Kapitel 1: Ein nasskalter Empfang (13.10.2018)
Endlich geht es los – die Koffer sind möglichst schlank gepackt und die Aufregung steigt.
Vor wenigen Tagen haben wir erfahren, dass unser innerdeutscher Verbindungsflug um rund zwei Stunden vorverlegt worden ist. Das stellt uns vor einige logistische Herausforderungen und sorgt dafür, dass wir geschlagene fünf Stunden Aufenthalt am Flughafen in München haben werden. Mit zwei Kindern keine sehr attraktive Aussicht…
Die Wartezeit vergeht jedoch – auch dank eines netten Spielangebots in Form eines Flugzeugklettergerüsts – verhältnismäßig schnell und die Kinder können sich noch einmal so richtig austoben, bevor es in den Flieger nach Johannesburg geht. Nahrungsbeschaffung ist am Flughafen München jedoch anscheinend noch kostenintensiver als anderswo und so landen wir nach langem und frustrierendem Gesuche schließlich bei Subways…
Der Nachtflug gen Johannesburg verläuft dann ausgesprochen ruhig. Die Kinder schlafen wie glücklicherweise immer auf solchen Flügen gut und das im Vergleich zu 2016 sehr ausgebaute Entertainmentprogramm von SAA greift uns in den Wachphasen helfend unter die Arme.
Leider hat unser Flug Verspätung, sodass uns am nächsten Morgen in Johannesburg nur eine knappe Stunde zum Umsteigen in die Airlink-Maschine gen Nelspruit bleibt…
Also heißt es hier rennen, rennen, rennen. Denn beim Umsteigen von internationalen Verbindungen auf Inlandsflüge muss dummerweise das Gepäck auf dem Kofferband abgeholt und neu eingecheckt werden, was zusätzlich wertvolle Zeit benötigt, da das Einchecken weit entfernt auf einer anderen Etage stattfindet.
Was wir in München an Zeit zu viel hatten, haben wir hier zu wenig. Stress bricht aus und wir schaffen es knapp durch die (traditionell laschen) Sicherheitskontrollen zum Terminal der Inlandsflüge. Außer Atem erreichen wir also unsere gebuchte Maschine. Unser aufgegebenes Gepäck sollte da weniger Glück haben…
Eine knappe Stunde in der Luft vergeht und wir setzen zur Landung auf den Mpumalanga International Airport an, ein kleiner Flughafen am Rande des Kruger, der in der Hauptsache ein Einfallstor für uns Touristen darstellt und entsprechend mit Touroperatoren, Galerien und Souvenirläden ausgestattet ist.
Wir durchbrechen eine dicke Wolkendecke und werden von leichtem Nieselregen und kühlem Wind in grauer Eintracht empfangen. Unsere Fleecepullis, die wir zum Glück im Handgepäck haben, kommen zum ersten und unerwarteten Einsatz.
Am Gepäckband wird schnell klar, dass unsere Koffer nicht mitgekommen sind. Am Airlink-Schalter wird versprochen, dass sie mit dem nächsten Flug in etwa zwei Stunden hinterhergeschickt werden würden. So lange wollen wir hier eigentlich nicht warten und beschließen das Angebot anzunehmen, dass uns das Gepäck heute Abend zum Crocodile Bridge Gate geliefert werden könne. Zum Glück warten wir nicht am Flughafen, denn es stellt sich später heraus, dass die Koffer auch nicht an Bord des angekündigten Fluges sein werden…
Wir nehmen am Budget-Schalter den Schlüssel für unseren VW T6 Bus entgegen, der uns in den kommenden zwei Wochen in den Kruger begleiten wird. Das Auto ist in ganz wunderbarem Zustand und bietet uns jede Menge Platz, vor allem nachdem wir einen Sitz der Mittelreihe ausgebaut haben und die restlichen Sitze der Reihe durch Umklappen in einen Tisch verwandelt haben. Auch die Kindersitze lassen sich in diesem Jahr recht problemlos installieren – wir sind anscheinend doch lernfähig. Nach kurzer Zeit ist also unser Wohn- und Spielzimmer auf vier Rädern fertig hergerichtet.
Mit leichtem Gepäck geht es dann nach Malelane. Dass die Koffer nicht da sind, entbindet uns davon, dass einer von uns im Wagen bleiben muss, um das Gepäck zu bewachen. Man muss nur immer alles positiv sehen.
Wir kaufen im Shoprite der Ingwe Mall unsere Vorräte für den Nationalparkaufenthalt ein. Nudeln, Cerealien, Säfte, Wasser – zwei gigantische Einkaufstaschen werden gefüllt und in den VW gewuchtet.
Als wir mit dem Einkauf fertig sind, hat es aufgehört zu nieseln. Das Grau bleibt uns jedoch erhalten, die Sonne hat heute keine Chance. Willkommen im südafrikanischen Frühling.
Wenige Minuten Fahrt vergehen und wir kommen am Malelane Gate an. Schnell kann die Einfahrtsbürokratie erledigt werden und schon passieren wir den geöffneten Schlagbaum. Nach ca. 24 Stunden sind wir am Ziel: Der Beginn von zwei Wochen im Busch.
Wir fahren die Crocodile River Road gen Osten, unsere ersten zwei Nächte haben wir im Crocodile Bridge Camp gebucht.
Auf dem Weg begegnen uns kaum Autos – einer der Vorteile der Dirtroads im Kruger. Dafür haben wir erste Sichtungen, die durch das schlechte Licht das Fotografenherz nicht gerade in höchste Höhen schnellen lassen. Da wir auf dieser Reise zum ersten Mal auch unsere Kinder mit unseren ganz alten Kompaktdigitalkameras ausgerüstet haben, richten sich nun teilweise vier Objektive auf die Tiere links und rechts unseres Weges. Für die Kinder sind die Kameras ein echter Mehrwert – sie entwickeln wieder großen Spaß daran, auch bei Impala und Co um einen Fotostopp zu bitten.
Die genannten Antilopen sehen wir natürlich bereits jetzt in größerer Anzahl – machen aber kein Foto (das bleibt seltsamerweise in den nächsten 14 Tagen fast durchweg so...). Als erstes schafft es ein brütender
(Danke Matthias!) Kronenkiebitz, von uns abgelichtet zu werden.
Auch Warzenschweine lassen sich sehen. Kurz darauf erblicken wir Kudus und erste Elefanten, die aber durch den dichten Busch und das fehlende Sonnenlicht sehr wenig fotogen sind.
Einen längeren Fotostopp legen wir bei einem emsigen Bennettspecht ein, den wir lange bei seiner Nahrungssuche beobachten können. Gar nicht so leicht, ein scharfes Foto dieses kleinen Kerls zu machen…
Ein kurzer Blick gelingt uns auf ein Schopffrankolin, bis es sich schnell in den dichten Busch verzieht.
Auch die Weißstirnbienenfresser frieren…
Beim Nachmittagssnack lassen sich Giraffen beobachten.
Es folgt der Höhepunkt dieses ersten Gamedrives. Nah am Weg grasen vier B.N., die wir lange begeistert beobachten können. Sie stehen auf einer Lichtung und die sind hier rar gesät, umso mehr genießen wir die Begegnung mit diesen sanften bedrohten Riesen.
Als letztes gibt ein nasser Kronenducker sein Stelldichein und hält lange genug für einige Fotos still.
Erschöpft erreichen wir Crocodile Bridge und verlängern als erstes unsere Wildcard. Mit dem Rezeptionisten vereinbaren wir außerdem die Übergabe unserer Koffer, die erst nach Gateschließung ihren Weg zu uns finden werden. Entsprechend kompliziert gestaltet sich alles.
Unsere Hütte im Camp ist so düster wie alle anderen, klein und zweckmäßig. Die Kinder genießen die große Wiese und nehmen auch den kleinen Innenraum schnell in Beschlag. Wir kochen Nudeln in unserer Außenküche und entspannen. Leider gibt es hier viele Mücken, sodass wir lieber im Inneren der Hütte essen.
Als es längst dunkel ist, kommt unser Gepäck. Es wurde am anderen Flussufer Rangern übergeben, von diesen kann ich es am Gate abholen. Leider sind beide Koffer und ihr Inhalt ziemlich durchnässt – sie haben wohl einige Stunden auf dem Rollfeld im Nieselregen gestanden. Unsere ohnehin kleine Hütte verwandelt sich also in eine Trockenkammer. Alles, was behängt werden kann, dient als Wäschetrockner…