THEMA: Namibia März ´18 – Hin und (leider wieder) weg
10 Aug 2018 23:42 #528751
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24. März 2018:
7.00 Uhr

Wir genießen zum letzten Mal den morgendlichen Zauber auf unserer Dachterrasse mit dem tollen Blick aufs Wasserloch. Nach dem Frühstück geht´s wieder in südliche Richtung, unsere letzte Lodge steht auf dem Plan. Nach einer eher ereignislosen Fahrt erscheint gegen 12.30 Uhr das große Hinweisschild und die Vorfreude steigt enorm: Okonjima, wir kommen! Ich hatte zwar hier im Forum schon mal gelesen, dass es noch ein ganzen Stückchen dauert, bis man von der Zufahrt aus dann wirklich sein Ziel erreicht hat, aber dass es soooo lange dauert… *gg. Der kleine handelsübliche Hyundai kämpft sich tapfer durch die Schlaglöcher auf der Piste, dann endlich erscheint das imposante Tor mit dem Geparden mitten im Nirgendwo. Achso, wir sind noch immer nicht da.. nun gut.. wir ignorieren tapfer das Stechen in der Nierengegend, während wir uns eher hoppelnd vorwärts bewegen und treffen um kurz nach 1 im Bush Camp ein, wo wir mal wieder überaus herzlich empfangen werden. Wir beziehen Hütte Nr. 2 und streiten uns kurz, wer während des Aufenthalts hier für den Schlüssel zuständig ist: der XXXXL-Schlüsselanhänger in Gepardenform ist nämlich nicht mal eben so in der Hosentasche verstaut. Hütte Nr. 2 besteht, wie alle anderen hier auch, eigentlich aus 2 Hütten. Ein Schlafzimmer mit Bad und dann noch ein separater „livingroom“ mit ein zwei leicht monströsen Liegen und einem prima Panorama-Blick.







Schon beim Betreten der Hütte fällt unser Blick direkt auf das Begrüßungskomitee, das es sich vor unserem Fenster bequem gemacht hatte.



Wir hatten bisher nur auf Onguma mal zwei Warzenschweine gesehen, was mir persönlich deutlich zu wenig war, denn ich stehe einfach auf diese Viecherchen. Mein Papa würde jetzt sagen, die sind hübsch hässlich, ich finde sie einfach ulkig mit ihren Antennenschwänzchen und dieser etwas verunglückten Mähnenkomposition *g. Wir nennen die beiden Schönheiten kurzerhand Madonna und Britney und teilen ihnen mit, dass sie gerne weiter hier rumwohnen dürfen. Es erstaunt uns zwar, dass sie so nah dran ein Nickerchen halten, aber als uns gesagt wird, dass in den Hütten Vogelfutter bereit steht, ist uns dann auch klar, warum sie wahrscheinlich hier so tiefenentspannt rumliegen. Wir sind uns nicht ganz sicher, wie wir das finden sollen, beschließen aber, uns erst mal anzuschauen, wie die Tiere sich in der kommenden Zeit uns gegenüber verhalten.

Sogar ein Schakal hält sich etwas abseits auf, ob er auch auf Futter der Gäste hofft, wissen wir natürlich nicht.


Unter den gefiederten Anwohnern hatte sich inzwischen wohl auch rumgesprochen, dass neue Touris eingetrudelt sind. Denn nachdem wir grade mal unsere wichtigsten Dinge ausgepackt und uns kurz fürs Lunch aufgefrischt hatten, war vor unserem Wohnzimmer bereits die Hölle los. Buschdummies rennen in einer großen Gruppe auf und ab, Tokos und Frankoline versuchen, dazwischen nicht umgerannt zu werden und trotzdem einen Platz an vorderster Front zu ergattern. Na gut, vielleicht ist der Schakal ja auch ihretwegen da. Wir schauen dem lautstarken Spektakel noch kurz zu, aber dann gewinnt der Hunger und wir dackeln los Richtung Haupthaus. Gefühlt schauen uns 50 Augenpaare ganz enttäuscht hinterher.

Nach dem Lunch begrüßt uns unser zuständiger Guide, Previous. Wir mögen ihn auf Anhieb, er hat definitiv den Schalk im Nacken und sprüht vor Tatendrang. Er erwartet uns um 16 Uhr zu einem drive, wir sind natürlich pünktlich und sehr gespannt auf die AfriCats. Ich hatte mich im Vorfeld schon ein wenig schlau gemacht über die Arbeit der Stiftung und hoffe nun sehr, dass mein gutes Gefühl nicht getrübt werden würde.

Previous hat eine wunderbare Art zu erzählen und immer ein so breites Grinsen im Gesicht, dass es die reinste Freude ist, ihm bei seinen Ausführungen über AfriCat und die Tätigkeitsfelder zuzuhören. Heute möchte er mit uns Leoparden suchen. Die Zufahrten zum Reservat selbst sind nochmals separat gesichert und er hat eine große Antenne dabei, mit der er zwei bestimmte Tiere anpeilt, die in der Gegenwart der Geländewagen recht gelassen bleiben sollen. Trotz der Peilsender kann es eine ganze Weile dauern, bis man die Tiere findet. Und selbst wenn man ungefähr weiß, wo sie sind, heißt das noch lange nicht, dass man sie auch zu Gesicht bekommt. Wir harren also der Dinge, die da kommen mögen und haben ein wachsames Auge auf die Umgebung. Wieder schaut die Landschaft ganz anders aus und viele kleine und große Tiere lassen sich blicken.



Unser erster Kudu-Bulle. Was für ne tolle Optik, erinnert irgendwie ein wenig an einen Schamanen.






Insgesamt drei Wildpferde erspähen wir zwischendurch.




Schließlich wird das gesuchte Leopardensignal stärker und Previous´ Fahrweise immer abenteuerlicher. Wir haben ja jetzt schon einige drives hinter uns und sind durchaus ein bisschen was gewöhnt, aber was Previous dem Vehikel abverlangt ist schon ´ne Hausnummer. Büsche, Hecken und Gräben scheinen für ihn nicht existent, was uns zwar an sich einen Heidenspaß macht, aber trotzdem das ein oder andere Fragezeichen in Sachen Nachhaltigkeit zurücklässt. Die Suche dauert alles in allem knapp 1,5 Stunden, aber dann sehen wir sie tatsächlich:
Isaskia und ihr Sohn


Vor uns bewegt sich reine Muskelmasse in absoluter Anmut, diese Tiere sind schon eine wahre Augenweide. Wir erfahren, dass mit Leoparden wirklich nicht zu spaßen ist, sie töten auch Geparde, um an deren Beute zu kommen. Solch ein Vorfall passierte wohl erst zwei Tage zuvor.


Die beiden Schönheiten vor uns haben leider nach ein paar Minuten die Nase voll von uns und verschwinden im Dickicht. Wir versuchen es zwar noch mal aus einem anderen Winkel, aber mehr als eine Schwanzspitze sieht man nicht mehr hervorblitzen. Die Tarnung ist auf jeden Fall effektiv. Wir brechen wieder auf und halten an einem kleinen See, um den Sonnenuntergang zu bestaunen.



Gegen 20 Uhr sind wir zurück in der Lodge. Wir haben mächtig Hunger und freuen uns aufs Abendessen. Im Speisesaal haben die meisten Gäste ihre Mahlzeit schon beendet, doch als sich die Blicke mit dem Pärchen vom Nachbartisch kreuzen, stutzen beide Seiten. Wir haben uns doch schon mal gesehen… Stimmt! Die verrückten Hollis, mit denen wir das Deadvlei besucht haben. Wir tauschen uns ein wenig über unsere jeweiligen Stationen und Erlebnisse aus und fallen um 22.00 Uhr ins Bett.

Morgen steht Geparden-Tracking auf dem Plan. Zu Fuß. Yippieh!
Letzte Änderung: 11 Aug 2018 11:50 von Dissy.
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14 Aug 2018 15:34 #529123
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25. März 2018:
05.00 Uhr

Schakale feiern eine Party vor unserer Hütte - wir sind dann mal wach. Passt aber eh gut, denn um 6.30 Uhr startet das Gepardentracking. Am Abend zuvor sind wir am Lagerfeuer noch mit einem netten jungen Paar aus Österreich ins Gespräch gekommen. Sie sind gerade erst in Namibia angekommen und haben ihren Trip noch vor sich. Sie sind heute bei uns mit an Bord. Es ist ihr erster Ausflug in den Busch und die beiden erinnern uns stark an uns vor zwei Wochen, sie sind ganz aus dem Häuschen und trauen ihren Augen kaum. Previous hat uns vor Fahrtbeginn kurz zur Seite genommen und gefragt, ob es für uns okay wäre, wenn er an jedem Grashalm bzw. Gnu anhält, weil die beiden anderen Gäste ja neu im Land seien. Wir bejahen das natürlich, zum Einen sind wir eh nicht der Meinung, dass irgendein „Stop“ für ein Tier oder eine Pflanze je verschwendet sein könnte, zum Anderen finden wir es einfach doof, wenn man da jetzt die „Vollprofis“ raushängen lässt, die schon ach so viel gesehen haben und dankend abwinken. Macht man nicht. Also halten wir wirklich für jeden Schakal und jedes Kudu und erfahren tatsächlich noch so manche bis dato unbekannte Info zu den Tieren. Da wir ja inzwischen dann doch schon ein bisschen Wissen zu den Tieren haben oder Arten benennen können, helfen wir zwischendurch mal aus, wenn es etwa mit dem Englisch hapert, erzählen ein wenig von unseren eigenen Erlebnissen und haben so alle gemeinsam eine tolle, entspannte Tour auf dem Weg zu den Geparden.







Für den Lacher des Tages sorgte irgendwann zwischendurch das Mädel. Dazu muss man im Vorfeld sagen, dass sie total verrückt nach Giraffen war, ihre aaabsoluten Lieblingstiere, und sie konnte es kaum erwarten, endlich eine live vor sich zu sehen. Es war unglaublich niedlich, wie sie von den Tieren schwärmte und ihr die Herzchen quasi aus den Augen quollen. Und dann gab es ja noch so viel anderes bestaunen, sie kam gar nicht klar und war damit einfach nur hochgradig putzig. Während eines Stopps erklärt Previous grade etwas über die Schildkröte, während der wir angehalten hatten. Das Mädel fotografiert diese Schildkröte und ist ganz vertieft, als sich plötzlich zwei noch recht junge, bildhübsche Giraffen ihren Weg aus dem Busch bahnen, direkt neben dem Auto stehenbleiben und an Ästen rumknabbern. Alle im Auto sagen keinen Ton und grinsen sich einen ab, das Mädel bemerkt die Tiere einfach nicht. Sie knipst hingebungsvoll weiter diese Schildkröte, die Giraffen stehen 3 Meter daneben. Ihre Reaktion, als sie endlich kapiert, was hier grade passiert, und die damit verbundene Situationskomik waren unbezahlbar.

Plötzlich meine ich, im Dickicht ein Ohr erkannt zu haben. Previous setzt den Wagen ein Stückchen zurück.. und tatsächlich. Ich habe einen Geparden gefunden. Ha! Ich! Nicht der Ranger mit den übermenschlichen Adleraugen. Ich bin natürlich stolz wie Oskar, aber die Sichtungsfreude wird ein wenig getrübt, als wir erklärt bekommen, dass der Bruder dieser Gepardin besagtes Opfer der Leoparden drei Tage zuvor geworden ist. Seitdem wandert sie rastlos umher und stößt immer wieder Ruflaute aus, die uns ans Herz gehen. Wir lassen sie recht schnell in Ruhe und folgen weiter dem Signal der Geparde, die Previous für heute vorgesehen hatte.



Dann ist es endlich soweit, wir dürfen das Vehikel verlassen und folgen Previous im Gänsemarsch eine ganze Weile durch die dichte Vegetation. Das ist wieder einfach ein Erlebnis an sich. Und dann hören wir nicht mehr nur das Klackern des Peilsignals, dann sehen wir auch die Verursacher. Zwei schon etwas ältere Brüder, die sich genau null für uns interessieren und gechillt die Morgensonne genießen: Sniper und Spitfire.



Wir dürfen uns bis auf wenige Meter nähern, das hatte ich so gar nicht erwartet. Es ist absolut wunderbar, diesen beiden bildhübschen Jungs aus so geringer Distanz betrachten zu dürfen. Sie frönen der Fellpflege und dem fröhlichen Nichtstun und sehen unglaublich desinteressiert aus, doch die Ohren sind immer in unsere Richtung gedreht. Als sich einer der beiden dann kurz mal erschreckt, sieht man aber auch, wie blitzschnell und anmutig sie sein können. Doch die Aufregung ist auch genauso schnell wieder verflogen, mit einem leisen „bonk“ fällt der Gepard wieder um und schaltet seinen Motor ein, während er von seinem Bruder abgeschlabbert wird.





Auf dem Rückweg sehen wir dann noch einen Adler, der von drei Habichten gemobbt wird. Sie fliegen immer wieder im Doppelpack aus der Baumkrone im Sturzflug auf ihn herab und wollen ihn ganz offensichtlich loswerden, was ihnen schließlich auch gelingt. Der Adler scheint eine Art Geschwulst an der Brust zu haben, macht ansonsten aber einen topfitten Eindruck. Previous hat selbst seine fette Canon mit dabei und macht ebenfalls eifrig Fotos. Für uns ist das natürlich ein Glücksfall, weil er bei jedem Fotostopp auch das Auto immer so platziert, dass das Licht optimal fällt.



Kurz vor 10.00 Uhr sind dann wieder zurück im Camp und frühstücken erst mal gemütlich. Danach wollen wir uns die AfriCat Foundation mal genauer anschauen.
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27 Okt 2018 21:32 #537042
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Hallo alle,
es tut mir leid, dass dieser RB hier so in der Luft hing, aber ich war durch absolut unvorhergesehene Umstände leider sehr lange außer Betrieb gesetzt worden. Da ich keine unfertigen Sachen mag, setz ich mich jetzt natürlich wieder ran, schließlich ist unser Trip an diesem Punkt schon sehr auf der Zielgeraden. Ich hoffe, der Ein oder Andere steigt wieder mit ein. Also, weiter geht’s… *hust :whistle: :

11.00 Uhr
Wir besuchen die Einrichtungen rund um die AfriCat-Foundation, die sich - wie ja bereits bekannt – der Hege und Erhaltung der Raubkatzen verschrieben hat und zudem als Vermittlerin zwischen den Interessen der ansässigen Farmer und des Wildtiermanagements fungiert. Wir werden durch den medizinischen Bereich geführt, bekommen ausführliche Infos rund um die gesundheitliche Versorgung der Katzen, die so sparsam wie nötig eingesetzt wird, können die Funkhalsbänder begutachten und auch einen Blick auf diverse Exponate werfen. Im Anschluss fährt Previous mit uns in das riesige Auswilderungsgehege, in dem gerade fünf junge Geparde auf ihre Zeit im Reservat vorbereitet werden. Während er nach und nach die Jungspunde sucht und findet, biete uns Nummer 5 am Ende noch ein eindrucksvolles Beispiel in Sachen Tarnung. Während der Wagen hält und Previous erklärt und erklärt, wird sein Grinsen immer breiter. Schließlich fragt er uns, ob wir den jungen Kater immer noch nicht entdeckt hätten. Wir gucken ratlos, natürlich haben wir während seiner Ausführungen fleißig nach Nummer 5 Ausschau gehalten. Jetzt suchen wir jeden Busch und Baum nochmals ab… nix Gepard, wir sind uns total sicher. Als er dann ins Gras neben dem Fahrzeug deutet, packen wir uns echt an den Kopf. Der junge Kerl liegt mucksmäuschenstill 7-8 Meter neben uns im offenen Gelände. Wir haben ihn mehrfach übersehen, so perfekt ist seine Tarnung,. Der hat´s uns aber mal gezeigt..

Wir drehen noch eine kleine Runde über Okonjima und verbringen den restlichen Tag in der Lodge, denn wir haben statt des nachmittäglichen drives heute Abend einen Besuch im night hide vor.

Mein etwas verhunztes und einziges Bild einer Schabrackenhyäne, die wir nur ganz kurz zu Gesicht bekamen und die nur deswegen nicht sofort wieder von der Bildfläche verschwunden ist, weil Previous plötzlich die Laute eines sterbenden Gnus imitiert hatte :S






Welcher Vogel ist das? Haben wir bis heute nicht rausgefunden...


Wir nutzen die freie Zeit, um eine Handvoll Mitbringsel für die Familie zu besorgen und verbringen die Zeit bis zum Abendessen mit den beiden netten Ösis am Lagerfeuer. Unser letzter Abend abseits der Zivilisation gibt noch mal alles in Sachen Atmosphäre. Der Himmel zaubert eine violette Dämmerung, jenseits des Sees grast eine Herde Kudus friedlich vor sich hin und die Löwen brüllen. Wir genießen jede Sekunde, viel idyllischer geht kaum noch.





Previous gesellt sich dazu und erzählt uns schon mal etwas über den Ablauf später. Wir werden ein Stückchen fahren müssen und wenn wir angekommen sind, sollten wir versuchen, das etwas unwegsame Gelände möglichst ohne viele Geräusche oder verstauchte Gliedmaßen meistern. Er fragt, was wir zu sehen hoffen, die anderen drei haben keine Wünsche, aber ich bestelle mir ein Stachelschwein!



Nach dem Essen hüpfen wir gegen 21 Uhr wieder in die Geländewagen. Nachts ist die Luft noch mal von ganz anderen Geräuschen erfüllt, aber vielleicht kommt einem das auch nur so vor, weil man so konzentriert ins Nichts guckt. Für evtl. Sichtungen wird ein Rotlichtstrahler benutzt, der offenbar die Tiere nicht so stört oder blendet wie normale Schweinwerfer. Finden wir dann gut. Was uns nicht so klar war und wir dann irgendwie nicht ganz so gut finden, ist der Umstand, dass wir im night hide nicht vollkommen auf unser Glück angewiesen sind, sondern auch die Reste des Salats vom Abendessen die Reise mit uns angetreten haben, um nun als leckeren Anreiz zu dienen. Keine Ahnung, was wir uns genau gedacht hatten, aber die Vorstellung, dass sich in der Dunkelheit quasi schon eine Schlange diverser nachtaktiver Tierchen bildet, die auf ihren Auftritt warten, rockte nicht so. Am Ende waren es dann doch „nur“ drei Akteure, die wir erleben konnten. Ein Schakal kommt nach fünf Minuten vorbei und mampft in Windeseile so gut wie alles weg. Eine Eule lässt sich auf dem Baum gegenüber des Verstecks nieder und dann tut sich erst mal gar nix mehr. Nach knapp einer halben Stunde hören wir dann aber ein Schnaufen und Schaben und um die Ecke biegt - ein Stachelschwein. Tada! Wer hätte das gedacht, höhö. Das versöhnte wieder etwas, und nach insgesamt einer Stunde reglos rumsitzen sind wir dann auch nicht böse, als wir wieder aufbrechen und die Glieder strecken dürfen. Gegen Mitternacht sind wir im Bettchen und denken etwas traurig daran, dass morgen unser letzter Tag abseits der Zivilisation anbrechen wird.
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19 Nov 2018 14:47 #539657
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26. März 2018:
07.00 Uhr:

Verglichen mit unseren bisherigen Aufstehzeiten lassen wir es heute mal richtig krachen und schlafen quasi aus. Es ist unser letzter Morgen jenseits der Zivilisation und wir genießen ein letztes Mal den Zauber eines afrikanischen Morgens mit seinen Geräuschen und Düften. Wir schlürfen gemütlich Tee und Kaffee in unserem „Wohnzimmer“ und fragen uns, wie lange wir wohl brauchen werden, um uns wieder an den Alltag zuhause zu gewöhnen. Später schlendern zum Haupthaus, frühstücken in Ruhe und halten noch ein paar kleine Schwätzchen mit den Angestellten. Um 12 Uhr werden wir abgeholt zum Rückflug nach Windhoek, daher packen wir unsere Habseligkeiten zusammen und haben schließlich noch über ein Stunde Zeit. Wir machen es uns in unserem „Wohnzimmer“ gemütlich und versuchen, die aufkommende Wehmut so gut es geht zu ignorieren. Ein Schakal beehrt uns, womöglich in der Hoffnung auf Kekse, aber da müssen wir ihn leider enttäuschen. Doch auch die Buschdummies lassen nicht lange auf sich warten und so bevorzugen wir den Gedanken, dass er ihretwegen hier rumstromert anstatt auf Futtergaben der Gäste zu hoffen. Ein große Oryxherde zieht in teils knapp 20 Metern an unserer Hütte vorbei, die Kulisse ist traumhaft, der Schakal lässt sich nieder, die Buschdummies glucksen entspannt vor sich hin… Die sind bestimmt alle vorbeigekommen, um uns Tschüss zu sagen :silly:
Namibia gibt sich offenbar alle Mühe, uns den Abschied so schwer wie möglich zu machen.



Pünktlich zur vereinbarten Zeit findet unser Transfer zum nächsten airstrip statt, unser letzter Flug mit einer Bumsschachtel soll uns nach Windhoek bringen. Auf dem Weg zum strip zieht der Himmel zu und es beginnt heftig zu regnen. Wir sind frohen Mutes, dass es schnell wieder vorüber geht und unser Flug um 14 Uhr regulär stattfinden kann. Doch dieses Mal haben wir wirklich Pech. Ein sattes Unwetter braut sich zusammen, auf dem kurzen Stück Weg vom Auto zum Wartehäuschen werden wir schon klitschnass. Der Pilot erwartet uns schon. Er möchte noch ein Weilchen warten in der Hoffnung, dass der Starkregen etwas nachlässt. Doch stattdessen scheint es nur noch mehr zu schütten, die Blitze kommen im 30-Sekunden-Takt und über das Getöse versteht man unter dem Blechdach eh fast kein Wort. Und so kriegen wir auch erst in letzter Sekunde mit, dass der Pilot sich offenbar doch umentschieden hat und sofort starten möchte, bevor die Sandbahn noch mehr zu einem schlüpfrigen Morast wird. Er rennt los, wir gucken planlos, schnappen unsere Sachen und rennen einfach mal hinterher. Die Welt geht unter und wir sitzen einer wackeligen Bumsschachtel, die sich grade anschickt, ins Epizentrum des Sturms zu starten. Klar, warum nicht?!? Steffi is NOT AMUSED! Überhaupt ganz gar nicht! :sick: Ich setze mein ganzes Vertrauen in den Piloten Marke „Indiana Jones“, der sicherlich weiß, was er da tut. Wir müssen direkt ins Gewitter starten, um dann eine Kurve zu fliegen, die uns ins südliche Richtung bringt. Die Cessna wird übelst durchgeschüttelt, die Luftlöcher sind Luftkrater und die kleinen Scheibenwischer kommen kaum gegen den Regen an, es ist laut, Blitze um uns herum – da kann einem schon mal ein wenig anders werden. Aber nach endlos scheinenden 10 Minuten fliegen wir aus der Unwetterzone raus in den schönsten Sonnenschein und landen schließlich nach einer Stunde mit etwas Verspätung gegen 15.45 Uhr in Windhoek.

Um die Heimreise nicht allzu stressig zu gestalten, haben wir den Aufenthalt in Windhoek extra ans Ende der Reise gelegt, damit wir dort noch eine Übernachtung haben und dann entspannt den Rückflug antreten können. Meine Ansprechpartnerin im Reisebüro hat es sicherlich gut gemeint, als sie uns den noblen Schuppen dort ausgesucht hat, aber leider stellten wir recht schnell fest, dass das geplante I-Tüpfelchen für uns jetzt leider ein teurer Reinfall war. Nachdem wir es durchaus genossen hatten, in tollen Lodges rumzuwohnen, stellten wir nun ernüchtert fest, dass das hier für uns unter Schickimicki lief und so gar nicht unser Fall war. Nach der endlosen Weite hat uns die Stadt und das protzige Getue im Hotel ziemlich abgetörnt. Hätten wir Windhoek am Anfang der Reise erkundet, wäre es sicherlich schlauer gewesen, so fielen uns nur die festungsartigen Wohnhäuser mit Stacheldraht und Überwachungskameras auf und sorgten dafür, dass wir uns eher unbehaglich fühlten. Der Sundowner auf der Hotelterrasse war ein müder Abklatsch von denen, die wir schon erleben durften und sorgte nur für gelangweiltes Schulterzucken. Am Ende steht zu dem Aufenthalt in der Hauptstadt nur folgender Vermerk im Reisetagebuch: Stadt doof! Überkandidelten Hotel doof! Zu viele Menschen doof! Und so können wir es dann auch kaum erwarten, dass endlich der nächste Tag da war und wir wieder in den Flieger Richtung München steigen können. Wir klammern die letzte Etappe gedanklich aus und behalten die unvergesslichen Momente zwischen Sossusvlei und Etosha umso lieber im Kopf.

Als das Flugzeit dann abhebt, kriege ich Pipi in die Augen und bin einfach nur traurig, dass wir dieses Land mit all seiner atemberaubenden Schönheit nun wieder verlassen müssen. Steffi verspricht mir, dass es nicht unser letztes Mal in Afrika war und ich werde sie beim Wort nehmen. Schon seit vielen, vielen Jahren war eine Reise in dieses Land mein großer Traum und Namibia es geschafft, dass er in einer Art und Weise in Erfüllung ging, die schöner und atemberaubender war als ich es mir je hätte vorstellen können.

Danke an alle, die bis hierhin trotz des Hängers dabeigeblieben sind und nochmals Danke an das Forum im Gesamten, dass es nicht nur schafft, einem Ersttäter ein gutes Gefühl mitzugeben, sondern auch bestens dafür sorgt, dass die Zeit bis zur nächsten Reise dorthin nicht ganz so endlos erscheint. Denn meine Mama hatte einfach Recht, als sie uns vor Reisebeginn im Brustton der Überzeugung versprach, dass uns der Afrika-Bazillus nun für den Rest des Lebens begleiten wird und sich schon alleine beim Klang des Wortes das schönste Kopfkino der Welt abspielt.

“It´s better to see something once than to hear about it a thousand times”.



LG
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