Gefahr im Verzug?!?
Neues Spiel, neues Glück. So lautet das Motto vor unserer morgendlichen Fahrt in den Mudumu, der uns nach dem eher ereignislosen Nachmittagsdrive zuvor eigentlich nur positiv überraschen kann. Ebenso wie der zwar sympathische, aber so schweigsame Guide, der schon hinterm Steuer sitzt und uns ein gewinnendes Lächeln schenkt, als wir gegen Sieben auf dem Parkplatz erscheinen. Als einzige Gäste übrigens. Das fügt sich natürlich gut.
Blick aus unserem Zelt am Morgen
Ich nutze die Gunst der Stunde und weise vorsorglich darauf hin, dass wir uns für alles interessieren. Kleintiere, Vögel, bitte gerne halten, und auch gerne länger! Der Junge lächelt und nickt; dreht den Zündschlüssel und die Karre hupt, wie sie das eben so macht, wir kennen es schon vom Vortag. Ich zucke trotzdem zusammen und bin endgültig wach; wie jetzt wohl auch der letzte im Camp. Ein bisschen bizarr das alles, ich denke an eine Butterfahrt und auch an die fahrenden Musikanten. Einfach nur so.
Beim Vorbeifahren deutet der Junge auf sein Dorf, es liegt um die Ecke zwischen Lodge und Park. Schlichte Hütten und freundliche Menschen, sie winken und grüßen den stolzen, fröhlichen Guide, den hier jeder kennt. Wie auch nicht, er ist einer von ihnen, und sein Werdegang eine riesige Erfolgsgeschichte. Das wird mir schlagartig klar. Ich freue mich für ihn und auch für uns, wir bekommen etwas ab von seinem Glanz und machen diese Karriere mit unseren Besuchen möglich. Ein gutes Gefühl.
Im Mudumu treffen wir eine Gruppe Südafrikaner, sie campen wild. Das sei zwar an bestimmten Stellen erlaubt, doch auch ziemlich verrückt, meint unser Guide. Aber warum denn, fragen wir, was ihn ehrlich überrascht und wohl auch amüsiert: "Viel zu gefährlich", ist er überzeugt.
Wir finden Elefanten, darunter viele Jungtiere, der Guide schaltet den Motor aus und wir beobachten sie lange.
Hm, lecker
Den Bullen, der sich uns aus der anderen Richtung genähert hat, bemerken wir erst, als er uns schon fast erreicht hat. Oh Schreck! Der Guide murmelt etwas, ich kann es nicht verstehen, ahne aber, wir sollen uns nicht bewegen. Was mir ohnehin nicht eingefallen wäre. Zur Salzsäule erstarrt sitze ich auf der Rückbank, wie auch Thomas in der Reihe vor mir.
So viele hautnahe Begegnungen hatten wir im Laufe der Jahre, und nur zu gut erinnere ich mich an unsere erste Safari und Lektion Nummer eins: gerate niemals zwischen eine Elefantenherde. Genau das ist nun aber passiert, und der Elefant startet eine intensive Inspektion des Jeeps. Nur Zentimeter ist der tastende Rüssel von meiner linken Schulter entfernt, ein komisches Gefühl, eine Mischung aus Furcht und Pragmatismus. Kämen wir in dem tiefen Sand gut weg? Was schlummert in meinem Rucksack? Eine Orange vielleicht, oder ein Apfel? Das wäre echt doof, ist aber zum Glück nicht der Fall.
"Don't worry", flüstert der Junge, der wohl meine Gedanken lesen kann, doch so wie er dasitzt, kerzengerade, mit großen Augen und die Hand am Zündschlüssel, bin ich alles andere als beruhigt. Zumal das Interesse des Elefanten keineswegs erlahmt. Minuten werden zur Ewigkeit. Schon imposant, wieviel Kraft in so einem Rüssel steckt. Vor allem, wenn man direkt daneben sitzt. Oder auch darunter, denn nun rupft das Tier an der Dachplane und lässt sie mit einem lauten Knall hinabflitschen. Immer wieder. Eine echte Zerreißprobe, auch für die angespannten Nerven.
Unser Führer ändert die Strategie. Dreht den Zündschlüssel, es folgt das obligatorische Hupen, absurd! Wir eiern durch die tiefsandige Spur und haben Glück. Kein rasender Elefant folgt uns, ich bin heilfroh und sage das auch, doch der Guide lächelt wieder und beruhigt: "No danger." So richtig glauben kann ich ihm nicht, aber die Situation wiederum auch nicht einschätzen. Wie wohl seine Erfahrungen sind? Als Guide. Als Einheimischer, der mit der Wildnis aufgewachsen ist. Was weiß er und was nicht? So richtig komme ich nicht dahinter.
Ganz sicher hat er mehr auf dem Kasten, als er bei unserer ersten Tour gezeigt hat. Er bleibt zwar wortkarg - für Anfänger eher ungünstig, für uns aber angenehm - findet für mich jedoch die "grünen Vögel" und kann sie auch näher erklären; es sollte vielleicht ein Scherz sein am Vortag. Die Goldbugpapageien sind für uns eine Erstsichtung und wir freuen uns sehr darüber.
Es ist eine nach dem ersten Schreck so friedliche Tour durch schöne Landschaft, die zwar unter der Dürre leidet, aber durch ihre Vielseitigkeit besticht. Und gefällt die Einsamkeit, nur die Südafrikaner begegnen uns, auch wenn die ganz spektakulären Sichtungen ausbleiben.
Er sagt es nicht, aber einen Wunsch will mir der Guide offenbar noch erfüllen, die Zeit ist längst um, doch er fährt Umwege. Erst einmal haben wir in aller Ruhe Pferdeantilopen gesehen, 2014 in Botswana, und nun hoffte ich auf eine zweite Begegnung. Als wir schon nicht mehr damit rechnen, finden wir sie, und sind alle glücklich damit.
Dieses Zebra muss ein Steppenzebra sein, doch es sieht kompakter aus und es fehlen auch die Schattenstreifen. Weiß jemand, was genau für ein Zebra das ist?
Reichlich verspätet sind wir zurück im Camp Kwando, uns soll es recht sein. Wir treffen die Birder, die auf dem Rückweg von Katima Mulilo sind, und sie zeigen uns ein Nest direkt am Holzdeck beim Restaurant.
Es ist so winzig, wir hätten es glatt übersehen, obwohl es direkt vor unserer Nase hängt. Ein Paradiesschäpper-Pärchen schleppt fleißig Nistmaterial an, stopft es in die Lücken und drückt dann das Innere mit dem Bauch geschickt platt.
Die heiße Mittagszeit verbringen wir am Pool und erneut in allerbester Gesellschaft. Vögel und Schmetterlinge umschwirren uns, ...
... und schon jetzt freuen wir uns auf die Bootstour auf dem Kwando am Nachmittag.
Eierdieb