Man kann Schweden schwerlich mit Deutschland vergleichen. Wenn man Schweden vergleichen will, dann mit seinen hinsichtlich Bevölkerungsdichte und -verteilung ähnlich strukturierten Nachbarländern Norwegen und Finnland. Dann sehen wir nicht 10, 20 oder 30 Prozent mehr Tote in Schweden. Die Rate an COVID-19-Toten pro 100.000 Einwohner ist in Schweden mehr als 6 mal so hoch wie in den beiden Nachbarländern. Das scheint ein eindeutiges Urteil über den "schwedischen Weg" zu sein: Nicht zur Nachahmnung empfohlen.
Ansonsten noch mal aus meiner Sicht: Ich halte die bisherigen Maßnahmen für - dem aktuellen Wissensstand entsprechend - angemessen und richtig. Nicht auszuschließen ist, dass man in 2-3 Jahren mit dem dann vorhandenen Wissensstand zu dem Urteil kommt, dass die Maßnahme unnötig stark einschränkend waren oder wir mit kurzfristig noch schärferen Maßnahmen besser gefahren wären.
Womit ich mich überhaupt nicht anfreunden kann, sind viele geäußerte Perspektiven für die Zukunft. In vielen Perspektiven wird der Ist-Zustand in die Zukunft fortgeschrieben (was übrigens ein grundsätzliches Problem bei der Mehrheit der Zukunftsprognosen auch unabhängig von COVID-19 ist). Aber es ist ganz sicher, dass es so nicht bleiben wird, wie es jetzt ist. Wir werden Fortschritte haben. Die Wissenschaft wird mehr Daten und Erkenntnisse liefern können, auf deren Basis sich zielgenauere Maßnahmen definieren lassen. Wir werden Medikamente haben. Wir werden Schnelltests haben.
Wir sehen doch, wie Österreich mit den Füßen scharrt und sein Sommergeschäft mit deutschen Touristen retten will. Das wird in Griechenland, Portugal, Norwegen usw. auch der Fall sein. Später auch in Spanien, Italien und Frankreich. Um so mehr die COVID-19-Fallzahlen zurück gehen, um so lauter werden Forderungen nach der Zulassung von Tourismus werden. Und bis zu den Sommerferien sind es noch 2 Monate. Das ist noch eine sehr lange Zeit und es wird entsprechend diesbezüglich noch sehr laut werden. Wie immer wird die Politik auf Druck reagieren. Man muss doch nun wirklich kein Experte sein, um so eine Entwicklung vorher zu sehen?
Dann veröffentlicht das "Kompetenzzentrum Tourismus der Bundesregierung" (an deren Einschätzungen sich die Tourismuswirtschaft orientieren soll!), dass grenzüberschreitender Tourismus erst wieder ab April 2021 realistisch ist? Bitte? Einige Politiker sagen den Sommerurlaub schon mal ab. Natürlich geht es nicht nur um Reisen, sondern auch um Kitas, Schulen, Fitnesscenter, um Fussball im Amateurbereich und tausend Themen mehr, wo immer wieder Prognosen geäußert werden, dass es erst 2021 oder 2022 wieder halbwegs "normal" wird. Aber hier im Forum geht es eben um Reisen. Wann genau wir welchen Fortschritt haben werden, kann natürlich niemand sagen, aber dann muss man eben sagen: Zum Tourismus im Sommer können wir jetzt noch nichts Definitives sagen. Alles schon mal 1 Jahr im Voraus abzusagen, ist Ausdruck von Inkompetenz.
In den Themenbereich spielt auch hinein, dass einige der schwergewichtigsten Warner wie das RKI ihre Autorität (leider) sukzessive selbst demontieren. RKI-Chef Wieler hat noch vor etwa 3 Wochen die Einschätzung geäußert, dass die Intensivbetten in Deutschland nicht reichen werden und lag damit meilenweit daneben. Diese Woche hat er die Alarmglocke geschlagen, dass die Reproduktionszahl schon wieder auf 1 gestiegen wäre. Nach dem kritisch angemerkt wurde, das es angesichts beständig sinkender Fallzahlen R=1 mathematisch unmöglich ist, hat das RKI einen Tag später die Berechnungsformel geändert und kam nun auf R= 0,75. Mit anderern Prognosen lag er auch weit daneben. Wer immer wieder unfundierten Alarmismus verbreitet, liefert seinen Gegnern Steilvorlagen, um ihn argumentativ zu zerlegen. Man muss auch da wieder kein Experte sein, um zu wissen, welche Wirkungen das hat. Es spielt in die Hände derer, die Öffnungen fordern - vielleicht auch zu forsch Öffnungen fordern.