10. November: Die Wiege der Menschheit
Wir wollen zur sechzig Kilometer entfernten „Cradle of Humankind“. Die Bezeichnung gilt einem mehrere hundert Quadratkilometer großen Gebiet, das für uns bisher nur ein Sternchen auf der Landkarte war und uns nicht viel bedeutete. Bei strahlendem Sonnenschein holen Huberta und Walter uns ab.
Wir fahren durch eine hügelige Landschaft, deren Grünschimmer den Beginn der Regenzeit ankündigt.
Erste Station ist Maropeng, ein unterirdisches Museum, in dem nicht nur die Geschichte der Menschheit museumspädagogisch vorbildlich aufbereitet ist, sondern das auch mit Überraschungen aufwartet, die wir eher in einem Vergnügungspark vermutet hätten. Mit einem Boot werden wir durch unterschiedliches Klima, durch Dunkelheit, Kälte, Nässe, Hitze und einen Vulkanausbruch geschleust. Später überqueren wir eine Brücke, um die sich die Welt zu drehen scheint und schließen die Augen, weil wir das Gefühl haben, auf den Kopf gestellt zu werden.
Nächste Station ist die zirka zehn Kilometer entfernte Sterkfontain-Höhle, in der ein Forscher namens Broome Mrs. Ples, den bisher ältesten Schädel menschlichen Ursprungs entdeckte. Dagegen ist der Homo Heidelbergensis ein Baby! Walter verfährt sich leider, was bei der mangelnden Beschilderung in dieser Gegend nicht wundert, aber zu vielen, vielen Kilometern Umweg führt.
Die Höhle dehnt sich ungefähr einhundert Kilometer weit unter der Erde aus. Am Eingang wird Besuchern mit Asthma, Klaustrophobie und Herzproblemen empfohlen, auf die Tour zu verzichten. Und das ist gut so! Wir kriechen auf allen Vieren durch enge Durchlässe, für die der deutsche TÜV niemals seine Genehmigung erteilt hätte, rutschen auf feuchten Treppen aus und stoßen auf einen unterirdischen See, der sich geheimnisvoll in den dunklen Tiefen der Höhle verliert.
Unseren letzten gemeinsamen Abend beschließen wir in Walters und Hubertas Lieblingslokal. Es hat geregnet, als wir eintreffen, müssen die Tische und Bänke im Garten erst trocken gerieben werden. Wir genießen die romantische Umgebung, das seidige Klima und das ausgezeichnete Essen. Wehmut vermischt mit Reisefieber stellt sich ein, denn morgen fliegen wir nach Hause, wo es trüb, kalt und nass sein soll.
11. November: Die Heimreise
Als wir kurz nach neun Uhr frühstücken wollen, liegt das Hotel noch wie ausgestorben da. Um halb Elf endlich werden wir bedient. Wir bezahlen unser Quartier, lassen viel zu spät durch den Wirt unseren Flug mit der SAA bestätigen und packen so lange unsere Reisetaschen ein und wieder aus, bis jede knapp zwanzig Kilo wiegt. Herbert kann sich tatsächlich dazu durchringen, seine Holzschlappen, die ihn nicht nur durch Botswana und Südafrika getragen haben, sondern auch schon durch weite Teile Australiens und Namibias, zu entsorgen.
Walter und Huberta holen uns um halb drei ab, und Walter lässt es sich nicht nehmen, uns zum Flughafen zu fahren, obwohl die Bahnstation Sandton vereinbart war. Wir verabschieden uns zum allerletzten Mal und werden zum letzten Mal ermuntert, unseren nächsten Urlaub in Südafrika zu verbringen, das sei viel weniger anstrengend als das Okavangodelta!
Wir geben unsere Reisetaschen auf und bummeln durch das Flughafengebäude, denn wir haben viel Zeit. Unsere Maschine soll erst um 20.15 Uhr starten. Die Einkaufsmöglichkeiten können mit jedem internationalen Flughafen konkurrieren. Wir erstehen ein paar Mitbringsel, die nicht schwer wiegen, denn auch ohne die Reisetaschen sind wir gut bepackt. Zwei Stunden vor dem Abflug stauen wir uns durch die Kontrollen und stellen anschließend fest, dass es im Transitbereich weitere Geschäfte gibt. Glücklicherweise haben wir alle Rand ausgegeben!
Am frühen Abend geht über Johannesburg und den Flughafen ein heftiges Unwetter nieder. Es blitzt und kracht, Regen und Hagel donnern auf das Dach. Draußen sieht es aus wie bei einem Weltuntergang. Konsequenz: Alle Flüge werden gestoppt. Als wir weit nach 23.00 Uhr endlich abheben, informiert uns der Flugkapitän, er habe aus Ruanda kommend für drei Stunden in Gaborone zwischenlanden müssen, da Johannesburg geschlossen worden sei. Davon hat man uns ungeduldig Wartenden nichts erzählt!
Der Abschluss in Jozi, wie unsere Freunde ihre Stadt liebevoll nennen, war bemerkenswert. International als Stadt mit der höchsten Verbrechensrate bekannt, bot Johannesburg so manche touristische Sehenswürdigkeit. Sehenswert sind der aufstrebende Stadtteil Maboneng mit seinem Künstlerviertel, seinen Museen und Galerien; Constitution Hill, das frühere Gefängnis für die schwarzen Widerstandskämpfer; das Apartheidsmuseum, die quirlige City mit dem zweithöchsten Hochhaus Afrikas, das zwanzig Kilometer entfernte Soweto und das Weltkulturerbe „Cradle of Humankind“. Nicht vergessen werden wir den Farbenrausch der Jacarandabäume, die während unseres Besuchs in voller Blüte standen. Unsere Gastgeber Huberta und Walter, seit mehr als vierzig Jahren in Johannesburg zu Hause, haben uns viel gezeigt und erzählt. Es war ein eindrücklicher Abschluss unserer Reise, den wir durch die beiden erleben durften. Herzlichen Dank!