THEMA: DREI MONATE LANG KREUZ UND QUER DURCH KENIA
17 Jan 2016 17:57 #415212
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  • Mzeekenya am 17 Jan 2016 17:57
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Hallo und guten Abend,
heute am späteren Nachmittag bin ich aus Buffalo Springs und dem Samburu National Reserve wieder nach Nanyuki zurück gekehrt - zusammen mit 6750 Bildern, die ich jetzt gerade von den Chips auf externe HDs runterlade.
Vielen Dank für euer Feedback auf meine Geschichten. Die nächsten werden folgen, aber habt bitte ein bisschen Geduld - zuerst kommen die Bilder, dann eine Anzahl privater Mails und am Schluss, weil's Spass macht, News aus den beiden Reservaten.
Ende kommender Woche gehts dann über Nyahururu, Nakuru, Naivasha nach Narok und in die Massai Mara - sofern der Wagen, das Wetter und die Polizei mitspielen.
Ich darf schon mal verraten, dass ich auch bei der letzten Safari von der Polizei in Isiolo "auseinander" genommen wurde und eine Stunde lang im Verhör geschwitzt habe...
Schönen Abend und Gruss aus Nanyuki, das gerade von einem monumentalen Regenguss heimgesucht wurde - mit dem obligaten Stromausfall natürlich. Jetzt allerdings ist die Power zurück.
M.


schon mal ein Müsterchen aus dem Samburu!

Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:35 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 16:32 #415623
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  • Mzeekenya am 17 Jan 2016 17:57
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Kurzes Intermezzo in Nanyuki

Am 16. Oktober 2016 werden es 50 Jahre sein, seit ich zum ersten Mal afrikanischen Boden, in Mombasa, - mit einem französischen Schiff von Marseille kommend - betrat und eine erste Safari von sechs Monaten machen konnte. Es war die beste meiner über 100 Reisen durch alle Kontinente und zahlreiche Länder.
Meine Lieben zuhause finden es langsam an der Zeit, mit der Herumreiserei aufzuhören und
meinen Lebensabend "zuhause" zu geniessen - mit Filzpantoffeln, RTL und Enkeltochter.
Bisher habe ich das Ansinnen meiner Kinder weit von mir gewiesen, auch wenn ich zugebe, dass die Räder des LandCruiser jedes Jahr ein Stück schwerer werde, wenn ich eines wegen eines Plattfusses wechseln muss. Im Notfall steht aber meist ein Dutzend junger, kräftiger Burschen in der Gegend rum und die Jungs sind gerne bereit, Hand anzulegen.
Gestern ist mir aber etwas passiert, das mir zu denken gibt, auch wenn es einer gewissen Situationskomik nicht entbehrt (die ich, weil sie mich selbst betrifft, allerdings nicht besonders amüsant finde).

An der Hauptstrasse erstrecken sich Dutzende von kleinen und grösseren Shops



Auf der Suche nach...

Nach einer Safari, wie ich sie im Buffalo Springs und im Samburu Reservate erlebt habe, merkt man meistens, dass entweder am und für den Wagen irgendwelche Teile fehlen oder man selbst etwas entbehrt. Das ging mir auch diesmal so und ich wollte das Fehlende in Nanyuki kaufen, bevor die nächste Safari - vermutlich in die Massai Mara - in Angriff genommen wird. Was ich unbedingt einkaufen musste, waren ein paar Meter hundsgewöhnlichen, biegsamen Draht, mit dem man einen gebrochenen Auspuff fixieren kann, ein Türscharnier oder das Kühlergitter, dessen Schrauben sich aus dem Staub gemacht haben. Also fuhr ich zum grössten, bestsortierten Hardware Shop Nanyukis, zu Modsan, der von einem indischen Familienclan hervorragend geführt wird und ein Sortiment hat, um das ihn jedes deutsche und schweizerische Eisenwarengeschäft beneiden würde. Ich parkte den LandCruiser vor Modsan und betrat das Geschäft, nur um festzustellen, dass es zum Bersten voll war. Geduld ist nicht gerade meine Stärke (schliesslich bleibt mir nicht mehr soviel Zeit...!) und so verliess ich Modsan und suchte ein anderderes, kleineres Hardwaregeschäft auf, das wenige Dutzend Meter von Modsan entfernt ein eher kümmerliches Dasein fristet.

Da steht mein LandCruiser noch im Angesicht von Modsan. Ich träume doch nicht!


Ich war der einzige Kunde und meine Frage nach Draht wurde mit einem "ham' wir nich'" beantwortet. Natürlich auf Swahili. Die Besitzerin empfahl mir einen weiteren Hardware Shop, fast am anderen Ende der Kenyatta Avenue und ich machte mich auf den Weg dorthin.
Dort gab's auch keinen Draht, aber den Tipp, es bei dem Eisenwarenhändler soundso zu versuchen, der wiederum eine halbe Meile entfernt war. Und siehe da: Eisendraht in der gewünschten Dicke war vorhanden, aber meinem Ansinnen, zwei bis drei Meter zu kaufen, wurde nicht entsprochen. "Wir verkaufen Eisenwaren per keidschi." Das heisst übersetzt per Kilogramm.
Der Verkäufer erklärte sich ausnahmsweise bereit, mir ein halbes Kilogramm zu verkaufen, was er Phi mal Schnauze machte und ich den Laden mit mindestens einem keidschi besten
Drahts verliess. Frohgemut machte ich mich zu meinem LandCruiser auf und nahm den Weg unter die Füsse.

Als ich nach einer halben Stunde zurück kehre, steht der Wagen nicht mehr da. Oder sieht jemand das Auto auf dem Bild unten? Gestohlen, ist es mir durch den Kopf gefahren.


Als ich bei Modsan ankam, traf mich um ein Haar ein Schlaganfall: mein Wagen war verschwunden! Ich gestehe, dass mir mein Herz in die Hosen fiel und unten raus. Meine ganzen Habseligkeiten, vor allem die teure Fotoausrüstung, die Geldmittel, Ausweise und was man halt so auf einer ausgedehnten Reise mit sich rumschleppt, hatten sich verflüchtigt.
Ehrlich - ich empfand keine Freude. Alte Autos sind in Afrika gesucht und begehrt. Diebesbanden klauen sie und bringen sie innerhalb kürzester Zeit in einen Hinterhof, wo sie auseinander geschraubt und als gesuchte Ersatzteile verkauft werden. Angeblich ein Riesengeschäft.

Na, für ein paar Kilos mehr findet sich immer noch ein Plätzchen. Und ganz zuoberst sitzen dann die Mitfahrer



Der indisch-kenianische Nakumatt-Konzern hat sich in ganz Ostafrika ausgebreitet und ist in
jeder grösseren Stadt Kenias zu finden. Gut und teuer



Ein beliebtes Ziel weisser Besucher ist der Lilly Pond, durch den der Äquator führt. Hier trifft sich an den Wochenenden die einheimische Jugend und die Möchtegern-Schickeria



Die in Europa gesammelten Altkleider gehen ausnahmslos nach Afrika. Wer nicht unbedingt nach letzter Mode gekleidet sein will, kann sich in Kenia sehr, sehr preiswert einkleiden



Die Motorradfahrer bzw. die Räder - BodaBoda genannt - sind zu einer Seuche im schon vor ihrer Zeit chaotischen Verkehr geworden und verhalten sich noch schlimmer und unberechenbarer als die berüchtigten Matatu-Fahrer mit ihren Kleinbussen
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19 Jan 2016 17:42 #415632
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Guter Rat ist teuer

Ich suchte einen der gelben Kanarienvögel, Männer und Frauen, die im Auftrag der Kommune Parkgelder kassieren. Logischerweise war keiner weit und breit zu sehen.
Als ich einen fand und ihm erzählte, was mir bzw. dem Wagen passiert sei, schüttelte
er den Kopf und sagte "in Nanyuki wurde noch nie ein Wagen geklaut oder aufgebrochen. Wir haben zwar öfter mal einen Mord oder Totschlag - aber Wagen klauen, nein, das gibt's bei uns nicht". Nun, dachte ich, dann lande ich im Guinness Buch der Rekorde als erster Mzungu, dem in Nanyuki das Auto sozusagen unter dem Hintern geklaut wurde. Und ich war auch noch selber schuld, denn aus reiner Bequemlichkeit hatte ich einen verborgenen Schalter, der den Stromkreis zur Zündung unterbricht, nicht umgelegt. So eine Sch...

Im Notfall - oder um Geld zu sparen - haben drei Erwachsene und der Fahrer auf einem BodaBoda Platz!


Der Parkplatz-Ticketverkäufer - er hiess Thomas, wie ich später erfuhr - schleppte mich in ein Geschäft und fragte, ob jemand gesehen habe, wie mein LandCruiser vor ihren Augen gestohlen worden sei. Nein, niemand. Man riet mir, mich so schnell wie möglich mit der Polizei in Verbindung zu setzen - die Jungs seien ganz schön fix und würden den LandCruiser bald finden. "Hat jemand die Nummer der Polizei?" fragte ich die umstehenden Leute - es waren inzwischen sicher zwei Dutzend, die alle den Kopf schüttelten. "Am bestens ist es, du nimmst ein BodaBoda und fährst gleich selbst hin - dann geht es schneller," meinte einer.
Da ich aber mit der Polizei auf Kriegsfuss stehe - oder besser gesagt, sie mit mir, legte ich keinen gesteigerten Wert auf ein Treffen.

Der Parkschein-Verkäufer, ein überaus lieber und hilfsbereiter junger Mann, deutete auf einen gelben LandRover und fragte "ist es nicht der da?" und als ich verneinte, auf einen grünen LandCruiser... "Hör mal mein Freud, du hältst mich wohl für blöd?", "Nein", sagte er, "aber man wird noch fragen dürfen". Womit er recht hatte. Dann zeigte er zum fernen Horizont, weit die Strasse hinunter Richtung Samburu und sagte "dort unten steht auch ein weisser". So weit wie mein Helfer sehe ich nicht mehr scharf - aber ich traue mich fast nicht, es zu sagen: Dort unten, fast am Ende der Welt, stand mein gesuchter LandCruiser. Unberührt, sozusagen jungfräulich, sofern man das von einem 27 Jahre alten Auto sagen kann, das 310 000 km auf dem Buckel hat.
Ich weiss bis heute nicht, wie der Wagen dorthin gekommen ist!

Als ich heute wieder in die Stadt fuhr und vor Modsan parkierte, kam Thomas angerannt. Er strahlte über's ganze Gesicht und meinte "Mzee, ich passe auf deinen Wagen auf. Und wenn du nicht mehr weisst, wo du ihn hingestellt hast, dann sag ich es dir."
So liebenswürdig sind die meisten Kenianer und die Hilfsbereitschaft von Thomas war mir
100 ksh wert, obwohl ich heute ganz genau wusste, wo ich den LandCruiser wieder finden
würde.
Nebenbei: Fast ganz Nanyuki kennt inzwischen meine Geschichte und ich werde immer wieder gefragt "hast du den gestohlenen LandCruiser wieder gefunden?"

Consolata ist die Köchin im Lilly Pond


Moses bedient die Gäst im Liily Pond IMMER mit einem Lächeln


Mary hat früher auch im Lilly Pond gearbeitet, betreibt aber heute eine
kleine Agentur für lokalen Tourismus. Sie hat mich gebeten, ihr einen Mann aus Deutschland oder der Schweiz zu vermitteln. Ihre drei Kinder wünschen sich einen Papa - der ursprüngliche ist abgehauen, wie das in Kenia hin und wieder, um nicht zu sagen oft, passiert.


Sophia arbeitet im Kenchick und serviert knusprig frittierte Hähnchen



Joseph hat einen Halbtagesjob: am Vormittag verkauft er Zeitungen


Thomas hat versprochen, solange ich in Nanyuki bin, auf mich aufzupassen...



Übrigens: Ich bin ein Stück weit in das kalte, regenreiche Nanyuki verliebt und kann nicht einmal sagen wieso. Deshalb widme ich der Stadt einige Bilder und hoffe, sie noch oft
und lang besuchen zu können. Vor allem auch deshalb, weil hier noch nie ein Auto gestohlen worden ist!
Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:37 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 18:32 #415645
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Botswanadreams schrieb:
Na lieber M., das Muster ist ja schon mal vielversprechend und bei 6750 Bildern kann es wohl gar nicht so schlecht gewesen sein, wie Du vermutet hattest.
LG Christa

Hallo Christa, nein, nein, ich habe nichts vermutet, sondern das wiedergegeben, was ich zugetragen bekam. Zum Glück hat sich die Futtersituation durch viel Regen Ende November/Anfang Dezember für die Viehhalter so weit verbessert, dass sie ihre Tiere nicht mehr in die National-Reservate treiben müssen (Ausnahme: Shaba, wo vor allem Ziegen- und Schafherden sind).
Gruss M.

Ziegen- und Schafherde im fast trockenen Uaso Nyiro, aufgenommen von der Waso-Bridge
aus, die Buffalo Springs und Samburu miteinander verbindet.


Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:38 von Mzeekenya.
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19 Jan 2016 18:35 #415649
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Doppelpost...
Dafür ein alter Herr, der ziemlich aufgebracht war.


Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:39 von Mzeekenya.
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22 Jan 2016 10:19 #416058
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Lang, lang ist's her

Als ich 1966 mit meinem Bruder das erste Mal nach Kenia kam, war eines unserer ersten Ziele das Samburu National Reserve. Damals begann allerdings bei Isiolo die sogenannte "Northern Frontier", d.h. man konnte das ganze nördliche Kenia nur mit einer Spezialbewilligung bereisen. Der Grund waren umher streifende Somalibanden, die Shiftas, die für zahlreiche Überfälle und Morde verantwortlich waren. Obwohl der Samburu-Park nur 30 km nördlich von Isiolo liegt, musste man sich für seinen Besuch in Nairobi ein Permit besorgen, dessen Ausstellung sechs bis acht Wochen benötigte. Wir hatten weder Lust noch die Zeit, auf eine Bewilligung, die möglicherweise nicht erteilt wurde, zu warten, sondern reisten mit unserem VW-Bus auf gut Glück von Nairobi nach Isiolo. Dort angekommen, fuhren wir zur vom Militär blockierten Strasse, wo man uns mit der Begründung abwies, dass uns die vorgeschriebene Bewilligung fehle. Wir behaupteten, in Nairobi habe man uns gesagt, dass wir das benötigte Permit direkt in Isiolo erhalten könnten. Der Offizier, zu dem man uns gebracht hatte, schimpfte wie ein Rohrspatz auf "diese Sesselfurzer in Nairobi" - gab uns aber, oh Wunder, eine Ausnahme-Genehmigung für drei Tage Samburu-Wildreservat!



Es dauerte noch einige Jahre, bis die Restriktionen bezüglich der "Northern Frontier" aufgehoben und die Shiftas in den Nordosten des Landes vertrieben wurden, wo sich die Banden bis zum heutigen Tag herum treiben, Busse und LKWs überfallen und Leute umbringen.
Die Zufahrt zu den drei Reservaten Shaba, Buffalo Springs und Samburu ist aber zur Zeit problem- und gefahrlos möglich; seit einigen Jahren sogar auf einer guten und breiten Teerstrasse. Bevor der Tourismus aus verschiedenen Gründen, die hier nicht aufgezählt werden sollen, vor einigen Jahren zusammenbrach, gehörten Buffalo Springs und Samburu zu den meistbesuchten Schutzgebieten Kenias, während das Shaba-Reservat eher ein Dornröschen-Dasein fristet und lange nicht so gut erschlossen ist, wie die beiden anderen.

Die besten Chips (Pommes) Kenias


Nach ein paar Tagen Aufenthalts in Nanyuki, dem Besuch alter Freunde und meiner bewährten Autowerkstatt, in der mein LandCruiser nach Strich und Faden "verwöhnt" wurde und einen grossen Service erhielt, fuhr ich dem Buffalo Springs National Reserve entgegen.



Die Strasse stieg von Nanyuki, das auf rund 1 950 m ü.M. liegt, bis auf über 2 500 m ü.M. an und führte an ausgedehnten Weizen- und Gerstenfeldern vorbei. Hier oben, am Fusse des Mount Kenya, fällt relativ viel Regen und zwar nicht nur während der Grossen (oder Langen) und der Kleinen (oder Kurzen) Regenzeit, sondern das ganze Jahr. Das begünstigt den Getreideanbau, der fast ausschliesslich in den Händen weisser Farmer - Engländer, die in 4. und 5. Generation im Land sind - liegt.



Fast die Hälfte der Getreideerträge stammen aus diesem Gebiet. Auf einem schmalen Streifen zwischen dem Farmland und der Hauptstrasse bauen die kenianischen Farmarbeiter Kartoffeln, Sukuma Wicki (Brassica oleracea) an, eine Pflanze, die mit dem Kohl verwandt ist und fast täglich zusammen mit Ugali, Maisbrei, gegessen wird. Ich - und so gut wie alle meiner weissen Freunde - verstehen unter Delikatesse allerdings etwas anderes... Das Gemüse sieht ähnlich aus wie unser einheimischer Mangold. Angebaut auf diesen schmalen Streifen Kulturlandes werden auch Mais, seltener Hirse, Gerste und weitere Feldfrüchte.
Die Kartoffeln aus diesem Gebiet sind von ausserordentlicher Qualität und erzielen auf den lokalen Märkten beste Preise.



44 km nördlich von Nanyuki steht eine kleine Baracke (GPS N: 00°06.412 E: 037°24.543, 8223 feet), in der einheimische Frauen ein lokales Restaurant eingerichtet haben, in dem es die vermutlich besten Chips/Pommes (in Kenia nennt man Pommes frites chips und das, was wir unter Chips verstehen Crisp) gibt: Chuckies Chips Restaurant. Für 100 ksh bekommt man einen mächtigen Teller voller Pommes. Angeboten wird auch eine Art dicker Suppe, die Green Germ genannt wird und aussieht wie gekotzte Hundesch... in die noch eine kleine Schaufel Chips geschmissen wird und bei den Kenianern helle Begeisterung auslöst. Auf meine Frage, um was es sich bei der Green Germ handle, meinte eine der Frauen "um eine Art Linsen". Ich weiss nicht, ob der biblische Esau seinem jüngeren Bruder Jakob sein Erstgeburtsrecht für einen Teller Green Germ verkauft hätte...






Schon wieder Terrorismusverdacht?

Vom Chuckies Chips Restaurant sind es noch 35 km nach Isiolo, dem Tor zum Norden und zu den oben erwähnten Schutzgebieten. Von rund 2 500 m ü.M. geht es bis auf 900 m ü.M. hinunter und zwar so steil, dass überall Warntafeln stehen, die darauf hinweisen, dass LKWs mit dem kleinsten Gang abwärts fahren sollen. Ab und zu liegt ein umgestürzter Laster mit Anänger im Strassengraben. Beim technischen Zustand der Lastzüge wundert man sich, dass nicht noch mehr passiert.
Ich nahm's gemütlich und schaute mir die schöne, fruchtbare Gegend ausgiebig an. Auf halber Strecke passierte ich die Einfahrt zur Lewa Wildlife Conservancy (www.lewa.org/), ein berühmtes privates Wildschutzgebiet, das aus dem Zusammenschluss mehrerer "weisser" Farmen entstanden ist und, je nach Quelle, 55 000 bis 60 000 acres gross ist (ein acre misst ca. 4047 m2). Anders als die staatlichen Wildschutzgebiete ist die Lewa Downs, wie sie auch genannt wird, professionell gemanagt und bestens organisiert. Eintritt und Unterkunft bewegen sich allerdings in astronomischen Höhen. Als Gegenleistung erhält man jeden denkbaren Luxus, eine Spitzenküche und zweimal pro Tag ausgedehnte Pirschfahrten. Und zu sehen gibt es viel: alle Big Five - Lewa ist vor allem für seine Rhinos bekannt -, Netzgiraffen, Steppen- und Grévyzebras, ein Dutzend verschiedener Antilopen und fast 400 verschiedene Vogelarten.
Da ich mir einen Aufenthalt weder leisten konnte noch wollte, beschränkte ich mich darauf, den Eingang zu fotografieren. Es dauerte keine zehn Sekunden, bis ein Parkwächter in Tarnuniform aus seinem Häuschen stürzte, wild gestikulierte und schrie "no pictures, no pictures". Na, wenn du meinst, dachte ich und fuhr dem nahen Isiolo entgegen.





Anhang:
Letzte Änderung: 03 Mai 2016 14:41 von Mzeekenya.
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