Samstag - 14. März 2020: Mediclinic statt Sushi und erste schlechte Nachrichten
An den Swakopmund Luxury Suites mögen wir neben der tollen Ausstattung insbesondere das Frühstückskonzept. Da es in der Unterkunft keinen Frühstücksraum gibt, bekommt man Vouchers für nahegelegene Cafés. So sind wir nicht an begrenzte Hotel-Frühstückszeiten gebunden und können jeden Tag neu entscheiden worauf wir Lust haben. Unser Favorit ist das schöne Vintage Café Cordes, wo es für meinen Geschmack den besten Cappuccino gibt.
Ich wähle eine möglichst magenfreundliche Frühstücksvariante, muss aber zügig wieder unser Zimmer/Bad aufsuchen. Der Durchfall ist schlimm und meine Körpertemperatur schlägt Kapriolen.
Corona ist jetzt
das Thema in allen Nachrichten, die wir von Freunden aus Deutschland erhalten. Es ist alles sehr verwirrend und ich beginne die Symptome im Internet zu studieren. Fieber, Mattigkeit und Magen-und Darmprobleme sind auch gelegentlich dabei. Den besonders typischen Husten habe ich allerdings nicht – abgesehen von einem heftigen Hustenanfall gestern. Auch wenn mein Symptom-Mix nicht eindeutig ist, bekomme ich Panik, dass ich Corona haben könnte. Meine größte Sorge gilt dabei allerdings nicht mir selbst. Hauptsächlich habe ich Angst, dass ich als Patient 0 Corona nach Namibia gebracht haben könnte. Was für eine furchtbare Vorstellung, dass ich den Virus in dieses Land eingeschleppt haben könnte, das ich so sehr liebe… Wieviel Schaden würde das hier anrichten!? Und, dürfte ich dann jemals wieder einreisen?
Inzwischen erreicht uns von einer Freundin die Info, dass Air Namibia alle Flüge nach Deutschland für 30 Tage eingestellt. Wir denken: “Gut, dass wir dieses Mal mit Lufthansa geflogen sind!“ Weitere Gedanken darüber, was Covid für unsere Reise bedeuten könnte, kann ich mir aber aktuell gar nicht machen. Mir ist inzwischen klar, dass ich mich zuerst um meine angeschlagene Gesundheit kümmern und klären muss, ob mein Befinden etwas mit Covid zu tun hat. Das Wetter ist ohnehin schlecht und mein Zustand verbietet mir die „Austern- und Sushi-Schlacht“ im Ocean Cellar, auf die ich mich schon so gefreut hatte
.
Da heute Samstag ist, entscheiden wir uns dafür, die Ambulanz der Mediclinic aufzusuchen. Wir haben Glück! Es sind keine weiteren Patienten da und die Schwester, die uns freundlich-resolut begrüßt wirkt äußerst kompetent und spricht deutsch. Alle Abläufe machen einen absolut professionellen Eindruck. Mir wird sofort Blut abgenommen und ins Labor geschickt und ich bekomme je einen Tropf gegen Fieber, Schmerzen und zum Ausgleich des Flüssigkeitsmangels. Der nette, ältere Doc, der nach einer Weile recht tiefenentspannt in Strand-Bermudas und T-Shirt erscheint und die Ergebnisse meiner Blutanalyse checkt, diagnostiziert einen Magen- und Darmvirus. Natürlich frage ich wegen Corona nach! Es gibt hier natürlich noch keine Testmöglichkeiten. Der Doc ist aber sicher, dass ich mir keine Gedanken über Corona machen muss, denn in Namibia geht schon eine Weile ein sehr heftiger Magen- und Darmvirus um und meine Symptome passen eindeutig in das Bild. Auch wenn das keine 100% sichere Diagnose ist, fällt mir ein ziemlich dicker Stein vom Herzen!!!
Nach dem Klinikaufenthalt muss ich wieder ruhen. In diesem Jahr macht sich das schöne Zimmer wirklich bezahlt! Da es draußen nach wie vor grau ist, fällt es mir nicht allzu schwer, das Bett zu hüten und mein Mann hat gegen Bettruhe in der Regel ohnehin nichts einzuwenden
Abends treffen wir unsere Freunde im Old Sailor, wo ich auf die ausgezeichneten Steaks verzichte und wieder magenfreundliche Schonkost zu mir nehme. Die sonst so herzlich-heitere Stimmung ist heute eher verhalten. Zum einen möchte sich niemand mit meinen Magen- und Darm-Virus anstecken, zum anderen ist Corona jetzt für uns alle zum Thema geworden und dämpft die Laune. Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich die Lage, in den wenigen Tagen, in denen wir weitgehend offline waren, zugespitzt hat. Die News, die wir aus Deutschland/Europa erhalten sind verstörend und müssen erstmal irgendwie aufgenommen und verarbeitet werden.
Sonntag - 15. März 2020 – Covid übernimmt
Auch heute gibt es wieder Frühstück bei Cordes. Das Wetter ist noch immer sehr durchwachsen und die Befindlichkeit auch. Wir ruhen sehr viel, denn auch mein Mann fühlt sich inzwischen nicht gut. Der Tag vergeht einerseits ereignislos, anderseits sorgen neue Nachrichten für Unruhe.
In Namibia wurden gestern die ersten beiden Covid Fälle bestätigt und als eine Sofortmaßnahme wurden
alle direkten Flüge nach Deutschland eingestellt. Damit ist also auch unser Lufthansa Flug futsch! Ich bin allerdings viel zu kraftlos, um mir konkrete Gedanken zu machen, wie es nun weiter geht. Es wird sich schon finden… Erstmal müssen wir wieder auf die Füße kommen… Damit wir kreislaufmäßig nicht völlig abklappen, bummeln wir ein wenig herum als sich die Sonne mal kurz blicken lässt. Aber auch das ist schon mega-anstrengend!
Am Abend treffen wir uns mit unseren Freunden im Brewer & Butcher. Wieder verzichte ich auf ein Steak und wähle eine sehr leckere Veggie Paella. Mein Appetit lässt mich nur selten im Stich
Das Sitzen auf einer Bank finde ich aber schon bald ziemlich beschwerlich, die Stimmung ist wieder verhalten und ich muss schnell zurück ins Bett. Unsere Gedanken und Gespräche vor dem Einschlafen kreisen noch eine Weile um die aktuellen Covid News und wie wir mit der Situation umgehen sollen...
Montag - 16. März 2020 – Jetzt schon heimreisen ist keine Alternative
Inzwischen checken wir gleich nach dem Aufwachen die aktuellen News, die uns sonst während unserer Namibia-Urlaube nur am Rande interessieren. Zum späten Frühstück treffen wir unsere Freunde im Village Cafe und diskutieren die Lage. Da die beiden Flüge mit SAA über JoBurg haben, sind die von der aktuellen Streichung der Flüge nicht betroffen, wollen aber trotzdem versuchen, kurzfristig etwas über ihren gebuchten Rückflug am 1. April in Erfahrung zu bringen. Wir sind noch immer zu angeschlagen, um uns über die Streichung unserer Flüge aufzuregen. Außerdem sind wir uns alle einig, dass uns auch Schlimmeres passieren könnte, als eine ungeplante Urlaubsverlängerung bis Mitte April. Momentan gehen wir aber ziemlich fest davon aus, dass sich auch für uns eine Flugoption mit der SAA finden wird.
Nach dem Frühstück mit vielen Diskussionen und Überlegungen sind wir geschafft und müssen zurück ins Bett. Schon wieder
Mittags erreicht uns ein Anruf von einer sehr besorgten Mitarbeiterin von Iwanowski, wo wir wie immer unsere Flüge gebucht haben. Sie bestätigt, dass laut Beschluss der namibischen Regierung alle Direktflüge zwischen Namibia und Deutschland bis zum 12. April ausgesetzt sind. Seitens Inwanowski will man sich um kurzfristige Flugoptionen für uns bemühen (eventuell über Luanda) und ermutigt uns schnell nach Windhoek zu kommen. Wir sind entsetzt! Wir hatten bislang noch sehr wenig von unserem Urlaub. Außerdem ist meine eigene Temperatur noch nicht stabil und mein Mann hatte heute Morgen mit 37,7 ebenfalls erhöhte Temperatur. Das Risiko, bei einem sofortigen Aufbruch irgendwo in Quarantäne zu landen, ist uns zu hoch und wir fühlen uns diesem Stress momentan auch nicht gewachsen. Wir beschließen also den Urlaub fortzusetzen und auf einen indirekten Rückflug (z.B. mit SAA) zu unserem geplanten Rückreisedatum zu hoffen.
Am Nachmittag machen nur einen kleinen Ausflug ins Brewer & Butcher, wo jetzt überall Sanitizer auf den Tischen steht.
Abends probieren wir die Pizza im vielfach gelobten Western Salon. Der Western Salon überzeugt uns nicht wirklich, aber wir sind ja auch körperlich und mental ziemlich angeschlagen. Immerhin freuen sich die Car Watcher wieder über die üppigen Left Overs.
Dienstag - 17. März 2020 – Der Gesundheitszustand wird besser, die Verwirrung bleibt
Heute geht es uns merklich besser und endlich scheint auch die Sonne. Eigentlich sollte jetzt unsere Südtour starten. Wir wollten die Homeb Campsite ansteuern, die uns vor einigen Jahren sehr gut gefallen hat - trotz mäßiger Kritiken. Um sicherzugehen, dass wir uns nicht sofort überfordern, streichen wir Homeb aus dem Reiseplan und buchen eine weitere Nacht in den inzwischen ziemlich leeren Swakopmund Luxury Suites.
Erstmals in diesem Urlaub kann ich das Frühstück im Cafe Cordes richtig genießen
. Dann erledigen wir den Einkauf für den zweiten Teil der Reise. Aus Deutschland hören wir seit einigen Tagen von Hamsterkäufen und der Knappheit von Grundnahrungsmitteln und Klopapier. Auch in der AZ ist schon von Hamsterkäufen die Rede, aber in Swakopmund können wir das nicht beobachten. Die Regale in allen Märkten sind voll und die Einkaufswagen normal gefüllt. Wir kaufen also auch weitgehend normal ein und nehmen als Notration nur je ein Päckchen Mehl und Reis, zwei Dosen Tomato & Onion und 2 Rollen Toilettenpapier mit, die uns später nach Deutschland „begleiten“ werden.
Natürlich versuchen wir den ganzen Tag, aktuelle Infos im Internet zu scannen. Unsere bayrischen Freunde hinterlassen eine Sprachnachricht, dass sie mit der deutschen Botschaft in Windhoek telefoniert haben. Eine Mitarbeiterin hat sinngemäß gesagt: “Wenn ich an ihrer Stelle wäre und es keinen zwingenden Grund gibt, zügig zurück in Deutschland zu sein, würde ich den Urlaub nicht vorzeitig abbrechen. Schließlich gibt es in Namibia erst 2 Corona Fälle und das Leben ist noch recht entspannt, während das Virus in Deutschland bereits verbreitet und das Leben stark eingeschränkt ist.“ Zusätzlich haben sie mit einer SAA Mitarbeiterin in Deutschland telefoniert, die bestätigt hat, dass alle SAA Flüge aufrechterhalten werden. Diese Neuigkeiten bestärken uns in unserer Entscheidung, gegen einen panischen Urlaubsabbruch!
Freunde aus Deutschland haben uns zudem per WhatsApp auf die Empfehlung des Auswärtigen Amtes aufmerksam gemacht, sich für eventuelle Rückholprogramme auf einer Website zu registrieren. Leider schlagen meine Anmeldeversuche fehl. Vermutlich ist grade viel zu viel Traffic auf der Seite.
Mittags kann ich mir endlich einen kleinen Lunch im Ocean Cellar gönnen – wenn auch noch sehr eingeschränkt.
Anschließend machen wir ein paar Besorgungen. Als ich Briefmarken kaufen möchte, teilt man mir am Postschalter mit, dass das sinnlos ist, da aufgrund der Streichung der Direktflüge keine Post mehr nach Deutschland geht. Gut, dass ich die Karten noch nicht geschrieben habe!
Insgesamt tut es richtig gut, dass wir jetzt wieder etwas aktiver sein zu können. Noch nie waren wir so lange in Swakopmund, haben so wenig gemacht und hatten insgesamt so schlechtes Wetter. Umso mehr freut es mich, dass es heute etwas freundlicher und wärmer ist! Endlich können wir uns einen Gin Tonic in der netten Zonder Naam Wine Bar gönnen, auf die ich schon seit Tagen sehnsüchtig aus unserem Zimmerfenster schaue. Schließlich müssen wir vorsichtig testen, ob unser Gesundheitszustand gefestigt genug für die Fortsetzung der Reise ist.
Abends gibt es noch richtig gute Pizza und Pasta im Farmhouse Deli und danach checken wir im Zimmer wieder eifrig Corona Infos. Das Thema wirbelt inzwischen eigentlich ständig durch unsere Köpfe! Wir wollen uns weder in Panik versetzen lassen, noch leichtsinnig handeln! Also checken und checken und checken wir alle News, bis ich schließlich mit Kopfschmerzen einschlafe