THEMA: Angola, eine Reise wert?
24 Aug 2015 07:37 #397011
  • picco
  • piccos Avatar
  • Beiträge: 5756
  • Dank erhalten: 10872
  • picco am 24 Aug 2015 07:37
  • piccos Avatar
Hoi lilytrotter
lilytrotter schrieb:
leider wird es so schnell nix, mit einem Bericht.
Aber, schaun mer mal.
Würd mich freuen wenn Dein 'schaun mer mal' uns doch noch einen kleinen Bericht bescheren sollte...aber auch bei einem Ausführlichen werd ich Dir nicht böse.... ;) B) :laugh:
Danke schonmal für die bisherigen Infos!
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: lilytrotter
24 Aug 2015 20:36 #397107
  • Olli
  • Ollis Avatar
  • Beiträge: 143
  • Dank erhalten: 215
  • Olli am 24 Aug 2015 20:36
  • Ollis Avatar
Hallo Lillytrotter, ehrenwerte Selbstfahrergemeinde,

am 27. Januar 2012 hatte ich mich hier aus dem Forum eigentlich „abgemeldet“.
www.namibia-forum.ch...ter-so-im-forum.html

Ein Freund machte mich jedoch heute auf diesen „Fred“ hier aufmerksam. Gelinde gesagt, liebe Lillytrotter, bin ich etwas geschockt über Deine subjektiv-negativen Ausführungen zu Angola.
Zum Thema „Reiseland Angola“ fühle ich mich aber berufen etwas subjektiv-positives aus erster Hand hier in diesem „Forum der Selbstfahrer“ zur Kenntnis zu geben:

Ich bereise seit 2010 regelmäßig unser nördliches Nachbarland! Bis zu drei Mal pro Jahr schaffe ich es, deutschsprachigen Europäern und Deutsch-Namibiern dieses Land positiv zu vermitteln. Es gibt sogar Gäste, die nun nach mittlerweile fünf Jahren erneut mitfahren möchten, …einfach um die rasante Entwicklung dieses Landes und die vielen (vor allem: positiven!!!) Veränderungen nochmals miterleben zu dürfen. Das Erlebnisspektrum dieser Reisen beschränke ich keinesfalls auf den menschenleeren und Namibia-ähnlichen Süden Angolas. Nein, ganz bewußt besuchen wir auch angolanische Städte, durchfahren wir die Armenviertel, halten wir uns einen ganzen Tag in der Riesenmetropole Luanda auf und treten wir in den direkten Kontakt mit der Bevölkerung! Die landschaftlichen Schönheiten, die sehr speziellen Landschaftsformen der kontinentalen Bruchkante, die kilometerlangen, teilweise menschenleeren und palmengesäumten Strände, die mittelalterlichen portugiesischen Ruinen, das tropische Hochland und ach sooo vieles mehr an nachhaltigen Erlebnisformen in Angola, kann ich gar nicht alle aufzählen!

Eines jedoch möchte ich hervorheben: Die Menschen Angolas sind die freundlichsten, umgänglichsten und vor allem friedlichsten Afrikaner dieses Kontinents! Überall wird man begrüßt, angelacht, freundlich und zurückhalten befragt nach dem Wohin und Woher. Wird man spontan als Tourist erkannt, dann gibt es zumindest ein „Daumen hoch“ oder gar einen lauten Gruß von Auto zu Auto, auch wenn man gerade mit 80 km/h unterwegs ist. Übernachtungen in Angola sind überhaupt kein Problem! Überall darf man sein Übernachtungslager aufschlagen, …wenn man sich bei den örtlichen Autoritäten angemeldet hat. Dabei handelt es sich um Polizeistationen, Chiefs, Grundstückseigentümer oder einfach Menschen, die dort vor Ort leben. Man wird weitergeleitet bis man beim „Oberen“ angekommen ist. Nie (!!!) wurde mein Wunsch nach Übernachtung bisher abgelehnt! Oft kamen spontan die Bewohner zu uns und brachten sogar Willkommensgeschenke. Nie wurden wir angebettelt, …auch wenn man des Öfteren merkte, wie ein Blick in den mit Getränken gefüllten Kühlschrank einen sehnsüchtigen Ausdruck bekam. Mit einer Dose des berühmten amerikanischen „Freiheitsgetränkes“ kann man sich dann fast alle Türen öffnen.

Ich könnte hier ein Buch über die positiven Seiten Angolas füllen! Ein paar Dinge bezüglich der mainstreamgesteuerten Angstthemen zu Verkehr, Gewalt, Minen und „Dreck“ möchte ich aber noch ausführen:

Der Verkehr unterscheidet sich bis auf den Rechtsverkehr nicht von dem Chaos in Ostafrika! Den alltäglichen Verkehrsinfarkt in Daressalam finde ich schrecklicher als das „Irgendwiegehtesschonvoran“ in Luanda! Die Polizei ist die absolute Autorität im Verkehr und besitzt die Oberhand in der Stadt und auf dem Lande. Polizeikontrollen sind korrekt und freundlich! Gibt man sich als Tourist zu erkennen, tritt man entsprechend freundlich auf und hat man ein paar „brückenschlagende“ Floskeln in Portugiesisch „in petto“, so gibt es keinerlei Probleme! Südafrikaner sind in Angola allerdings noch nicht so beliebt. Fährt man mit einer südafrikanischen Registration umher, so sollte man zuerst darauf hinweisen, daß man KEIN Bure ist. Hingegen wird man als „Alemão“ hoch angesehen, der gute alte W50-Lastwagen aus der DDR gelobt, …und auch schon einmal die „República Democrática Alemã“ mit einem lauten „VIVA“ gehuldigt.

Auch Unfälle habe ich schon erlebt, …allerdings war ich in keinen selbst verwickelt! Aber gesteinigt wurde niemand! Es gab auch nirgendwo einen Mob, der den/die Fahrer gelyncht hat. Auch wurde kein Fahrzeug von „bösen Angolanern“ angezündet! Solche „Meldungen“ sollte der an Angola interessierte mit einer entsprechenden Distanz zur Kenntnis nehmen.

Der Aufbau des Straßennetzes geschieht rasant! Die 60 km hier in Namibia von Windhuk nach Okahandja wären in Angola schon längst fertig! Dort baut man 200 km in einem Jahr! Überall gibt es neue Teerstraßen! Auf dem Lande werden neue Straßen gebaut um entlegene Gebiete an das Straßennetz anzuschließen. Noch 2010 hatte ich mit einem Achsenbruch an meinem Anhänger wegen der schlechten Straßenverhältnisse zu kämpfen! Ab sofort könnte ich Angola auch mit einem normalen 2x4 befahren. Eine Route nur über Teer ist durchaus machbar!

Der Dreck nimmt auch ab! Die müllentsorgende Infrastruktur hat gerade in den letzten zwei Jahren enorme Fortschritte gemacht. In vielen Städten stehen nun Mülltonnen! Viele sogenannte „Slums“ sind tatsächlich vom Müll vor den vielen Haustüren befreit worden. Sehr deutlich kann man dies in Lobito sehen, wo ich bisher immer besonders auf das Müllproblem in Angola hinweisen konnte. Mittlerweile kann ich meinen Gästen zeigen, wie das Müllproblem in einem afrikanischen Land gelöst wird!

Minenfelder kann ich meinen Gästen auf der mir bekannten Route seit einem Jahr nicht mehr zeigen! „Menschen gegen Minen“ (MgM) sind zwar noch aktiv. Die von der Bevölkerung herbeigesehnten und wohlbekannten Camps sind jedoch nicht mehr auf meinen Routen zu sehen. Zuletzt war bei den Calandula Wasserfällen, unweit der Stadt Malanje, noch ein Camp zu sehen. Auch waren altes Kriegsgerät bisher immer kleine Attraktionen auf meinen Rundreisen. Besonders im letzten Jahr wurden viele alte Schrottplätze „entsorgt“, …wahrscheinlich dem Rohstoffkreislauf in China wieder zugeführt.

Ich hoffe, daß ich die hier publizierten negativen „Erfahrungen“ von Lillytrotter etwas relativieren konnte! Insgeheim hoffe ich in egoistischer Weise, daß sich kein pauschaler Tourismus in Angola etablieren wird. Dieses Land ist zu schön, zu friedlich und zu unerschlossen hierfür. Zukünftig müßte man dann auf vollen Campsites übernachten. Wer kann sich noch an die schönen und touristisch jungfräulichen Zeiten in „Südwest“ erinnern, …als es hier noch „Krieg“ gab? Jungfräulich ist hierzulande nur noch das Kaokoveld, …aber auch hier machen sich Wilderness & co. mehr und mehr breit, …man achte nur auf die Gebiete am Hoanib, wo man seit kurzem viele „No Entry“- Schilder vorfindet.

Ich liebe Angola!

Grüße aus Windhuk, Olli

p.s. In einem anderen Forum hatte ich einmal Bilder in einem Beitrag über Angola „gepostet“. Wer sich interessiert, der kann ja einmal hineinschauen:
www.allrad-lkw-gemei...pic.php?f=18&t=47395
Wer aus der Wüste zurückkommt, ist reicher, aber auch einsamer. Denn die Zahl derer, die einen verstehen können, ist kleiner geworden. Zitat nach B. Baumann
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: Bernd, BikeAfrica, La Leona, stiebilli, carl, pes, Lumela, magic-vibes, marimari, picco und weitere 4
24 Aug 2015 20:55 #397108
  • BikeAfrica
  • BikeAfricas Avatar
  • Beiträge: 6775
  • Dank erhalten: 7049
  • BikeAfrica am 24 Aug 2015 20:55
  • BikeAfricas Avatar
Danke für Deine Infos!

Angola ist eines der Länder, die auf meiner "Liste" stehen. Schön, dass ich hier beide Sichtweisen kennenlernen kann.

Gruß
Wolfgang
Mit dem Fahrrad unterwegs in Namibia, Zambia, Zimbabwe, Malawi, Tanzania, Kenya, Uganda, Kamerun, Ghana, Guinea-Bissau, Senegal, Gambia, Sierra Leone, Rwanda, Südafrika, Eswatini (Swaziland), Jordanien, Thailand, Surinam, Französisch-Guyana, Alaska, Canada, Neuseeland, Europa ...
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: K.Roo, lilytrotter
24 Aug 2015 21:17 #397112
  • La Leona
  • La Leonas Avatar
  • Beiträge: 2622
  • Dank erhalten: 2954
  • La Leona am 24 Aug 2015 21:17
  • La Leonas Avatar
Liebe lilytrotter
die beiden Zeitungsartikel 1x zur Steinigung des 60 jährigen Portugiesen der ein Kind überfahren hatte und 1x die Rachesucht mit Anzünden eines Autorennfahrers sind beides Beispiele tragischer Lynchjustizen. Leider gibt es solche auch anderswo, zum Beispiel in Bolivien. Völlig spontan entstehen improvisierte Strassensperren und man wird von Dorfbewohnern angehalten und mit Steinen beworfen auch wenn man gar nichts getan hat, man war nur am falschen Tag am falschen Ort und tappte in irgend einen Minenarbeiterkonflikt oder Cocalero-Konflikt. Ich habe dies sogar selbst erlebt auf der Hauptstrasse kurz vor Potosi. Es hagelt dann plötzlich auf dich nieder und du hast keine Ahnung warum. Schnell reagieren und über Stock und Stein mit einem U-turn flüchten ist das Einzige was man tun kann. Es gibt Erfahrungsberichte von Touristen im Netz, Leute die tagelang hospitalisiert werden mussten. Denn erstaulich ist dass es den Einheimischen nicht primär um Raub ging, sondern um Gewalt und Wut.

Wenn man nun noch zusätzlich in einen Verkehrsunfall verwickelt ist, dann kann es brutal bis zum tragischen Ende des Fahrers führen. Vor vielen Jahren (1980er) wurde ich speziell vor Tunesien- und Keniaeinsätzen von meinem damaligen Arbeitgeber entsprechend gebrieft: Als AutofahrerIn niemals anhalten bei einem Verkehrsunfall, keine Hilfe leisten an Verletzte, sondern Gaspedal durchtreten und weiterfahren!

Ich bin damals zusammengerechnet etwa drei Jahre in Afrika beruflich auf miesen Strassen unfallfrei als junge weisse Frau alleine Auto gefahren. Einer Kollegin hingegen ist genau das passiert wovor man uns gewarnt hatte, und sie hat nie verarbeiten können jemanden angefahren zu haben ohne zu wissen wie es dem Menschen erging danach, ohne Hilfe geleistet zu haben weil sie geflüchtet ist um ihre eigene Haut zu retten vor eventueller Lynchjustiz.

Die ultimate Frage ist ob man sich in Länder wie Angola und Bolivien selbstfahrend getraut oder nicht. Mir jedenfalls hast du die Augen zu Angola sehr geöffnet, Danke! Denn weil das Land ein Traumziel für mich ist, werde ich auch negative Berichte aufmerksam lesen, nicht nur die positiven.

Viele Grüsse
Leona
Gruss Leona
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: lilytrotter
24 Aug 2015 21:55 #397114
  • Mogambo
  • Mogambos Avatar
  • Beiträge: 514
  • Dank erhalten: 446
  • Mogambo am 24 Aug 2015 21:55
  • Mogambos Avatar
Angola steht auch bei mir auf der to-do-Wunschliste, dabei insbesondere - wie Olli anmerkte - bevor es erschlossen und zum Massentouristenziel wird. Bis dahin wird sicherlich noch Zeit vergehen. Allerdings dürften bis es soweit ist, mangelnde verlässliche Informationen das Hauptproblem sein.
Gerade aber deshalb finde ich auch sehr subjektive Berichte durchaus interessant, denn bis Angola Mainstream wird, bleiben nun einmal nur Einzelerfahrungen. Die Kunst wird es sein, daraus ein halbwegs verlässliches Gesamtbild zu stricken....

LG Mogambo
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
Folgende Benutzer bedankten sich: lilytrotter
25 Aug 2015 10:27 #397144
  • lilytrotter
  • lilytrotters Avatar
  • Beiträge: 4061
  • Dank erhalten: 4518
  • lilytrotter am 25 Aug 2015 10:27
  • lilytrotters Avatar
Ei, der Olli!
Du fährst ja mit einem netten alten Magirus! Für wie viele Leute ist denn Platz in deinem Oldtimer?

Schade, dass du dich nicht schon vor 2012 (oder auch in der Zwischenzeit) so informativ zu Angola geäußert hast!
Das wäre für die vielen Selbstfahrer hier, die so viele Fragen zu Angola hatten und noch immer haben, eine tolle Sache gewesen. Dann hätte man sich auch nicht jahrelang diese blöde Frage stellen müssen: Muss man über einen Veranstalter buchen, um diesen angeblich notwendigen „Letter of Invitation“ zu kriegen? Ja oder nein?
Du hättest diesen Punkt ganz einfach beantworten können: „Nein, liebe Selbstfahrergemeinde, jeder kann dort in Angola frei reisen, als Bürger der BRD muss man für ein Touristenvisum keine solche Einladung vorweisen! Ihr beantragt ganz einfach euer Touristenvsum beim Generalkonsulat der Republik Angola in Frankfurt, folgt den dortigen Vorgaben, bereitet euch gut vor, plant eure Reise und fahrt! Seht euch das schöne Land an! Ihr könnt dort frei reisen, die Menschen sind sehr freundlich, es gibt zwar keine touristische Infrastruktur, doch man kann sich überall auch wild hinstellen, palmengesäumte einsame Strände, beste Badezeit im ...“ ... und so weiter.
Das wäre doch gut möglich gewesen, das hättest du uns allen ebenso begeistert schreiben können, wie du es jetzt machst.
Wir wären dann sofort gefahren, denn wir standen schon seit Jahren in den „Startlöchern“.


Im Kern beschreibst du ja kaum anderes als ich, nur sind deine Interpretationen andere.
Und ich wiederhole gern, was ich anfänglich schon schrieb: Wir erlebten Angola als ein sehr interessantes Land und die Bevölkerung in Angola ist sehr freundlich!


Was die Fälle von Lynchjustiz angeht (und das ist durchaus von „Steineschmeißern“, den man sich entziehen kann zu unterscheiden), - da können wir ebenso, wie du keine persönlichen Erlebnisse berichten, allerdings lebt und arbeitet derjenige, der uns das erzählte, seit 6 Jahren in Angola.

Gruß lilytrotter
Gruß lilytrotter


Always look on the bright side of life... :-)
Walvisbay boomt
Letzte Änderung: 25 Aug 2015 10:30 von lilytrotter.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.