Hoi zäme
Nein, nein, ich kann die Geschichte schon erzählen. Da ich wahrscheinlich eh keinen Reisebericht mehr über diese Reise veröffentlichen werde
, kann ich das ja jetzt hier zum Besten geben.
Also, wir sind auch wie ihr vom Süden (Rooiputs) über Nossob bis Polentswa raufgefahren. Hier der Auszug aus meinem Tagebuch:
Anmerkung: das war recht brühfrisch nach dem Erlebnis geschrieben worden. Jetzt so im Nachhinein: selbstverständlich war es von einem Tier...
Als wir den Abzweig zur Campsite Polentswa erreichen, schauen wir zuerst beim Wasserloch vorbei. Wieder sind einige Bateleur da und in der Pfütze neben dem Bohrloch suhlen sich drei Tüphelhyänen. Endlich! Somit hat sich die von Beenie gestern geäusserte - natürlich mehr im Spass - Voraussage bewahrheitet: «morgen sehen wir Tüpfelhyänen!».
Langsam muss ich dringend auf Toilette, deshalb bleiben wir nur ganz kurz stehen und fahren dann rüber auf die botswanische Seite zur so wunderschön gelegenen Polentswa Campsite. Beim Heranfahren sind wir zuerst noch etwas enttäuscht, dass wir nicht wieder wie im letzten Jahr die Nr. 1 gebucht bekommen haben, als wir aber auf die Nr. 2 einbiegen, sind wir auch sehr zufrieden. Es gibt einen tollen Schattenbaum und einen ebenso fantastischen Überblick über die Polentswa Pfanne. Ich entschwinde kurz, derweil mein Bruder die Campsite inspiziert. «Hier ist überall Blut!», höre ich ihn rufen. Auf dem Zementboden des Schattendachs sind tatsächlich die unübersehbaren Hinweise auf ein Blutbad auszumachen. Es sind wirklich nicht nur ein paar Tropfen und ich erspare es euch jetzt, Bilder davon zu zeigen. Überreste eines Tieres wie Knochen, Schädel oder Innereien sind keine zu sehen und so kann es fast nur von einem Menschen sein. Hatte jemand ein Unfall? Hat hier gar jemand geschlafen und wurde von einem Leopa… Ach, nein, das wollen wir gar nicht wissen. Die Gedanken daran… Nein, so können wir hier nicht bleiben.
Natürlich können wir nicht wissen, wie lange das schon her ist und Kriminaltechniker sind wir auch nicht, aber allzu alt sehen diese Spuren nicht aus. Wir sind uns auch bewusst, dass hier draussen nicht ständig jemand vorbei kommt und sich um die Campsites kümmert, aber dass die Spuren des Massakers nicht beseitigt wurden, irritiert uns dann doch ziemlich. Und es ist uns auch klar, dass das hier die freie, ungebändigte Natur ist und es sehr wohl auch einfach von einem Tierriss sein kann. Wir sind hart im nehmen, ertragen so einiges, aber das hier geht für uns nicht. Wie sollen wir uns hier für drei Tage gemütlich einrichten mit dem ständigen Blick auf die Blutlachen und die Gedanken daran, was wohl passiert sein möge.
Also fahren wir rüber zur wenige Kilometer entfernten Lodge und sprechen dort mal vor. Diese haben mit dem Betrieb der Campsite aber nichts zu tun und können uns somit auch nicht sagen, ob die zum Zeitpunkt unserer Ankunft noch nicht belegte Campsite Nr. 1 verfügbar wäre. Im Wissen, dass die drei Stellplätze so oder so fast immer ausgebucht sind und man teilweise bis zu einem Jahr im voraus reservieren muss, gehen wir davon aus, dass sowieso noch jemand kommen wird. Und einfach einen Stellplatz belegen ist absolut nicht unsere Art, also bleibt uns nichts anderes übrig, als nach Nossob zurück zu fahren.
Zwei Stunden später kommen wir dort total erschlagen an. Freie Stellplätze hat es genug und so verlängern wir einfach unseren geplanten Aufenthalt um die drei Nächte.
Und die Auflösung gab es dann drei Tage später (wir haben da von Nossob aus einen längeren Gamedrive gemacht bis Lijersdraai und haben dann auf dem Rückweg am Polentswa-Wasserloch gehalten):
Bei «Polentswa» halten wir an und gucken uns ein wenig um. Da hält ein Wagen neben uns und der Fahrer fragt uns, ob wir die beiden Typen wären, die letzthin die Campsite Nr. 2 hier wegen des Bluts verlassen hätten? Es stellt sich heraus, dass die beiden aus Kapstadt kurz vor uns dort waren und die Ursache für das Blutbad live und in Farbe mitbekommen haben; ein verwundetes Gnu - wohl durch Rangkämpfe mit einem anderen Bullen verursacht - sei von den drei hier ansässigen Tüpfelhyänen verfolgt worden. Entkräftet habe sich die Antilope gegen 2:30 Uhr unter dem A-Frame auf dem Zementboden niedergelegt, eine der Hyänen sei zeitweise auf dem Gnu obendrauf gelegen. Irgendwie hat es sich noch befreien können und in den näheren Busch geschlagen, wo es dann endgültig getötet und gefressen wurde. Jedenfalls seien die Hyänen am nächsten Tag mit äusserst dicken Bäuchen am Wasserloch unten gelegen.
Jetzt so im Nachhinein: wir hätten ja auch einfach grossflächig Sand auf dem Zementboden verteilen können, um die Spuren zu überdecken.
Dann wäre das sicherlich auch aushaltbar gewesen. Na ja, egal. Zumindest haben wir jetzt eine tolle Story zu erzählen, nicht?
Und ich frage mich bis heute, wie das mit dem Buschtelefon so gut geklappt hat, dass diese wildfremden Kapstädter über uns Bescheid wussten.
Liebe Grüsse
Sam