THEMA: Hierbleiben statt auswandern ?
15 Jul 2005 19:44 #6712
  • Satara
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  • Satara am 15 Jul 2005 19:44
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Aus der Welt vom 17.06.2005 zum Thema Auswandern:

www.welt.de/data/2005/06/17/733077.html

Liebe Foriker,
die in dem Artikel genannnten 8 Gründe zum Bleiben sind sicher nicht so einfach von der Hand zu weisen. Unbestritten ist sicherlich, dass die Motive zur Auswanderung heute andere sind als in früheren Zeiten.
Neben den grossen Auswanderungswellen im 19 Jahruhundert gab es auch die nach dem ersten und zweiten Weltkrieg. Wir haben - zum Glück - in Europa keinen Krieg mehr, trozdem sitzt der Frust bei Vielen tief.
Ob Auswandern da die Lösung bietet ? Ich habe da auch so meine Zweifel. Ich selber gehöre zu den Auswanderern, die nach 10 Jahren wieder zum Rückkehrer wurden, aber das waren in beiden Fällen sehr persönliche bzw. rein private Gründe.

An die Auswanderwilligen !
aber seht selber - es gibt auch Gründe zu bleiben:

Hierbleiben statt Auswandern ?
Acht Gründe zu bleiben

1.Kampf statt Flucht:
Der Mensch kennt naturbedingt zwei Antworten, um auf Stress zu reagieren. Einige flüchten, andere kämpfen. Übersetzt in die Sprache der Ökonomie heisst das, dass Menschen sich entweder wehren und die Standortbedingungen vor ort zu verbessern versuchen. Oder sie resignieren und überlassen schlechte Standorte sich selbst. Die Weltgeschichte ist voller Beispiele des Abwägens zwischen Abwanderung und Widerspruch. Wieso soll fliehen sich heutzutage besser rechnen als kämpfen ?

2.Niemand wird im Ausland mit offenen Armen empfangen:
Der Konkurrenzkampf ist gnadenlos. Er geht gegen die besten der Welt, die von überall her in die Boomregionen und Wachstumszentren streben. Und alle wollen sie nur Eines: Erfolg, Erfolg, Erfolg. Sind junge Deutsche auf diesen Kampf im Haifischbecken vorbereitet ? Wieso sollte gerade eine Generation, die im Inland den Kampf gegen die satten deutschen Besitzstandswahrer aufgibt, im Ausland gegen die hungrige Konkurrenz der jungen, dynamischen, ebenso gut gebildeten wie hoch flexiblen Ausländer(innen) gewinnen ?

3.Weggehen bedeutet immer ein bisschen sterben:
Das alte Netzwerk von Familie, Freunden und Bekannten wird zerrissen. Das Leben jenseits der Arbeit verliert an Qualität: Das Fussballspielen im Verein, das Bier in der Stammkneipe, der Grillabend mit den Nachbarn, kurz, die aktive Teilhabe an der gesellschaftlichen und kulturellen Gemeinschaft muss aufgegeben werden.

4.Lieber Insider in der Heimat als Aussenseiter in der Fremde:
Wer zu Hause ist, weiss, ob der Laden um die Ecke faire Preise hat, in welchem Aussmasse der Autohändler Rabatte gibt, wie gut diese oder jene Schulen sind und wo man preiswert isst und einkauft. Dieses ortspezifische Wissen lässt sich in der Regel nicht transferieren. Es würde mit der Abwanderung verloren gehen.

5.Wie Du mir, so ich Dir:
Wer zu Hause Pech hat, den Arbeitsplatz verliert oder kurzfristig einen Kredit braucht, kann auf rasche erste Hilfe hoffen. Man hat Zugang zu informellen Schwarzmärkten, auf denen gehandelt, getäuscht und gutnachbarschaftlich geholfen wird. Im Ausland ist man zunächst einmal ein Nobody, kann weder auf eingespielte Beziehungsnetze zurückgreifen, noch auf frühere Erfolge verweisen.

6.Gewusst „Wie“ ist Geld wert:
Wie muss man sich bewerben ? Welche Kleidung ist bei einer Party angemessen ? Gibt man sich die Hand, oder genügt ein einfaches informelles „Hallo“ ? Ohne die Kenntnis ortsüblicher Umgangsformen ist es schwierig, sich richtig zu verhalten. Wer den Linksverkehr, die europäische Schreibmaschinentastatur, das metrische System, deutsche Maschinen, Apparate, Software sowie die einheimische Qualität von Vor- oder Dienstleistungen gewohnt ist. Wird brauchen, um sich an anderer Gegebenheiten anzupassen.

7.Ohne Sprachkompetenzen läuft gar nichts:
Im gesamten angelsächsischen Sprachraum sind Deutsche den Einheimischen beim (freien) Reden, Formulieren und Schreiben um Längen unterlegen. Das gilt noch viel stärker in Ländern, deren Sprachen den Deutschen wesentlich fremder sind, die von hinten nach vorne und von rechts nach links und in Zeichen kalligraphiert statt in Buchstaben geschriebenwerden. Warum sollten junge Deutsche in solchen Ländern erfolgreicher sein als einheimische Konkurrenten ?

8.Schuster bleib’ bei Deinen Leisten:
Wer Deutschland für immer good-bye sagen will, sollte seine Grösse kennen. Selbstbewusstsein ist gut, Realitätssinn ist besser. Warum nicht in Deutschland den Aufbruch zu neuen Ufern wagen ?

Autor: Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstitutes HWWA.
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