte Tankstelle weit und breit. Um ein Haar wäre die kleine Hafenstadt sogar deutlich mehr als nur ein Tankstopp für uns gewesen. Was zunächst einmal kein Drama sein muss, weil sie durch ihre privilegierte Lage direkt am Fluss und mit Blick auf die Berge durchaus attraktiv ist. Doch wir hatten sie in unserer Planung zugunsten von vier Übernachtungen und somit drei vollen Tagen im Nationalpark bewusst ausgespart.
Ich hatte unserer Agentur gegenüber mehrfach betont, wie sehr uns an den Übernachtungen innerhalb des Parks gelegen ist und sie gebeten, rechtzeitig aktiv zu werden. Die Mehrkosten für die exklusive Lage haben wir dabei billigend in Kauf genommen. Uns wurde im Gegenzug mehrfach versichert, dass es keinerlei Zeitdruck gäbe. Was sich als Trugschluss erwies: Schließlich war das von mir favorisierte Hotel Lago Grey bereits ein Jahr zuvor ausgebucht - ohne uns.
Diese traurige Tatsache hat uns die Agentur, mit der wir ansonsten bei all unseren Reisen nach Mittel- und Südamerika nur gute Erfahrungen gemacht haben, allerdings nicht mitgeteilt, sondern uns stattdessen ohne entsprechenden Hinweis für vier Nächte nach Puerto Natales verfrachtet. Erst bei der Durchsicht des finalen Reiseplans bin ich darüber gestolpert - und aus allen Wolken gefallen. Knapp eineinhalb Stunden pro Strecke hätten wir von Puerto Natales zum Südeingang, dem nächsten Zugang zum Park, gebraucht. Und das auch nur in der Theorie. Denn als wir in der Praxis auf die Schotterstraße zum Südeingang einbiegen wollen, ist sie gesperrt.
Wir müssen also noch einmal rund 50 Kilometer weiterfahren bis zum Nordeingang und dann wieder ein ganzes Stück quer durch den Park zurück - völlig ausgeschlossen, an drei Tagen in Folge zwischen Puerto Natales und Torres del Paine zu pendeln.
Der Umweg allerdings entpuppt sich als landschaftlich reizvoll und zudem äußerst tierreich.
Wir sind nun bereits ganz in der Nähe des Torres del Paine und der Verkehr ist noch überschaubar als ohnehin schon - von einigen leichtsinnigen Passanten abgesehen...
Je näher wir dem Nationalpark kommen, desto schlechter wird leider das Wetter.
Am Parkeingang melden wir uns an und entrichten die Gebühr für die nächsten Tage, dann nehmen wir die letzten 50 Kilometer quer durch den Park zum Hotel Lago Grey unter die Räder.
Wir haben die Hotelproblematik am Ende so gelöst: Für die erste Nacht haben wir in Eigenregie über eine Buchungsplattform noch ein Superior-Zimmer im Lago Grey ergattert. Für die Nächte drei und vier hat die Agentur ein Standard-Zimmer im selben Hotel bekommen. Bei der zweiten Übernachtung war allerdings nichts zu machen, wir haben immer wieder nachgeschaut, doch das Hotel blieb ausgebucht. Wir haben deshalb auf eigene Faust eine andere Unterkunft unweit des Südeingangs gebucht (an der Südzufahrt, aber aus dem Park kommend weit vor der Straßensperrung), sodass sich die Fahrerei absolut in Grenzen hielt.
Unterwegs können wir die Schönheit um uns herum nur erahnen, von den berühmten Granitnadeln ist nichts zu sehen. Ich hoffe, dass uns die nächsten Tage besseres Wetter bescheren.
Die Schotterstraße, über die wir in Richtung Süden holpern, ist in ziemlich miserablem Zustand, wir werden ordentlich durchgerüttelt. In den Schlaglöchern steht das Wasser, und ich kann ihre Tiefe nur erahnen. Doch weil ich an unserer "Schrottkarre" ohnehin kaum mehr etwas verderben kann, fahre ich tendenziell forsch. Es hat eben alles auch sein Gutes.
Auf den letzten Kilometern wechselt der schlechte Schotter über in groben Kies. Der Knall, wenn einer der Steine gegen das Bodenblech prallt, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Doch wir gewöhnen uns überraschend schnell daran. In den nächsten Tagen wird uns das Gepolter immer weniger auffallen, bis wir es am Ende kaum mehr wahrnehmen.
Ich hatte mir das Hotel Lago Grey, das am namensgebenden See und Gletscher ganz am Ende des Parks liegt, in den Kopf gesetzt - und es enttäuscht mich nicht. Ich fühle mich auf Anhieb wohl. Es beherbergt auch Reisegruppen, ist also nicht gerade klein. Doch der reduziert-skandinavische Stil gefällt mir, und beim Blick durch die riesigen Panoramafenster stockt uns regelrecht der Atem.
Auch in unserem modernen Superior-Zimmer mit Blick auf den Grey-Gletscher könnten wir es ziemlich gut einige Zeit aushalten. Schade, dass wir es am nächsten Tag schon wieder räumen müssen.
Ein neugieriger Nachbar linst schamlos in unser Schlafzimmer.
Das Essen im Restaurant ist okay, jedoch seinen mangels Alternativen hohen Preis nicht wert. Der Ausblick tröstet darüber allerdings locker hinweg.
Kurz vor Sonnenuntergang heben sich schließlich sogar die Wolken. Plötzlich sind sie da, die berühmten Torres, und mit ihnen all der Zauber, den ich mir von diesem besonderen Ort erhofft hatte.