THEMA: Reisebericht MalZamZimBot 1989
22 Nov 2009 19:30 #121484
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Hallo Eto,

danke für das Lob. Es stimmt, dass mir das Schreiben Spaß macht! Da kommen so viele Erinnerungen hoch!

Viele Grüße,
Nenette
Il n'y a pas un atome de cette poussière que je n'aime infiniment.
Es gibt kein Atom in diesem Staub, das ich nicht unendlich liebe. (Elizabeth Riollet über Voi/Tsavo)

Botswana 2010: nenette-f.over-blog....egorie-11610665.html
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22 Nov 2009 19:46 #121485
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Wir kommen in Lusaka an, einer der unsichersten Städte Afrikas.
Eigentlich nicht furchterregend, aber die Häuser sind barrikadiert, auf alle Mauern sind abgebrochene Flaschen betoniert (was ich aus Nairobi und Mombassa von einzelnen Häusern schon kannte), zusätzlich Stacheldraht auf den Mauern. Es wirkt nicht sehr einladend und der Fotoapparat hat Pause!

Dennoch bleibt mir Lusaka im Gedächtnis, weil es in manchen Punkten eben doch sehr europäisch ist. :)

Wer in Deutschland an der französischen Grenze wohnt, weiß sicher noch, dass es einen regen Grenzverkehr französischer Wasserflaschen gab, nachdem der Flaschenpfand für Volvic, Evian und wie sie alle heißen, in Deutschland eingeführt wurde. Unehrliche Landsleute kauften die Flaschen in französischen Supermärkten,kreative Menschen sammelten in Frankreich leere Flaschen und alle kassierten in Deutschland den Pfand dafür ein. Das ließ sich am besten an den Pfandautomaten realisieren, die die Etiketten im Gegensatz zu einer Verkäuferin nicht lesen konnten. Man munkelt, dass ganze Kofferräume voller Leergut ihren Weg von Frankreich nach Deutschland gefunden haben. Der Spuk hat inzwischen ein Ende, weil die Automaten gelernt haben, zwischen deutschem und französischem Etikett zu unterscheiden.

In Zambia gab es damals ein ähnliches Problem, aber weil es Afrika ist, handelte es sich hier selbstverständlich nicht um Wasserflaschen, sondern – die Götter müssen verrückt geworden sein – um die berühmte Cola-Flasche!
Um jeglichen Mißbrauch zu unterbinden, hatte jedes Land SEINE eigene Cola-Flasche, und in den Geschäften wurde tunlichst darauf geachtet, keiner illegal eingewanderten Cola-Flasche Asyl zu gewähren und den Besitzer mit Pfand zu entlohnen.

Unser Gartenlaubenunimog hatte für die langen Fahrten neben anderen Getränken zwei Kästen Cola an Bord.
Nun liefen wir also mit unseren beiden Cola-Kästen malawischen Ursprungs von einem Geschäft zum nächsten. Niemand wollte uns diese abnehmen.
Damit war unser Grundanliegen, Cola zu kaufen, allerdings weit von einer Lösung entfernt. Matthias hatte uns bereits vorher darüber aufgeklärt, dass man keinen Cola-Kasten kaufen kann, OHNE einen Leergutkasten abzugeben. Normalerweise hatte die Gartenlaube deshalb immer einen Kasten aus jedem Land an Bord. Nur bei unserer Reise hatte es einen kleine Verwechslung gegeben.
Kein Leergut – keine Cola! :angry:
Vorsichtig eingeleitete Schmiergeldversuche wurden nicht von Erfolg gekrönt und somit mussten wir bis Livingstone auf eigene Cola verzichten.
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02 Dez 2009 18:08 #122446
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It is prohibited to take photos from post offices, police stations, bridges, military institutions and electrical installations

Dieser Satz war uns gleich zu Beginn des Urlaubs von Matthias in klaren deutschen Worten deutlich gemacht worden. Keine offiziellen Gebäude, keine elektrischen Installationen fotografieren!
Lieber ein Foto zu wenig, als ein Foto zuviel!

Darum hat der heutige Bericht auch keine Fotos!

Wir machen einen kurzen Halt in Mazabuka auf dem Weg nach Lochinvar. Matthias will irgendetwas an der Gartenlaube nachschauen. Wir befinden uns zum Glück auf einer Reise, wo wir die Stops zu kleinen Ausflügen in die jeweiligen Dörfer oder Städte nutzen dürfen, im Gegensatz zu einer Kenya-Reise, wo der Reiseleiter uns offiziell untersagte, an der Tankstelle den Bus zu verlassen.

Der Ort ist klein, wir werden wie immer neugierig, doch freundlich angeschaut, unsere Gruppe hat sich zerstreut.
Kurz bevor es Zeit ist, sich wieder zu sammeln, stoße ich auf eine Menschenansammlung in der Hauptstraße, in deren Mittelpunkt sich ganz offensichtlich einer von meinen Mitreisenden befindet – unser des englischen kaum mächtigen Senior.
Die Menschen machen mir wie selbstverständlich Platz, als ich zu ihm gehe und so erfahre ich von zwei Polizisten, die neben unserem Senior und seiner Frau stehen, dass er das Postgebäude fotografiert habe.
Zum ersten Mal an diesem Tag höre ich den oben ziterten Satz. Der Senior berichtet von dem schönen Baum, er habe nicht gesehen, dass dahinter die Post sei. Ich übersetze, es werden ein paar Sätze gewechselt, dann entscheiden die Polizisten, dass der Senior zur Wache gebracht werden muss.
Ich übersetze und während ich beiden sage, dass ich Matthias suchen gehe, befiehlt mir einer der beiden Polizisten, mitzukommen. Also schreiten der Senior und ich unter Polizeibegleitung zur Wache, während seine Frau nach dem Rest der Gruppe sucht.

Wir werden an der Empfangstheke vorbei durch einen Flur, dessen fleckige Wände jedem Forensiker ein interessantes Studiengebiet geliefert hätten, in ein Büro geführt, wo wir eine Weile lang gut bewacht warten müssen.

Dann kommt der Polizeichef mit zwei weiteren Beamten und das Verhör kann beginnen.
„Your passports, please“, befiehlt er uns.
Nun heißt es erneut warten, denn der Senior hat seinen Pass im Seesack im Auto. Und das Auto ist wohl, weil's länger dauert, zum Kaffeetrinken gefahren.
Also wird zunächst mal mein Pass untersucht und meine Personalien aufgenommen. Schließlich entscheiden sich die Polizisten, die Personalien des Seniors ohne Pass aufzunehmen.
Danach wird er befragt, weshalb er die Post fotografiert habe. Ich übersetze die Erklärung mit dem Baum. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir mindestens 3mal den obigen Satz gehört.

Der Chef erklärt uns, dass es sein Recht sei, uns festzuhalten, bis das Foto gesichtet werden kann.
Das kann dauern, denke ich verzweifelt!

Endlich tuckert die Gartenlaube vor. Man erlaubt mir, den Pass zu holen. Mehr nicht!

So richtig glücklich bin ich nicht.
Mit ernster Miene wird der Pass unseres Seniors untersucht und schließlich fragt der Chef: „Are you a doctor?“, weil er den Doktortitel im Pass gelesen hat.
Ich bestätige dies und sogleich zeichnet sich Respekt in den Gesichtern ab!

Der Chef sagt bedeutungsschwer: „Ich habe das Recht, Sie hier in Haft zu nehmen, bis wir das Foto sehen können. Ich habe das Recht, die Kamera zu konfiszieren! Aber ich werde mich mit dem Film zufrieden geben. Ich möchte den Film haben!“
Innerlich atme ich auf, denke, das ist ja nochmal gut gegangen, während ich übersetze, was der Chef gesagt hat.

Doch der Senior ist mit dieser Lösung gar nicht einverstanden.
„Der Film ist fast voll, da sind meine Luangwa-Bilder drauf!“
Damit trifft er meinen Fotografen-Nerv.
Ich würde meine Luangwa-Bilder auch nicht hergeben!

Kurz nachgedacht, einverstanden, wenn ich den Vorschlag mache, den Fotoapparat kurz zu öffnen? Dann ist das Bild belichtet und kaputt, und die restlichen Bilder hoffentlich nicht, denn das Büro ist ziemlich düster! Außer einer kleinen Bürolampe gibt es kaum Licht.

Okay, ich schlage dies vor und stelle schnell fest, dass ich die Funktionsweise des Fotoapparats erklären muss, damit mein Vorschlag überhaupt verstanden wird. Schließlich erklärt sich der Chef damit einverstanden und so reicht man unserem Senior den Fotoapparat.Im Bruchteil einer Sekunde ist die Minolta geöffnet und wieder geschlossen. Wir beide schauen uns zufrieden um - und blicken in sprachlose Gesichter!

„Where is the Photo?“ fragt der Chef.

Also erkläre ich nochmal, dass das Foto jetzt belichtet und unbrauchbar geworden ist.
Er rückt nicht von seinem Wunsch ab. "I want to have the Photo!"

Ich mache den Vorschlag, das Bild aus dem Film herauszuschneiden.
Eine Schere wird nicht gefunden, dafür kommt ein Beamter mit einer Rasierklinge.
Da ich die schnelleren Finger habe, öffne ich diesmal den Fotoapparat kurz, ziehe etwas vom Film heraus, schneide ein Stück ab, Klappe wieder zu – fertig.
Ich überreiche den kleinen etwas mehr als Dia-großen Streifen.

Der Polizist hält das Bild angestrengt gegen die Bürolampe und sagt schließlich:
„There is nothing to see“ - da sieht man nichts!

Unser Herzklopfen wird schneller, doch zu unserem großen Glück ist einer der jüngeren Polizisten ebenso Foto-bewandert wie meine digital aufgewachsenen Söhne.
Er sagt entschieden: „We have to take it to development!“
Das sitzt!

Der Chef legt das Foto zu den Akten, wir müssen noch das Verhörprotokoll abzeichnen, danach lässt er alle Förmlichkeiten fallen und fragt, was für ein Arzt unser Senior ist, was ich in meinem Beruf mache, da er sich unter der Berufsbezeichnung nichts vorstellen kann, ob uns Sambia gefällt, wünscht uns noch einen schönen Urlaub. Ein paar Minuten Smalltalk und dann „Nice to meet you! You can go now!“


Kleiner Nachspann: abends hat unser Senior den Film, der noch auf der Spule war, unter der Bettdecke in eine leere Filmdose verfrachtet. Die Bilder sollen brauchbar gewesen sein.
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02 Dez 2009 18:46 #122448
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  • Southerndreams am 02 Dez 2009 18:46
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Ach Nenette,

ich kann das so gut nachvollziehen,
auch wenn wir 20 Jahre später unterwegs waren,
viel hat sich nicht geändert in Sambia.

Schade dass es keine der Bilder des Senior gibt.

Viele Grüße,

Beate
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02 Dez 2009 19:32 #122456
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Halloooo - das war ja noch zu der Zeit, als wir analog fotografierten :lol:

Nenette, gewisse Passagen in deinem Tagebuch erinnern mich an unseren Trip 1985 in Kenya. Wobei: Offizielle Gebäude und Amtspersonen fotografieren ist ja in vielen Ländern heute noch verpönt bis verboten.

Bitte mach weiter; es macht Spass, zu vergleichen!

Thomas
Für mich ist Denkmal ein lebenslanger Imperativ, der aus zwei Wörtern besteht
(Fritz Grünbaum)

Reisebericht: 50 Tage NamBots (PDF ganz am Ende)
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02 Dez 2009 20:19 #122461
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Hallo,

ja Beate, das erstaunt mich auch, dass sich so wenig geändert hat. Wobei ich in einem anderen Reisebericht von zwei Schweizern nachgelesen habe, dass in Malai extrem viel gebettelt wird. Das habe ich nicht erlebt, weder in Malawi noch in Zambia, von Botswana gar nicht zu reden. In Kenya war das in Mombassa und Nairobi üblich. Habt Ihr das auch erlebt? Die Bilder des Seniors habe ich leider nicht.

Thomas, da haben wir uns ja knapp um ein Jahr verpasst. Mein Afrika-Virus hat mich am 16.4.1986 in Samburu erfasst.

Ich lese übrigens derzeit "The Eye of the Elephant" von Mark und Delia Owen über ihr Projekt zum Aufbau funktionierender Wildschutzstrukturen im North Luangwa National Park. Absolut empfehlenswert. Im Gegensatz zum "Ruf der Kalahari", das sich fast ausschließlich um Tiere dreht, geht es hier in weiten Strecken um Menschen.

Liebe Grüße,
Nenette
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