Und dann kommt es manchmal anders, als man denkt
Eines möchte ich an dieser Stelle vorweg nehmen: die nachfolgende Beschreibung „meiner“ neuen Wirkungsstätte ist sehr subjektiv und wie ich es zu diesem Zeitpunkt persönlich empfunden habe:
Um 09.00 Uhr lässt mich ein Shuttle der Gabus Lodge an meiner neuen Schule raus, die Schlüssel habe ich bereits am Samstag erhalten.
Ich werde sehr freundlich von Tante H., der Schulsekretärin begrüsst. Sie zeigt mir bei einem Rundgang alle Räume und erklärt mit viel Liebe zum Detail, die Geschichte der Schule. Diese ist ein relativ großer, grauer Komplex, umrundet von einer Mauer, gesichert mit Stacheldraht. Es gibt mehrere Gebäude, einen Wohnkomplex (zur Zeit ohne Internatsschüler), Schule, Verwaltung, Küche und einen perfekt gepflegten Rasenplatz.
Dann war ich alleine, so alleine, wie schon sehr lange nicht mehr. Zitat aus einer WhatsApp App an meine Freunde: „ wie ein gut gehüteter Knast, mein Zimmer auch, kalt, grau und ungemütlich“ mir war einfach nur elend. Dann noch die Antwort meiner sehr lieben Freundin, der wortreichen J. - „wie ist es in deinem persönlichen Alcatraz? das war zuviel....Heimweh ist scheisse, Gruss - Katja!
Ich weigerte mich noch eine ganze Weile auszupacken, das erschien mir so endgültig.. und das das Internet nur geht, wenn es nicht regnet, machte die Entfernung nach Hause nur noch größer.
Geholfen haben mir an diesem Tag zwei Dinge: mein Mann, der sagte, seh‘ doch das mit dem Stacheldraht nicht als Gefängnis, sondern als Schutz für dich. Und eine Einladung der Familie des Schulleiters , die Tage bis zur Eröffnung der Schule, bei Ihnen auf der Farm zu verbringen. Wahrscheinlich hat man mir mein Elend ganz deutlich angesehen und so hat sich der „Hausmeister“ der Schule angeboten, diese eine Nacht, auch auf dem Schulgelände zu schlafen, so das ich mich an die neuen Umgebung gut eingewöhnen konnte - Danke Petrus.
Dienstag wurde ich abgeholt und hatte so die wunderbare Chance ein fremdes Land und seine Bewohner ganz privat kennenzulernen. Die Komfortzone hatte ich auf jeden Fall verlassen!
Ich lernte schnell einen neuen Alltag kennen, angepasst an die Farm und die Regenzeit, naja, und Corona.
Ich durfte mit auf die täglichen Rundfahrten um die Wasserstandsanzeiger abzulesen; hörte von Mäuseplagen auf Maisbeeten, der Problematik durch wild wachsenden Busch und mangelnde Weidegelände für die Kühe. Und ich begann zu erahnen, wie wichtig Wasser und Regen hier sind. Schnell wurde auch deutlich, das die Familie hier nochmal einen ganz anderen Stellenwert hat als bei uns; Oma und Opa wohnen im Farmhaus gleich nebenan und schauen gerne zum Kaffee vorbei. Das ist eine wunderbare Pause am Nachmittag, bei der sich alle austauschen. So oder so, ist der Tag hier ganz anders eingeteilt, er beginnt um 6 Uhr und endet gegen 20.30 Uhr, dann ist Bettruhe für alle.
Während die drei älteren Kinder ab 7.30 Uhr zu Hause unterrichtet werden (ganz spannend, mit Unterstützung einer Lehrerin aus Deutschland, online) turnt der kleine dreijährige ganz selbstverständlich übers Farmgelände, spielt wahlweise mit Hühnern, dem Hund oder der Katze ,den Kühen oder läuft alleine zu Oma und Opa. Das würde ich vielen Kindern zu Hause auch wünschen, ein bisschen mehr Vertrauen in sie und nicht so viel Kontrolle.