THEMA: Eine Reise wird zum Alptraum
15 Jun 2015 20:09 #388347
  • Erika
  • Erikas Avatar
  • Beiträge: 2338
  • Dank erhalten: 4898
  • Erika am 15 Jun 2015 20:09
  • Erikas Avatar
Azee Gästehaus, Nairobi, 25. Januar 2015
Seit ich in Nairobi bin, kann ich endlich wieder etwas besser schlafen. Mein Zimmer ist dem Innenhof zugewandt, sodass ich eigentlich nicht viel vom Strassenlärm mitbekomme.



Gegen vorne raus sieht‘s so aus. :)



Wenn ich das Schlafzimmerfenster gegen hinten raus öffne, sieht‘s so aus :( .
Die graue Mauer widerspiegelt in etwa meinen Gemütszustand der letzten Wochen. :dry:



Blick vom Schlafzimmer aus gegen oben :huh: . Doch wieder ein Lichtblick :cheer: .

Nach dem Frühstück bezahle ich nochmals zwei Nächte. Ich bin froh, dass ich hier bald wegkomme, aber auch Dr. Hooker hat mir bestätigt, dass dieses Gästehaus wirklich die einzige Unterkunft ist, die so nahe am Aga Khan Hospital liegt. Irgendwie werde ich‘s schon überleben, wenn‘s mir auch wirklich ziemlich stinkt :pinch: .

So nehme ich auch heute Morgen mit Todesverachtung dieses verhasste Weglein unter die Füsse und marschiere in Richtung Spital. Dabei verklemmt sich eine Glasscherbe zwischen dem Schuhriemchen und meiner Zehe :sick: , aua-aua :evil: . So, nun bin ich verletzt und brauche dringend ein Pflaster. :angry:
Also wirklich, die könnten hier mal ein wenig den Besen schwingen und die Scherben und den Bauschutt wegräumen :angry: .

Toni sieht heute schon viel besser aus. Wahrscheinlich gibt ihm die Gewissheit, bald nach Hause geflogen zu werden enormen Auftrieb. Seine Verteilerstation unterhalb des Schlüsselbeins mit den sechs Steckdosen ist nun von einer Ärztin entfernt worden :) . Toni erzählt, wie das abgelaufen ist. Sie kommt ins Zimmer, streckt ihre Arme aus, die Krankenschwester nimmt ihr das Handtäschchen von der Schulter, bekleidet sie mit grünen Gewändern inkl. Mundschutz und streift ihr drei Paar Handschuhe über :) . Dann werden die Anschlüsse bei Toni entfernt und schlussendlich werden die grünen Gewänder, Mundschutz und Handschuhe wieder ausgezogen :cheer: und das Handtäschchen wieder über die Schulter gehängt :woohoo: .

Um die Mittagszeit ruft dann auch tatsächlich ein Arzt von der Rega (Schweizerische Rettungsflugwacht) an um zu bestätigen, dass wir übermorgen Abend um ca. 22 Uhr von einem Ambulanzjet abgeholt und in die Schweiz geflogen werden :silly: . Er möchte nebst diversen Details auch die Anzahl und das Gewicht unserer Gepäckstücke wissen und wie schwer Toni und ich sind.
Ich möchte auch hier bei dieser Gelegenheit wieder mal dankbar erwähnen, wie sehr man sich von der Schweiz aus um uns gekümmert hat :) :) :) .

Nach dem Mittagessen besorge ich einen Rollstuhl, um Toni an die frische Luft zu bringen und ihm das schöne Spitalareal zu zeigen. Die Pflegerin möchte unbedingt den Rollstuhl schieben :S und lässt sich kaum abschütteln :( . Erst als ich ihr eindringlich erkläre, dass ich mit meinem Mann allein sein möchte, gibt sie nach :cheer: und schärft mir aber ein, sie anzurufen, sobald wir wieder ins Zimmer zurück möchten. So schieb ich meinen Mann durch den weitläufigen Spitalgarten und die endlosen Korridore der zahlreichen Abteilungen und zeige ihm, wo er überhaupt gelandet ist.

Da um 15.00 Uhr Physiotherapie angesagt ist, ruf ich die Pflegerin an, damit sie zum vereinbarten Treffpunkt kommt. Nun möchte sie wieder unbedingt schieben :S . Allerdings müssen wir eine ziemlich steile, lange Rampe hoch, wo sie dermassen arg ins Schnaufen kommt :unsure: , dass ich sie am Hintern schieben muss :ohmy: . Pflegerin schiebt Rollstuhl :blink: , ich schiebe Pflegerin :laugh: . Oben angekommen, setzen wir uns erst mal hin und lachen uns halb tot :woohoo: .

Der Therapeut wartet bereits in Tonis Zimmer und fährt ihn dann in den Kraftraum. Ich schaue zu und bringe ihn danach wieder auf‘s Zimmer. Er ist von den paar Kraftübungen so sehr erschöpft, dass er bald darauf einschläft :( .

So marschiere ich halt dann die ungemütliche Strecke zurück in meine Unterkunft :( .



Mein Bett



Mein „Büro“

Der Abend verläuft wie immer. Unseren Lokalsender Radio Argovia übers Internet hören, E-Mails des TCS und der Rega beantworten, mit Manja skypen und meinem Nachbarn, dem Pakistani zuhören wie er bis in alle Nacht mit seiner Familie skypt und Kinderlieder singt :lol: .

Das Klima hier in Nairobi ist übrigens wunderbar. Die Tagestemperaturen liegen etwa bei 28 Grad und nachts kühlt es auf ca. 17 Grad ab.

Fortsetzung folgt…..
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
Letzte Änderung: 15 Jun 2015 20:12 von Erika.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, sammy, Fluchtmann, Anita40, Topobär, maddy, Birgitt, BriZA, picco, Nane42 und weitere 6
17 Jun 2015 22:01 #388647
  • Erika
  • Erikas Avatar
  • Beiträge: 2338
  • Dank erhalten: 4898
  • Erika am 15 Jun 2015 20:09
  • Erikas Avatar
Azee Gästehaus, Nairobi, 26. Januar 2015
Nach dem Frühstück marschiere ich wieder mit Todesverachtung auf dem fussgängerfeindlichen Weglein ins Spital zu Toni. Seine Tasche habe ich mit dabei, damit wir für morgen schon mal ein paar Sachen einpacken können.



Links der Start meines täglichen Fussweges vom Gästehaus zum Spital

Als Toni mit dem Rollstuhl zur Therapie abgeholt wird, gehe ich in der Zwischenzeit kurz raus, um den Spital-Frisörsalon zu suchen, wo ich hoffentlich endlich eine Nagelfeile finde.
Und tatsächlich!!! :woohoo:
Die haben eine im Angebot!!! :woohoo:
Ah, endlich, endlich!!! :)
Da fährt man mit dem Taxi wegen einer blöden Nagelfeile stundenlang durch Nairobi um sie dann zu verlieren :angry: , und dabei gibt es die Dinger auf dem Spitalareal zu kaufen, na bravo. Während ich mich zur nächsten Parkbank begebe um meine ausgefransten Fingernägel zu feilen, kommt Albert, mein Taxifahrer daher und erzählt mir ganz aufgeregt, dass er meine Nagelfeile in seinem Fahrzeug gefunden habe :cheer: . Ich zeig ihm meine Neue und sag ihm, dass er die Alte als Andenken an mich behalten dürfe :cheer: .
Bei der Gelegenheit bestell ich ihn gleich für morgen um 11.00 Uhr zum Gästehaus, wo er mich mitsamt meinem Gepäck abholen und zum Spital bringen kann.

Im Fitnessraum, finde ich Toni etwas blass und verdattert auf einer Liege vor :blink: . Er sei während einer Übung gestürzt, habe sich aber glücklicherweise nicht weh getan. Das sei so schnell gegangen, dass der Therapeut keine Zeit mehr gehabt habe, ihn aufzufangen :( . Nun möchte er nur noch in sein Zimmer.



Aussicht von Tonis Zimmer

Das wirklich hervorragend schmeckende Mittagessen nehmen wir gemeinsam ein, das heisst, Toni isst ein bisschen und ich nehm den Rest :P .

Nach der Arztvisite äußert Toni den Wunsch, wieder mal richtig zu duschen. Schliesslich ist sein Zimmer mit einer modernen, behindertengerechten Dusche ausgestattet. Beim Gehen ist er schon sehr unsicher, aber mit Hilfe der Pflegerin und mir schafft er die paar Schritte dort hin, wo er sich an verschiedenen Griffen festhalten kann. Als die Pflegerin sieht, dass ich mich ausziehe :blink: - ich möchte ja keine nassen Klamotten kriegen :whistle: - kommt sie mit einem monströsen, blütenweissen Bademantel daher und verlangt, dass ich den anziehe. Es gibt keine Widerrede :angry: . Also zieh ich ihn halt dem Frieden zuliebe an. Kaum ist sie endlich vor der Tür - was einiger Überzeugungskünste bedarf - zieh ich den Bademantel wieder aus :P , entkleide Toni, seife ihn von Kopf bis Fuss gründlich ein, dusche ihn schön ab und nach dem Abtrocknen helfe ich ihm ins Bett und creme ich ihn - verfolgt von den argwöhnischen Blicken der Pflegerin :S - tüchtig ein. Er hat nämlich vom Spital eine ganze Pfundbüchse nach Petrol riechende Pflegecrème mit seinem persönlichen Namen drauf auf dem Nachttisch stehen.




Toni frisch geduscht und blitzsauber mit der Spitalhose, Einheitsgrösse XXXXXL :woohoo: .
Halt leider wieder nur mit dem Handy aufgenommen, da ich meine Kamera nicht auch noch mit mir rumschleppen wollte. Aber ich liebe dieses Bild trotzdem sehr :kiss: .

Nachdem der Therapeut schon wieder parat steht um Toni abzuholen, verabschiede ich mich und nehme zum letzten Mal dieses verhasste Weglein zur Pension unter die Füsse. Morgen werde ich von Albert gefahren :) . Oh Mann, bin ich froh :) .

Leider haben wir nun keinen Strom in der Unterkunft, was bedeutet, dass das Internet nicht funktioniert :dry: . Nach zwei Stunden ist er aber glücklicherweise wieder da, sodass ich meine E-Mails abrufen kann. Der TCS meldet, dass uns die Bodenambulanz morgen um ca. 18 Uhr vom Spital abholen und zum Jomo Kenyatta Flughafen bringen werde :) . Ausserdem erfahre ich, in welches Spital Toni nach unserer Ankunft in der Schweiz gebracht wird.

Später ruft nochmals jemand an um zu fragen, ob unser Fahrzeug ebenfalls nach Hause geschafft werden müsse :ohmy: . Ich schlucke kurz, überlege zwei Sekunden und sage NEIN, das Auto bleibt in Afrika. Vielleicht hab ich mit dieser Antwort ein Eigentor geschossen :unsure: , denn so billig würden wir unseren Wagen nie mehr zurück in die Schweiz bringen können.
Aber der Gedanke, nie mehr damit in Afrika rumzureisen, ist für mich einfach unerträglich :( :( :( .

Nur noch einmal schlafen und dann geht‘s endlich nach Hause. :cheer:

Fortsetzung folgt…….
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
Letzte Änderung: 17 Jun 2015 22:05 von Erika.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Armin, helga, sammy, Fluchtmann, Anita40, lilytrotter, Topobär, Butterblume, Birgitt, BriZA und weitere 9
20 Jun 2015 15:06 #388951
  • Erika
  • Erikas Avatar
  • Beiträge: 2338
  • Dank erhalten: 4898
  • Erika am 15 Jun 2015 20:09
  • Erikas Avatar
Rückflug von Nairobi in die Schweiz, 27. Januar 2015
Obwohl ich meinen Taxifahrer Albert erst auf 11 Uhr bestellt habe, bin ich zeitig auf. Geschlafen habe ich vor lauter Vorfreude nur sehr wenig. Nach dem Duschen packe ich alles zusammen und gehe frühstücken.

Da ich‘s kaum erwarten kann, von hier wegzukommen, bin ich schon viel zu früh fertig und schlage mir irgendwie die Zeit um die Ohren.



Das Azee Gästehaus, meine Unterkunft für vier endlos lange Nächte.



Strelitzie

Pünktlich um 11 Uhr trifft Albert mit dem Taxi ein. Die Fahrt durch den Stossverkehr zum Spital dauert viel länger, als wenn ich zu Fuss gegangen wäre :huh: . Da ich ja nun meine Kamera dabei habe, mache ich vom Fahrzeug aus ein paar Fotos vom Aga Khan Hospital, wo Toni nun bereits seit dem 16. Januar liegt.






Das Aga Khan University Hospital, Nairobi :)

Dass ich das Spital fotografiert habe, ist nicht unentdeckt geblieben :ohmy: , denn bei der Einfahrt aufs Gelände kriege ich von einem Sicherheitsmann einen strengen Rüffel :S . Das Fotografieren des Spitals sei strengstens verboten, sagt er. Naja, ich nehm das nicht so ernst, aber Albert ist‘s irgendwie peinlich :blush: . Ich sage dem Sicherheitsfritzen, dass auf dem gesamten Spitalareal an jeder Ecke Rauchverbotstafeln angebracht seien - was mich eh nervt :angry: , da ich ja Raucherin bin - aber von einem Fotografierverbot hätte ich nirgends was gesehen. Kann ja sein, dass er sich nur etwas wichtig machen wollte :side: .

Albert hilft mir, den schweren Koffer zu tragen. Am Gebäudeeingang wird mein gesamtes Gepäck inkl. Handrolli und Handtasche genau kontrolliert und nachdem man keine Bombe darin gefunden hat B) , bringt mich Albert bis vor Tonis Zimmer. Danke Albert und immer schön an mich denken, wenn du deine Fingernägel feilst :laugh: .

Toni und ich schlagen uns nun die Zeit mit Quasseln tot, denn es ist ja noch lange nicht 18 Uhr. Nach und nach kommen die Ärzte und das Pflegepersonal, die sich so super um Toni gekümmert hatten um sich von uns zu verabschieden. Und falls es euch interessiert - es ist kein einziger Europäer darunter. Weder Toni noch ich haben in diesem Spital je einen europäischen Arzt gesehen. Es funktioniert also auch ohne :) - um das mal erwähnt zu haben :) . Der Chefarzt und der Neurologe Dr. Hooker zum Beispiel sind Inder, aber es sind auch sehr viele schwarze Ärzte dabei. Wir sind ihnen noch heute sehr dankbar dafür, dass sie das GBS bei Toni so schnell erkannt, und umgehend mit der äusserst wichtigen, aber sehr teuren Immunglobulin-Therapie begonnen haben. Diese Krankheit kann nämlich lebensgefährlich sein, wenn die Hilfe zu spät kommt. Da wir in der Zwischenzeit mit mehreren Betroffenen Kontakt hatten, wissen wir, dass das nicht selbstverständlich ist und dass bei ihnen bis zur richtigen Diagnose oft wertvolle Zeit verloren gegangen war.

Der Therapeut holt Toni ein letztes Mal ab, um mit ihm im Fitnessraum einige Kraftübungen zu machen.



Hier der Schaumstoffball :) , den Dr. Hooker Toni geschenkt hat :cheer: , damit er seine Handmuskeln trainieren kann.
Toni hat vorläufig noch keine Chance, den Ball nur ansatzweise zusammenzudrücken :huh: .

Die Zeit vergeht sehr schleppend, aber die vereinbarte Abholzeit 18 Uhr rückt trotzdem immer näher. Um 19 Uhr erkundige ich mich, ob man uns vergessen habe :unsure: , aber es heisst, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, der Krankenwagen sei bereits unterwegs. Endlich, kurz nach 20 Uhr betreten eine Ärztin und ein Arzt von Amref Health Africa das Zimmer. Toni wird umgebettet und zusammen mit unserem Gepäck und mir in den bereitstehenden Krankenwagen gebracht. Jetzt wird‘s dann langsam knapp, da der Ambulanzjet ja für 22 Uhr erwartet wird und wir erfahrungsgemäss für die Fahrt zum Flughafen mindestens zwei Stunden einplanen müssen.

Die zwei Ärzte sitzen hinten im Krankenwagen bei Toni und ich darf neben dem Fahrer Platz nehmen :) .
Der Kerl mit dem mächtigen Unterkiefer fährt ganz anständig und gesittet aus dem Spitalgelände, biegt links auf die Hauptstrasse ab und nach ein paar Metern grinst er mich an, drückt auf einen Knopf, die Sirene heult und dann gibt er Gas :woohoo: und fährt wie ein Irrer durch Nairobi in Richtung Jomo Kenyatta International Airport :) . Dabei spielt es ihm keine Rolle, auf welcher Strassenseite er fährt. Wenn es ihm zu langsam geht, überquert er kurzerhand die Grünflächen :woohoo: und rast als Geisterfahrer auf der Gegenseite weiter :woohoo: . Dabei verstellt er je nach Dringlichkeitsstufe immer wieder den Sirenenton. Ein paar Mal fährt er auch auf Gehwegen :lol: neben der Fahrbahn und verscheucht mit lautem Sirenengeheul die verschreckten Fussgänger, die entsetzt auf alle Seiten auseinanderstieben :ohmy: . Als er dann noch von der verkehrten Seite in einen Kreisel fährt, erwischt er fast einen Polizisten :pinch: , der krampfhaft und verzweifelt versucht, ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen. Ab und zu schaut er grinsend zu mir rüber und ich grinse zurück :) . Ja, ich gebe ehrlich zu, dass mir diese Fahrt richtig Spass macht B) . Durch ein kleines Fenster kann ich Toni sehen, der gut angebunden auf der Bahre liegt, mit dem Arzt plaudert und gar nicht so richtig mitkriegt, was da so vor sich geht. Die Ärztin studiert abwechslungsweise Tonis Krankendossier oder spielt mit ihrem Handy.

Nach einer Rekordzeit erreichen wir, nachdem der Wahnsinnige einfach laut gestikulierend zwei Sicherheitsschranken umfährt :S , das Flughafengelände. Eine Betreuerin vom Amref steigt zu und verlangt unsere Pässe. Ein Stück weiter halten wir nochmals an und die Betreuerin geht mit mir zur Passkontrolle, wobei sie erst ihre Schuhe ausziehen und aufs Band legen muss :side: . Sie schildert dem Beamten unseren Fall, wobei ich außer „Private Jet“ nichts weiter verstehe, aber das reicht für eine Spezialbehandlung seitens des Beamten :cheer: . Er stempelt umgehend unsere Pässe ab und kommt dann noch mit zum Ambulanzfahrzeug, wo er Toni gute Besserung und schönen Heimflug wünscht und ein wenig mit den Äzten plaudert.

Seit unserer Abfahrt im Spital ist nun genau eine Stunde vergangen und wir sind bereits abgefertigt :ohmy: . Meine Taxifahrt mit Julius bei meiner Ankunft in Nairobi dauerte bei der selben Strecke damals gut zwei Stunden - und das auf Schleichwegen.

Nun rollen wir zu einer Einfahrt, die extra für uns von einem Sicherheitsmann aufgeschlossen wird und parkieren zwischen ein paar Flugzeugen, um auf den Rega-Jet zu warten. Es dauert nicht lange, bis die Meldung kommt, dass der Flieger in ca. 15 Minuten landen werde, was dann auch stimmmt :) :) :) .
Zuerst wird er aufgetankt und dann kriegen wir grünes Licht und fahren direkt neben die Challenger.



Ich bin schon etwas gerührt und muss mir die Tränen verkneifen :dry: .
Rega steht in grossen Buchstaben drauf, Swiss Air-Ambulance und ein grosses, rotes Schweizer Kreuz.
Ein Stück Heimat. Die Retter sind angekommen. Bald werden wir daheim sein. Auch Toni ist sichtlich ergriffen und freut sich ungemein.

Kurz darauf kommen eine Rega-Ärztin und eine Krankenpflegerin ins Ambulanzfahrzeug um sich vorzustellen und hallo zu sagen. Die Amref-Ärzte übergeben ihnen Tonis Krankendossier inkl. Röntgenbilder und eine grosse Tüte verschiedene Medikamente als „Wegzehrung“. Auch die vier Piloten stellen sich uns vor und begrüssen uns sehr herzlich. Sie kommen mit einer Patientin direkt aus Sri Lanka und haben nun noch den Umweg über Nairobi gemacht um uns mitzunehmen.

Toni wird auf eine andere Liege umgebettet, gut angebunden und über eine Rampe in den Jet verfrachtet. Dann wird er mit Sauerstoff versorgt und an verschiedene Überwachungsgeräte angeschlossen.

Gegenüber liegt die Patientin aus Sri Lanka mit angebrochenem Genick. Sie ist so fixiert, dass sie sich nicht bewegen kann. Eine grosse Welle hat sie scheints erfasst und mit voller Wucht an Land geschleudert. Ihr Mann sitzt auch im Flugzeug.

Um 23.30 Uhr hebt der Ambulanzjet der Rega ab.

Ich bin traurig und erleichtert zugleich. :( :( :( :) :) :)
Auf Wiedersehen Kenia.

Fortsetzung folgt………….
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
Letzte Änderung: 20 Jun 2015 15:13 von Erika.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: rebecca, Armin, Eulenmuckel, sammy, casimodo, Fluchtmann, Anita40, lilytrotter, maddy, Butterblume und weitere 15
24 Jun 2015 16:01 #389498
  • Erika
  • Erikas Avatar
  • Beiträge: 2338
  • Dank erhalten: 4898
  • Erika am 15 Jun 2015 20:09
  • Erikas Avatar
Nairobi/Kenia - Zürich-Kloten/Schweiz, 28. Januar 2015
Mein Gegenüber, der Mann der Patientin ist sehr schweigsam. Nach einigen Versuchen, mit ihm ins Gespräch zu kommen, gebe ich auf. Wahrscheinlich ist er sauer, weil der Jet unseretwegen den Umweg über Nairobi fliegen musste, oder vielleicht stinkt es ihm auch, dass er wegen des Unfalls seiner Frau die Ferien abbrechen musste :S .

Die Ärztin und die Krankenschwester sind fast immer bei den Patienten. Und auch wenn sie sich mal kurz hinsetzen springen sie sofort auf, sobald ein Überwachungsgerät piepst und es piepst relativ oft.

Der Ambulanzjet ist eine Bombardier - Challenger CL 604. Es sind vier Piloten im Einsatz, da der Flug insgesamt über 24 Stunden dauert. Bei einem Einsatz bis höchstens 12 Stunden müssen es laut Gesetz zwei sein, bei 18 Stunden drei und bei 24 Stunden - wie in unserem Fall - eben vier.

Einen Cateringservice wie in einem Passagierflugzeug gibt es nicht. Die Mannschaft holt sich die Verpflegung selbst aus dem Kühlschrank. Ich darf zwischen verschiedenen Früchtejogurts auslesen und bekomme auch ein Brötchen. Dazu gibt’s Kaffee und Wasser. Hunger hab ich eh keinen, vielmehr kann ich‘s kaum erwarten, endlich daheim anzukommen. Die Patienten kriegen wegen der Verschluckungsgefahr gar nichts.

Um 03.00 Uhr machen wir einen Tankstop auf Kreta. Um 03.35 Uhr sind wir wieder in der Luft und um 06.20 Uhr landen wir nach 9 Stunden endlich in Zürich-Kloten. Die Maschine rollt mit uns direkt in den Rega-Hangar.




Toni wird mitsamt der Liege die Rampe runtergelassen und ins bereits wartende Ambulanzfahrzeug verfrachtet, welches ihn direkt nach Aarau ins Kantonsspital bringen wird. Ich habe nur ganz kurz Zeit, mich von ihm zu verabschieden.

Tonis Schwester fährt mich nach Hause. Daheim angekommen, muss ich mich erst mal sammeln. Nun bin ich schon wieder allein, aber wenigstens in den eigenen vier Wänden.

DER ALPTRAUM IST ZU ENDE

***************************************************************

Zum Schluss noch ein kurzes Update:

Toni wurde wie bereits erwähnt am 28. Januar nach der Landung ins Kantonsspital Aarau gebracht. Da man sich scheinbar doch nicht ganz sicher war, ob er eine ansteckende Krankheit einschleppt :S , wurde er isoliert :dry: . Anfänglich hatte er echtes Heimweh nach Nairobi :( . Dr. Hookers fröhlich lachender, roter Schaumstoff-Ball lag immer in Sichtweite :cheer: .
Für mich war die Entfernung zum Spital ziemlich stressig, da ich jeden Tag hin und zurück ca. 100 km zurücklegen musste.

Am 6. Februar wurde Toni mit dem Krankenwagen in die nur 7 km von uns entfernte RehaClinic nach Bad Zurzach verlegt. Er konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht ohne Hilfe aufstehen.

Als ich an seinem Geburtstag am 3. März an sein Bett trat, konnte Toni zum ersten Mal seinen Kopf anheben. :cheer: Das war für mich ein unbeschreiblicher Glücksmoment. :) :) :)

Am 22. März wurde sein Rollstuhl gegen einen Rollator eingetauscht. :)

Am 31. März hat er den Rollator abgegeben. :)

Am 11./12. April durfte er zum ersten Mal über‘s Wochenende nach Hause, hat den Rasen gemäht und ist eine kleine Runde mit meinem Smart gefahren. :woohoo:

Am 24. April wurde Toni aus der Reha entlassen. :kiss:

Gewichtsverlust:
Toni 15 kg :)
ich 5 kg :(

Ganz der Alte ist Toni noch nicht, aber…….



Kopf hoch mein Schatz, das wird schon wieder. Mit etwas Training wirst du bald wieder so fit sein, wie früher.
B) ;) :woohoo: B) ;) :woohoo:


Liebe Grüsse und danke für alle netten Kommentare und auch für‘s fleissige Dankeknopf-Drücken.

Erika + Toni
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
Letzte Änderung: 24 Jun 2015 16:02 von Erika.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: kalachee, rebecca, Armin, Bernd, luckydaisy, Eulenmuckel, sammy, Fluchtmann, lilytrotter, maddy und weitere 21
Powered by Kunena Forum